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Datenblatt eines Baustoffherstellers: Architekt darf sich hierauf verlassen!

Zu den Aufgaben eines Architekten gehört auch die Auswahl der für die zu planende Maßnahme geeigneten Materialien; auf das Datenblatt eines Baustoffherstellers darf sich der Architekt aber bei der Auswahl grundsätzlich verlassen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In der Leistungsphase 8 begründet die Verletzung u.a. von Überwachungspflichten oft eine Haftung des Architekten.

Der Architekt hat im Rahmen seiner Überwachung zum Einsatz gelangende Baustoffe auf ihre Geeignetheit zu prüfen.
Beispiel
(nach OLG Karlsruhe , Urt. v. 20.09.2021 - 4 U 199/20)
Ein Architekt wird mit den Architektenleistungen Leistungsphasen 1-8 für die Sanierung einer Saunalandschaft eines Bades beauftragt. Aufgrund der ständig erforderlichen Reinigungsarbeiten haben die für die Sanierung zu verwendenden Fliesen Säure- bzw. Chemiebeständigkeit aufzuweisen. Der Architekt schreibt entsprechende Fliesen, die nach dem Datenblatt des Herstellers eine säure- bzw. chemiebeständig sind, aus. Die entsprechenden Fliesen werden verbaut. In der Folgezeit zeigen sich in den nass belasteten Bereichen Mängel u. a. in Form weißlicher Ausblühungen sowohl an Boden - als auch an Wandfliesen. Entgegen des Datenblattes des Herstellers stellt sich eine Ungeeignetheit der verwendeten Fliesen heraus. Der Bauherr nimmt u. a. den Architekten in Haftung. Er argumentiert, der Architekt hätte die Fliesen in einem Labor überprüfen lassen müssen.

Sowohl das Landgericht Freiburg als auch das OLG Karlsruhe weisen die Klage des Bauherrn ab. Richtig sei zwar, dass zu den Aufgaben des Architekten die Auswahl der geeigneten Materialien gehöre. Dieser Aufgabe sei der Architekt aber durch die Auswahl von Fliesen, die ausweislich des Datenblattes des Herstellers säurebeständig seien und damit den Reinigungsanforderungen für die Nassbereiche einer Sauna entsprächen, nachgekommen. Demgegenüber sei der Architekt nicht dazu verpflichtet gewesen, die Fliesen in einem Labor auf das Vorhandensein der vom Hersteller zugesicherten Angaben überprüfen zu lassen. Eine solche Pflicht würde in der Konsequenz bedeuten, dass ein Architekt so gut wie alle bei einem Bauvorhaben verwendeten Baustoffe durch ein Labor überprüfen lassen müsse. Damit wäre aber ein Aufwand verbunden, der die Durchführung von Bauvorhaben praktisch unmöglich machen würde.


Hinweis
Sicherlich hat ein Architekt vor Ort zu überprüfen, ob die von ihm ausgeschriebenen Materialien auch vor Ort geliefert und eingebaut werden (z.B. ob das ausgeschriebene Dämmmaterial, Baustoffklasse A1 – schwer entflammbar – auch eingebaut wird: vgl. Kammergericht, Urteil vom 06.01.2005). Die Prüfung hat wohl im Rahmen des Zumutbaren stattzufinden (das richtige bzw. falsche Dämmmaterial hätte anhand des Prüfzeichens oder zugehöriger Prüfzeugnisse ohne Weiteres identifiziert werden können; angeliefertes Holz muss u. U. auf Baufeuchte mit einem entsprechend geeigneten Messgerät überprüft werden: OLG Koblenz, Urteil vom 15.06.2018). Richtigerweise kann es aber entsprechend des oben besprochenen Urteils nicht Aufgabe des Architekten sein, sämtliche Materialien in Laboren überprüfen zu lassen


Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck