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Damoklesschwert: Sekundärhaftung wegen unterlassener Aufklärung über eigene Fehler.

Die Haftung des Architekten für den unterlassenen Hinweis auf eigene Fehler trifft ihn nach Ansicht des OLG Hamm in jeder Leistungsphase. Auf die Übernahme der Bauüberwachung oder Objektbetreuung kommt es nicht an (nun allerdings anders BGH Urt. v. 23.07.2009).
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Der Architekt ist in seiner Funktion als Sachwalter des Bauherrn diesem gegenüber zur umfassenden Beratung und Aufklärung während des gesamten Vertragsverhältnisses verpflichtet.

Die Aufklärungspflicht umfaßt auch eigene Fehler.
Beispiel
(nach OLG Hamm , Urt. v. 06.12.2005 - 21 U 66/05)
Der Architekt ist mit Leistungen der Leistungsphasen 1-8 des § 15 HOAI beauftragt. Ihm unterläuft ein Fehler bei der Planung der Entwässerung des Daches. Der Architekt erkennt den Fehler im Rahmen der Bauüberwachung, korrigiert ihn allerdings nicht. Nach Ablauf der Gewährleistung stellt sich der Fehler als Ursache für aufgetretene Feuchtigkeitserscheinungen heraus. Der in Anspruch genommene Architekt beruft sich auf Verjährung. Die erste Instanz gibt ihm recht. Die Sekundärhaftung greife schon nicht, weil der Architekt die Leistungsphase 9 nicht übernommen habe und im Zeitpunkt des Erscheinens der Mängel die Leistungen des Architekten bereits abgeschlossen seien.

Dem folgt das OLG nicht. Der Architekt haftet. Für die Sekundärhaftung des Architekten kommt es auf den Zeitpunkt der Pflichtverletzung – auf den eigenen Fehler nicht hinzuweisen - an und nicht auf den Schadeneintritt. Für diese Pflichtverletzung –auf den eigenen Fehler nicht hinzuweisen – kommt es nicht darauf an, ob die Objektüberwachung oder Objektbetreuung übernommen wurde. Wird ein Architekt lediglich mit der Planung beauftragt, trifft ihn genauso viel die Pflicht, auf eigene Fehler hinzuweisen, die ihm beispielsweise bei der Überarbeitung von Details der Ausführungsplanung auffallen. Das Erkennen insbesondere eigener Planungsfehler liegt bei der Objektüberwachung nach der Lebenserfahrung nur eher auf der Hand als die Wahrscheinlichkeit, den eigenen Planungsfehler im Rahmen der Planung zu erkennen, zumal dann eine Korrektur noch eher möglich ist und weniger folgenschwer ist.
Hinweis
Es gilt bei Planungs- und Überwachungsleistungen für Bauwerke bei der Sekundärhaftung (Pflichtverletzung – auf den eigenen Fehler nicht hinzuweisen) die Regelverjährung von drei Jahren mit der gesetzlich vorgesehenen subjektiven Komponente, u.a. Kenntnis der anspruchsbegründenden Umständen (§ 199 BGB) und der Maßgabe, dass die Verjährung nicht vor Ablauf der werkvertraglichen Verjährungsfrist von fünf Jahren eintritt (§ 634 a Absatz 3 Satz 2 BGB)

Der Architekt wird sich auch überlegen müssen, sich bestenfalls umgehend mit seiner Versicherung abzustimmen. Aufklärung über eigene Fehler darf nicht mit Anerkenntnis einer Verantwortung verwechselt werden. Der Architekt mag dabei auch berücksichtigen, dass seine Versicherung möglicherweise wegen Ausschluss der Nachhaftung oder anderen Einwänden nicht mehr eintritt, wenn sich die Thematik erst bei Auftreten von Schäden realisiert. Nicht auszuschließen ist, dass sich eine Versicherung dann sogar auf bewusst pflichtwidriges Verhalten des Architekten beruft und Versicherungsschutz versagt.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck