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Bulgarisches Ingenieurbüro mit Sitz in Deutschland erbringt Leistungen für ein Bauvorhaben in Deutschland: HOAI 1996 anwendbar?

Auf einen grenzüberschreitenden Architekten- und Ingenieurvertrag ist die Mindestsatzregelung der HOAI 1996 anwendbar, wenn die vereinbarte Architekten- oder Ingenieurleistung für ein im Inland gelegenes Bauwerk erbracht werden soll.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Die Honorarberechnung richtet sich nach den Vorschriften der HOAI, wenn diese im Hinblick auf die erbrachten Leistungen anwendbar ist.

Hierbei ist zu unterscheiden zwischen dem sachlichen, dem persönlichen und dem  örtlichen Anwendungsbreich der HOAI.
Beispiel
(nach OLG Stuttgart , Urt. v. 21.09.2010 - 10 U 50/10 (nicht rechtskräftig))
Ein Generalplaner aus Deutschland beauftragt ein Ingenieurbüro, welches in der Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach bulgarischem Recht in Bulgarien gegründet wurde und in Deutschland eine Niederlassung unterhält. Der Auftrag des Generalplaners betrifft ein deutsches Bauvorhaben. Die Parteien vereinbaren ein mindestsatzunterschreitendes Pauschalhonorar. Nach Erbringung der Leistung fordert das bulgarische Ingenieurbüro Vergütung nach den Mindestsätzen der HOAI 1996. Nach Ansicht des Generalplaners kann sich das bulgarische Ingenieurbüro nicht auf die HOAI 1996 berufen, da die HOAI 1996nicht anwendbar sei.
 
Das OLG Stuttgart sieht dies anders. Auf die Leistungen des bulgarischen Ingenieurbüro sei die HOAI 1996 anwendbar. Bei Bauvorhaben im Inland gelte das Preisrecht der HOAI, weil § 4 HOAI 1996 eine zwingende öffentlich rechtliche Regelung im Sinne des Artikel 34 EGBGB darstelle. Auf einen grenzüberschreitenden Architekten- und Ingenieurvertrag sei die Mindestsatzregelung anwendbar, wenn die vereinbarte Architekten- oder Ingenieurleistung für ein im Inland gelegenes Bauwerk erbracht werden solle (BGH, Baurecht 2003, 748). Für die Geltung der HOAI 1996 spiele es keine Rolle, ob der ausländische Ingenieur sein Büro im Inland oder im Ausland habe. Die HOAI 1996 gelte bei Inlandsbauten sogar dann, wenn sonst ausländisches Recht anwendbar sei. Eine Abbedingung sei nicht möglich.
Hinweis
Der Fall wäre nach neuer HOAI 2009 möglicherweise anders zu entscheiden, zumindest wenn das Ingenieurbüro – so wie im Prozess vorgetragen – die wesentlichen Leistungen aus dem Büro in Bulgarien erbrachte. Auf Grund der neuen Regelung in § 1 HOAI 2009 gilt die HOAI auch bei Inlandsbauvorhaben nur auch dann, wenn der Planer seine Leistungen von einem Inlandsitz her erbringt.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck