https://www.baunetz.de/recht/Bewertung_nicht_erbrachter_Leistungen_auf_der_Grundlage_der_sog._Steinfortschen_Tabelle_moeglich._44378.html


Bewertung nicht erbrachter Leistungen auf der Grundlage der sog. Steinfortschen Tabelle möglich.

Die Steinfort-Tabelle oder ähnliche Berechnungsvorschläge beruhen in der Regel auf dem Durchschnitt der Erfahrungswerte von sachverständigen Praktikern, so dass sie sich als Orientierungshilfe auch für die Bewertung nicht erbrachter Leistungen eignen.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Für eine erfolgreiche Durchsetzung muß der Anspruch u.a. fällig sein.

Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages sind im Hinblick auf die Fälligkeit einige Besonderheiten zu berücksichtigen.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 16.12.2004 - VII ZR 174/03)
Nachdem sich ein Bauvorhaben verzögert und der Bauherr nicht mehr am Vertrag mit seinem Architekten festhalten will, kommt es zur Kündigung des Vertrages. Der Architekt rechnet seine erbrachten Leistungen und die nicht erbrachten Leistungen unter im wesentlichen den Abzug ersparter Aufwendungen ab.

Der BGH, der den Fall zur Entscheidung an die Vorinstanz zurückverweist, führt zu der Frage, wie das Architektenhonorar zu berechnen ist, wenn der Architekt im Zeitpunkt der Kündigung einzelne Grundleistungen einer Leistungsphase gar nicht oder einzelne Grundleistungen nur teilweise erbracht hat, aus, dass dies in der HOAI nicht geregelt sei. Die HOAI bestimmt als kleinste benannte Berechnungseinheit den Vom-Hundert-Satz einer Leistungsphase. Es sei nicht erforderlich, wenn auch naheliegend, die Abrechnung in diesen Fällen nach der "Steinfort-Tabelle" oder ähnlichen Berechnungswerken vorzunehmen. Die Steinfort-Tabelle oder ähnliche Berechnungsvorschläge (s.u. Weiteres) beruhen in der Regel auf dem Durchschnitt der Erfahrungswerte von sachverständigen Praktikern, so dass sie sich als Orientierungshilfe auch für die Bewertung nicht erbrachter Leistungen eignen. Allerdings kann eine Abrechnung im Einzelfall auch auf hiervon abweichenden Berechnungsmaßstäben beruhen, wobei es dann maßgeblich auf die im Einzelfall geschuldeten, aber nicht erbrachten Leistungen ankommt.
Hinweis
Neben dem Kündigungsfall kann die Ansicht des BGH genauso viel Auswirkungen auf aus anderen Gründen nicht erbrachte oder nicht zu erbringende Leistungen haben.
Nach dem Grundsatzurteil des BGH vom 24.06.2004 – VII ZR 259/02- entfällt der Honoraranspruch des Architekten ganz oder teilweise, wenn dem Bauherren entsprechende Gewährleistungsansprüche nach dem BGB gegen den Architekten zustehen. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens hat der Bauherr regelmäßig kein Interesse mehr an nicht erbrachten Leistungen wie z.B. einer Kostenschätzung, einer Kostenberechnung und an einem Kostenanschlag, so dass er ohne vorherige Mangelbeseitigungsaufforderung direkt Minderung des Honorars verlangen kann. Die Minderung des Honorars könnte sich ebenfalls an der Steinfort-Tabelle oder ähnlichen Berechnungsvorschlägen orientieren.
Das selbe gilt letztlich für die Bestimmung des Honorars im Rahmen der Vertragsverhandlungen, wenn die Parteien sich einig sind, dass nicht alle Grundleistungen der HOAI erbracht werden sollen.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck