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Bestandsschutz verbietet keine nachträglichen Anordnungen bei Gefahr für Leben oder Gesundheit

Zum Schutz der Bewohner einer Dachgeschosswohnung, die über keinen ersten Rettungsweg verfügt, darf unter anderen der Einbau einer Rauchabzugsanlage im Treppenraum sowie einer Bodendichtung an der Wohnungseingangstür gefordert werden.


Beispiel
(nach LG Mainz, nachfolgend OVG Rheinland-Pfalz , - 8 B 11142/19)
Ein Eigentümer wehrt sich gegen den Bescheid der Bauaufsichtsbehörde, mit welchem ihm auferlegt wird, in seinem Treppenhaus einer Rauchabzugsanlage einzubauen sowie eine Bodendichtung an der Wohnungseingangstür im Dachgeschoss. Das Landgericht Mainz sowie das OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss v. 18.10.2019 - 8 B 11142/19) bestätigen die behördliche Anordnung. Selbst für den Fall, dass das gegenständliche Gebäude Bestandsschutz genießen sollte, wäre die nachträgliche Anordnung zur Ertüchtigung des Brandschutzes im Treppenraum des Wohngebäudes rechtmäßig.

Neben der bauaufsichtlichen Generalklausel sei ein bauaufsichtliches Einschreiten auch ungeachtet eines bestehenden Bestandsbestandsschutzes eines Gebäudes  unter der engeren Voraussetzung, dass Gefahr für Leben und Gesundheit in einem konkreten Fall vorliege,  zulässig. Dabei habe die Bauaufsichtsbehörde das Gefährdungspotenzial im jeweiligen Einzelfall durch fachliche Begutachtung eines Bausachverständigen, gegebenenfalls auch unter Beteiligung der Feuerwehr zu ermitteln und zu bewerten. Nicht erforderlich sei, dass die hohe Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt in absehbarer Zeit bestehe. Vielmehr genüge die fachkundige Feststellung, dass nach den örtlichen Gegebenheiten der Eintritt eines erheblichen Schadens nicht ganz unwahrscheinlich sei.

Vorstehende Voraussetzungen lägen hier vor. An der obersten Stelle im Treppenraum fehle die Möglichkeit einer Rauchableitung, sodass der Treppenraum nur bis zur obersten vorhandenen Fensteröffnung entraucht werden könne. Entsprechend sei eine Entrauchung des Treppenraums im gegenständlichen Gebäude ohne eine Rauchabzugsöffnung allenfalls über die Dachgeschosswohnung möglich. Hinzukomme, dass durch die Dachschräge im Zugang zu dieser Wohnung die Gefahr bestehe, dass sich giftige Gase im Bereich des Dachgeschosses sammelten und bei Fehlen einer rauchdichten Brandschutztür in die Wohnung eindringen könnten.


Hinweis
Besteht für das gegenständliche Gebäude kein Bestandsschutz – wie übrigens auch im vorliegenden Fall – so kann die Behörde auch über die Generalklausel vorgehen.


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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck