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Beschränkte Finanzierungsmöglichkeit = Kostenobergrenze konkludent vereinbart?

Eine konkludente Vereinbarung einer Kostenobergrenze kann in Betracht kommen, wenn dem Architekten die begrenzen Finanzierungsmöglichkeiten des Bauherrn bekannt sind.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Ein Sonderbereich der Architektenhaftung stellt die Haftung für Bausummenüberschreitungen dar.

Haben die Vertragsparteien eine verbindliche Kostenobergrenze vertraglich vereinbart, so entfallen i.d.R. die dem Planer sonst gewährten Toleranzrahmen.
Beispiel
(nach OLG Schleswig , Urt. v. 22.11.2012 - 1 U 812; BHG Beschluss vom 12.03.2015 – VII ZR 333/12 - nzb zurückgewiesen)
Ein Bauherr beabsichtigt die Sanierung und Erweiterung eines alten Pflegeheimes. Ein Architekt erbringt für dieses Vorhaben akquisitorische Vorplanungsleistungen. Des Weiteren erstellt er eine Kostenschätzung, die Gesamtkosten einschließlich Nebenkosten in Höhe von 2,5 Mio. € ausweist. Der Bauherr beauftragt den Architekten. Dabei ist dem Architekten bekannt, dass die Finanzierungsmöglichkeiten des Bauherrn auf eben 2,5 Mio.€  begrenzt sind. Als deutlich wird, dass die Vorplanung des Architekten nicht zu den 2,5 Mio. € zu verwirklichen ist, schlägt der Architekt verschiedene Minderungen des Bauprogramms vor, unter anderem Minderung der Zahl der Doppelzimmer, Wegfall des Wintergartens und Wegfall einer Wasserdesinfektionsanlage. Der Bauherr ist mit diesen Reduzierungen nicht einverstanden. Daraufhin verlangt der Architekt restliches Honorar, der Bauherr Rückzahlung bereits geleisteter Abschläge.

In beiden Instanzen erhält der Bauherr recht. Das OLG Schleswig nimmt eine konkludente Vereinbarung einer Kostenobergrenze an. Hier seien dem Architekten die begrenzten Finanzierungsmöglichkeiten des Bauherrn bekannt gewesen. Er habe diesen Umstand zudem seiner Tätigkeit zugrunde gelegt, als er bei der sich einstellenden Kostenüberschreitung begann, das Bauprogramm zu reduzieren. Ein Toleranzrahmen sei dem Architekten in Folge der vereinbarten Kostenobergrenze nicht zuzubilligen. Schließlich seien die verschiedenen Vorschläge des Architekten, zur Einhaltung der Baukostenobergrenze das Bauprogramm zu reduzieren, dem Bauherrn nicht zuzumuten gewesen. Es sei vorliegend nicht nur von einer Kostenobergrenze, sondern auch von der Vereinbarung eines bestimmten Bau-Solls auszugehen. Das Bau-Soll habe sich aus der akquisitorisch erbrachten Vorplanung ergeben.

Hinweis
Der Architekt hat hier einen wirklich groben Fehler begangen. Der Fehler war voraussichtlich bereits mit seiner Unterschrift unter dem mit dem Bauherrn abgeschlossenen Vertrag besiegelt. Denn – wie das OLG später wohl richtigerweise auslegt – der Architekt versprach mit diesem Vertrag, das sich aus der Vorplanung ergebende Bau-Soll zu nicht mehr als 2,5 Mio. € umzusetzen. Ein Sachverständiger bestätigte später, dass dies von vorneherein nicht möglich war.

Wenn also Architekten bereits generell bei der Vereinbarung von Baukostenobergrenzen zur Vorsicht geraten werden muss, so ist dies erst recht anzunehmen für die Vereinbarung einer Kostenobergrenze für ein ebenfalls bestimmtes Bau-Soll. In der Regel sollte der Architekt hier den Bauherrn darauf hinweisen, dass er - der Architekt - nicht das Risiko übernehmen könne, ein bestimmtes Bauprogramm zu festen Kosten zu versprechen, der Bauherr müsse sich entscheiden, ob ihm die Einhaltung des Bauprogramms oder der Kostenobergrenze wichtiger sei, beides zusammen ginge nicht. Die Entscheidung des Bauherrn ist dann im Vertrag festzuhalten.


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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck