https://www.baunetz.de/recht/Bei_Stufenvertraegen_gilt_regelmaessig_die_zum_Zeitpunkt_des_Abrufes_der_jeweiligen_Stufe_geltende_HOAI._4223331.html


Bei Stufenverträgen gilt regelmäßig die zum Zeitpunkt des Abrufes der jeweiligen Stufe geltende HOAI.

Wird der Architekt nur stufenweise beauftragt mit der Maßgabe, dass er verpflichtet ist, nach Abruf weitere vertraglich fixierte Leistungen zu erbringen, gilt insbesondere für die Frage einer möglichen Mindestsatzunterschreitung die zum Zeitpunkt des Abrufes geltende HOAI.

Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Berühren Aufträge den Zeitpunkt des Wechsels einer Fassung der HOAI zu der darauf folgenden, so ist die Anwendbarkeit der neuen Fassung von der der alten abzugrenzen.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 18.12.2014 - VII ZR 350/13)
Ein Bauherr beauftragt den Architekten Mitte 2009 mit Architektenleistungen. Nach dem Vertrag sollen zunächst die Leistungsphasen 1 bis 4 sofort ausgeführt werden. Der Architekt verpflichtet sich, auch Leistungen der Phasen 5 bis 8 zu übernehmen, sofern der Bauherr diese bei ihm abruft. Ein Rechtsanspruch auf Übertragung dieser Leistung wurde im Vertrag ausgeschlossen.

Die Leistungsphasen 5 bis 8 werden erst nach dem 18.08.2009 vom Bauherrn angefordert und vom Architekten erbracht. Es entsteht Streit darüber, ob für die nach dem 18.08.2009 abgerufenen und erbrachten Leistungen die alte HOAI zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (HOAI 1996) oder die HOAI 2009 zum Zeitpunkt des Abrufes anzuwenden ist. Der Architekt setzt sich mit seiner Ansicht, dass die zum Zeitpunkt des Abrufes geltende HOAI Anwendung finde, durch. Auch wenn die Parteien bereits bei Vertragsabschluss die konkreten weiteren Leistungen und auch das dafür zu zahlende Honorar für die noch abzurufenden Leistungen vereinbart haben, kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an, sondern darauf, wann der Vertrag über die weiteren Leistungen letztendlich geschlossen worden sei. Der Vertrag sei so auszulegen, dass hinsichtlich der weiteren noch abzurufenden Leistungen ein den Architekten gewisse Zeit bindendes Angebot vorliege, das durch den Abruf später angenommen werden könne. Erst durch diese Annahme würde der Vertrag über die weiteren Leistungen zustande kommen.

Hinweis
Der Bundesgerichtshof folgt der Entscheidung der Vorinstanzen (LG Koblenz, Urteilvom 28.02.2013 -4 O 103/12). Der Entscheidung stehe auch nicht das Urteil des BGH vom 27.11.2008 entgegen, da es bei dem Urteil nur um die Frage der Bedeutung "bei Auftragserteilung" gehe (BGH, Urteil vom27.11.2008, VII ZR 211/07). Mit der Entscheidung ist allerdings grundsätzlich auch nur geklärt, dass für die Frage der Mindestsatzunterschreitung die zum Zeitpunkt des Abrufes geltende HOAI den Maßstab bildet.

Sofern sich die Parteien am Leistungsbild der alten HOAI orientiert haben und dieses Leistungsbild sich im Rahmen der neuen HOAI (vgl. insbesondere Änderungen in der HOAI 2013, Tipps & mehr: "Ab wann giltdie HOAI 2013?") geändert hat, wäre es Aufgabe des Architekten darzustellen, dass auch nach der neuen HOAI die Vergütung der "nach der alten HOAI" zu erbringenden Leistungen bei entsprechender Bewertung eine Mindestsatzunterschreitung bedeuten würde.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck