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Bauzeitverlängerung kann zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen

Eine Bauzeitverlängerung kann zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage des Architektenvertrages führen, woraus sich ein Anspruch des Architekten auf Honoraranpassung ergeben kann
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ein nach wie vor umstrittenes Thema ist die Berechtigung des Architekten, für Mehrleistungen Honorar zu verlangen.

Als Mehrleistung kommen auch Bauzeitverlängerungen in Betracht.
Beispiel
(nach OLG Köln , - Urteil vom 15.01.2021 – 19 U 15/20; BGH, Beschluss vom 04.05.2022 – VII ZR 87/21 NZB zurückgewiesen)
Ein Architekt wird für ein umfangreicheres Bauvorhaben mit der Lph. 8 beauftragt. In der Präambel des Vertrages wurde als Vertragsziel u. a. die Einhaltung der Projekttermine, insbesondere Übergabetermin am 06.02.2015 bis 19.02.2015 genannt. In § 7.2 des Vertrages wurde geregelt, eine „terminliche Verlängerung der Projektlaufzeit über einen Zeitraum von 3 Monaten“ sei „mit der vereinbarten Vergütung abgegolten“. Eine Regelung über eine Mehrvergütung des Architekten für eine Bauzeitverlängerung von mehr als 3 Monaten ist in dem Vertrag nicht enthalten.

Es kommt zu einer erheblichen, die 3 Monate überschreitenden Verlängerung der Bauzeit. Der Architekt legt eine Gegenüberstellung der ursprünglich für das Vorhaben kalkulierten Stunden mit den tatsächlich erbrachten Stunden vor. Hieraus ergibt sich, dass der Architekt schon in der Vertragslaufzeit zzgl. 3 Monate erheblich mehr Stunden aufgewandt hatte, als kalkuliert. Ab Ablauf der Vertragslaufzeit zzgl. 3 Monate wurden weitere Stunden eines Subplaners aufgewandt, die der Subplaner gegenüber dem Architekten mit einem Stundensatz von Euro 75,- netto abgerechnet hat. Für diesen Zeitraum ergibt sich ein Mehrvergütungsanspruch in Höhe von rund Euro 110.000,-.

Das Oberlandesgericht Köln gibt der Mehrvergütungsklage des Architekten für den Zeitraum nach Ablauf der Vertragslaufzeit +3 Monate statt. Eine Bauzeitverlängerung könne zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage des Architektenvertrages führen, woraus sich ein Anspruch auf eine Vergütungsanpassung ergeben könne. Zwar hätten die Parteien hier in der Präambel und in § 7.3 des Vertrages nur die Bauzeit geregelt, ohne Konsequenzen zugunsten des Architekten vorzusehen. Allerdings könne der Klausel zu den 3 Monaten Überschreitung, die vom Honorar umfasst sein sollten, durchaus entnommen werden, dass für die Zeit danach Zusatzhonorar in Betracht kommen soll. Dies sei eine hinreichende Grundlage, die vereinbarte Bauzeit vorliegend als Geschäftsgrundlage zu bewerten. Dem Architekten stehe hiernach ein Anspruch im Umfang des tatsächlichen Aufwandes zu, der durch die Rechnungen und Stundenaufstellungen des Subplaners nachgewiesen sei. Insoweit bestünden auch keine Bedenken gegen die Angemessenheit des Stundensatzes in Höhe von Euro 75,- netto.
Hinweis
Der Architekt hatte eine Rechnung des Subplaners i.H.v. Euro 30.000,- noch nicht bezahlt. Einen Zahlungsanspruch urteilte das Oberlandesgericht deshalb nur in Höhe von rund Euro 80.000,- aus; in Höhe der übrigen Euro 30.000,-, die der Architekt noch nicht gezahlt hatte, bestätigte das Gericht den hilfsweise durch den Architekten gestellten Freistellungsantrag.


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