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Bausummenüberschreitung: Wie ermittelt sich der Toleranzrahmen?

Bei seinen Kostenermittlungen ist dem Architekten nach allgemeiner Rechtsprechung in der Regel ein Toleranzrahmen für Unvorhersehbarkeiten zu gewähren. Ergibt sich eine Bausummenüberschreitung teilweise aus einer Bauzeitverzögerung, für die der Bauherr selber verantwortlich ist, ist die entsprechende Kostenerhöhung nach Ansicht des OLG Hamm nicht mit in den Toleranzrahmen einzurechnen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Ein Sonderbereich der Architektenhaftung stellt die Haftung für Bausummenüberschreitungen dar.

Noch nicht jede Überschreitung der Bausumme führt zu einer Haftung, i.d.R. ist dem Architekten ein Toleranzrahmen zu gewähren.


Beispiel
(nach OLG Hamm , Urt. v. 29.03.1990 - 21 U 139/89)
In einer "Kostenberechnung" ermittelt ein mit Architektenleistungen beauftragter Architekt für das Bauwerk unter Zugrundelegung des umbauten Raumes rund DM 303.000,00. Später kostet das Bauvorhaben insgesamt rund DM 363.000,00. Dies ergibt eine Kostenerhöhung von fast 20 %. Nach Sachverständigenansicht sind aber bereits etwa 5 % allein darauf zurückzuführen, dass das Bauvorhaben nicht wie ursprünglich geplant bereits 1986 sondern erst 1987 ausgeführt wurde; diese Verzögerung beruhte auf Schwierigkeiten bei der Finanzierungsbewilligung für den Bauherrn, mit welcher der Architekt nichts zu tun hatte.
 
Das OLG Hamm weist Ansprüche der Bauherrn gegenüber dem Architekten aus Bausummenüberschreitung zurück. Für seine "Kostenberechnung" könne der Architekt einen Toleranzrahmen in Anspruch nehmen. Dabei sei zunächst eine Kostenerhöhung, die aufgrund einer Bauzeitverzögerung entstanden sei, für welche der Architekt nicht verantwortlich war, herauszurechnen. Soweit die tatsächlichen Kosten nach Korrektur die prognostizierten um etwa 15 % übersteigen, stelle dies im Hinblick auf die "Kostenberechnung" keine Pflichtverletzung dar. Das Gericht macht zusätzlich darauf aufmerksam, dass vorliegend die "Kostenberechnung" keine Kostenberechnung im eigentlichen Sinne gewesen sei, sondern eigentlich nur eine Kostenschätzung; auf die ersichtlich nur grob nach umbauten Raum ermittelten Kosten hätten sich die Bauherren nicht verlassen dürfen.

Hinweis
Die Grundüberlegung des OLG Hamms, vom Bauherrn selbst verschuldete Kostenmehrungen dürften den Toleranzrahmen des Architekten nicht schmälern, erscheint jedenfalls richtig. Fraglich ist, ob man diese Überlegung auch auf durch Dritte verschuldete Kostenerhöhungen (z. B. Bauunternehmen) ausdehnen könnte. Dies muss wohl jedenfalls mit einem leichten Fragezeichen versehen werden. Letztlich wird es wohl darauf ankommen, ob eine entsprechende Kostenerhöhung für den Planer wirklich nicht vorhersehbar war.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck