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Bauherr muss sich Fehler seines Genehmigungsplaners bei einer Inanspruchnahme des Ausführungsplans anrechnen lassen


Bei der Inanspruchnahme eines Architekten, der mit Planungsleistungen erst ab Leistungsphase 5 beauftragt war und der Fehler der ihm zur Verfügung gestellten, durch einen anderen Architekten erarbeiteten Genehmigungsplanung in die eigene Planung übernommen hat, muss sich der Bauherr das Verschulden des Genehmigungs-Planers als eigenes Mitverschulden anrechnen lassen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Sind neben dem Architekten noch weitere Beteiligte für einen Schaden verantwortlich, so bestimmt sich die Haftung eines jeden nach seinen ihn im Verhältnis zu den anderen treffenden Pflichten.

Zur Abgrenzung der Pflichten von Architekt und Architekt.
Beispiel
(nach OLG Hamm , - Urteil vom 28.01.2021 – 21 U 54/19)
Ein Bauherr beendet die Zusammenarbeit mit seinem Architekten, nachdem dieser die Genehmigungsplanung und Teile der Leistungsphase 5 erbracht hat. Er beauftragt einen weiteren Architekten mit der Fertigstellung der Ausführungsplanung (zu 12,5 Prozentpunkten Honorar) und den weiteren Leistungsphasen. Später stellt sich heraus, dass infolge von Planungsfehlern das Gebäude nicht vollständig behindertengerecht und barrierefrei ist; diese Fehler sind bereits in der Genehmigungsplanung des Erst-Architekten enthalten, unter anderem zu kleine Bewegungsflächen vor den Wohnungseingangstüren und in den mehr als 15 m langen Laubengängen sowie notwendige niveaugleiche und schwellenlose Ausführung der Fenstertüren zu den Balkonflächen. Gegenüber seiner Inanspruchnahme durch den Bauherrn wendet der Zweit-Architekt ein, der Bauherr müsse sich das Verschulden des Erst-Architekten als eigenes gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.

Das OLG Hamm befürwortet eine entsprechende Zurechnung des Mitverschuldens und kürzt entsprechend den Anspruch des Bauherrn gegenüber seinem Zweit-Architekten. Dem Bauherrn oblag es insoweit gegenüber seinem Zweit-Architekten, die für die Erbringung dessen vertraglich übernommener Leistungen benötigte Planung mangelfrei zur Verfügung zu stellen (vgl. zur Anrechnung eines Verschuldens eines planenden Architekten gegenüber dem Objektüberwacher BGH, Urteil vom 27.11.2008; vgl. zur Anrechnung eines Verschuldens eines Architekten gegenüber einem Freianlagenplaner BGH, Urteil vom 14.07.2016).
Hinweis
Im Hinblick auf die Mitverschuldensquote differenziert das Gericht: Hinsichtlich der zu kleinen Bewegungsflächen sei das dem Bauherrn zuzurechnende Mitverschulden als erheblich und dem Verursachungsbeitrag des Zweit-Architekten gleichgewichtig anzusehen: weil durch die zum Gegenstand der Baugenehmigung gewordene Planung die Kubatur des Gebäudes festgelegt war, hätte eine Fehlerkorrektur im Rahmen der Ausführungsplanung zwingend flächenmäßige Einbußen in anderen Bereichen erfordert. Die Mitverschuldensquote sei entsprechend mit 50 % der Mängelbeseitigungskosten anzusetzen.

Im Hinblick auf die nichtniveaugleiche Ausführung der Schwellen im Bereich der Fenstertüren sei von einem Mitverschulden in Höhe von 33,3 % auszugehen: Zwar seien diese Planungsfehler auch schon in der Genehmigungsplanung angelegt (die Genehmigungsplanung beinhaltete insoweit eine Höhendifferenz zwischen den Balkonflächen und den Fußböden), jedoch wäre eine Korrektur dieser Details mit der Ausführungsplanung technisch ohne weiteres möglich gewesen, sodass bezüglich dieses Mangels das Verschulden des Zweit-Architekten als überwiegend anzusehen sei.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck