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Bauherr beauftragt Unternehmer entgegen Empfehlung des Architekten: Mitverschulden des Bauherrn?

Allein der Umstand, dass der Bauherr einen anderen als den vom Architekten vorgeschlagenen Bauunternehmer beauftragt, begründet für sich genommen noch kein Mitverschulden des Bauherrn für etwaige Mängel; anderes kann gelten, wenn der Architekt konkrete Bedenken geäußert hat.
Hintergrund

Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Eine Haftung des Architekten kann aufgrund besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein.

Eine Einschränkung oder ein Ausschluß der Haftung kann sich ergeben, wenn der Bauherr auf eigene Gefahr handelt.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 11.03.1999 - VII ZR 465/97 –, BauR 1999, 680)
Ein Architekt war mit Leistungsphasen 5-8 u.a. für den Umbau eines Dachgeschosses eines Geschäftshauses beauftragt worden. Für den Umbau waren zunächst Abbrucharbeiten vorzunehmen. Der Architekt hatte für die Abbrucharbeiten u.a. Abdeckungsmaßnahmen für eine Fachfirma ausgeschrieben. Der Bauherr beauftragte jedoch lediglich eine Abbruchfirma. Einige Positionen des Leistungsverzeichnisses des Architekten beauftragte er überhaupt nicht. Die von der Abbruchfirma vorgesehene Abdeckung bot einen geringeren Schutz als die vom Architekten ausgeschriebene. Später drang Regenwasser in das Geschäftshaus ein, weil das Gebäude nach Abbruch des Daches nicht ausreichend mit Folien abgedeckt worden war. Der Bauherr macht rd. DM 370.000,00 als Schadensersatz geltend.

Das OLG Stuttgart hatte die Ansprüche des Bauherrn grundsätzlich als gegeben angesehen, dem Bauherrn jedoch ein Mitverschulden i.H.v. 50 % angerechnet. Der Kläger habe eigenmächtig, vermutlich aus Kostengründen, die im Leistungsverzeichnis vorgesehene Abdeckungsmaßnahme nicht an die vom Architekten vorgeschlagene Fachfirma vergeben. Der BGH hob das Urteil des OLG Stuttgart auf. Er befand, dass alleine der Umstand, dass der Bauherr eine andere als die vom Architekten vorgeschlagene Firma beauftrage, für sich alleine genommen noch kein Mitverschulden des Bauherrn für etwaige Mängel begründe. Äußere allerdings der Architekt gegen einen Unternehmer Bedenken, den der Bauherr zu beauftragen zu beabsichtige, beispielsweise hinsichtlich dessen Fachkunde oder Zuverlässigkeit, und beauftrage der Bauherr das Unternehmen gleichwohl, dann komme ein Mitverschulden des Auftraggebers in Betracht. Für diese Voraussetzungen fehle es jedoch an hinreichende Feststellungen. Erteile der Bauherr an einen Unternehmer einen Auftrag, der von den Planungen des Architekten abweiche, so müsse der Architekt, wenn ihm der Auftrag bekannt sei, grundsätzlich seinen Bauherrn auf die Risiken der Planabweichung hinweisen. Auch hierzu fehle es an Feststellungen.
Hinweis
In dem Rechtsstreit war zusätzlich unklar gewesen, ob und inwieweit dem Architekten zusätzlich (zum Planungsverschulden) ein Überwachungsverschulden anzulasten sei. Das OLG Stuttgart hatte diese Frage noch offengelassen. Der BGH entschied, dass die Frage eines etwaigen zusätzlichen Überwachungsverschulden des Architekten nicht habe offen bleiben dürfen. Ein unterstelltes Überwachungsverschulden des Architekten müsse bei der Gewichtung der gegenseitigen Verantwortungs- und Verschuldungsbeiträge von Architekt und Bauherrn zu Gunsten des Bauherrn mitberücksichtigt werden.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck