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Bau auch in Kenntnis der Bausummenüberschreitung fortgeführt: Keine Haftung wegen Baukostenüberschreitung

Eine Haftung des Architekten wegen Baukostenüberschreitung scheidet aus, wenn der Bauherr auch bei rechtzeitiger Kenntnis der späteren Bausummenüberschreitung keine Maßnahme getroffen hätte und der Bau genauso fortgeführt worden wäre, wie dies tatsächlich geschehen ist.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Ein Sonderbereich der Architektenhaftung stellt die Haftung für Bausummenüberschreitungen dar.

Steht eine Haftung des Architekten wegen Bausummenüberschreitung dem Grunde nach fest, so bereitet die Feststellung des Schadens oft Probleme.
Beispiel
(nach OLG Frankfurt, Beschluss v.03.08.2015 – 4 U 3/15; BGH, Beschluss v.24.08.2016 – VII ZR 208/15 NZB zurückgewiesen – ähnlich OLG Schleswig, Beschluss v.15.01.2021 – 1 U 66/20; BGH, Beschluss v.14.12.2022 – VII ZR 118/21 NZB zurückgewiesen , )
Ein Architekt veranschlagt für die Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes € 862.000,00. Nach Durchführung sind nach Angabe der Bauherren Kosten in Höhe von rund € 1,15 Mio. entstanden. Die Bauherren nehmen den Architekten in Haftung mit der Behauptung, sie hätten in Kenntnis der tatsächlich entstandenen höheren Kosten von dem Bauvorhaben abgesehen.

Das OLG Frankfurt weist in seinem Beschluss vom 08.06.2015 darauf hin, dass  Ansprüche gegenüber dem Architekten nicht gegeben sind. Der Bauherr und Anspruchsteller sei für sämtliche Voraussetzungen seines Schadensersatzanspruches wegen Baukostenüberschreitung darlegungs- und beweispflichtig. Dazu gehöre auch die Kausalität zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung und dem entstandenen Schaden. Die Kausalität sei zu verneinen, wenn der Bauherr auch bei rechtzeitiger Kenntnis der späteren Bausummenüberschreitung keine Maßnahme getroffen hätte und der Bau genauso fortgeführt worden wäre, wie dies tatsächlich geschehen ist. Auf die Vermutung eines beratungsgerechten Verhaltens könne sich der Bauherr insoweit nicht stützen. Vielmehr trage er die Beweislast, dass er bei richtiger und rechtzeitiger Aufklärung nicht oder billiger gebaut hätte.

Das Gericht stellt nun weiter darauf ab, dass nachweisbar den Bauherren noch vor Erwerb des gegenständlichen Grundstückes bereits eine Finanzierungslücke von € 150.000,00 bekannt war und ein entsprechendes zusätzliches Darlehen aufgenommen wurde. Folglich seien den Bauherrn vor Erwerb des Grundstückes und Beginn der Bauarbeiten bereits ca. 50 % der nunmehr behaupteten Mehrkosten bereits bekannt gewesen. Die Bauherren hätten entsprechend nicht nachvollziehbar dargelegt und Beweis dafür angeboten, warum sie in Kenntnis einer Kostensteigerung von € 150.000,00 zur Realisierung des Bauvorhabens entschlossen hätten, dies bei Kenntnis der weiteren Kostensteigerungen von nochmals € 150.000,00 aber nicht getan hätten.

Hinweis
Die vom Gericht gestellte Frage war zu Recht aufgeworfen worden und musste von den Bauherren und Anspruchstellern beantwortet werden. Das heißt aber nicht etwa, dass hier nicht tatsächlich eine Antwort, die schlüssig und nachvollziehbar gewesen wäre, unmöglich war. Vielleicht lag ja beispielsweise ein Wertgutachten vor, welches besagt, dass zwar noch die ersten € 150.000,00 Nachfinanzierung gerechtfertigt seien, die weiteren € 150.000,00 aber hinaus geschmissenes Geld. Warum seitens der Bauherren in diesem Prozess trotz Hinweis des Gerichtes kein weiterer Vortrag zu dieser Frage erfolgte, ist nicht bekannt. So jedenfalls mussten sie den Prozess verlieren.


Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck