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BIM versus HOAI?

Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze.
Beispiel
(nach LG Paderborn , Urt. v. 06.07.2017 - 3 O 418/16)
Ein Architekt wird für ein Vorhaben mit Architektenleistungen beauftragt. Nach Auftraggeberangaben ist der Architekt ausschließlich beauftragt, Massen auf der Grundlage einer vom Auftraggeber übergebenen Planung (für ein offenbar typenähnliches Gebäude) hinsichtlich der Gebäudekonstruktion zu ermitteln und die erstellte Massenberechnung sodann in ein BIM-Modell einzuarbeiten. Der Planer behauptet hingegen, er sei  mit den vollständigen Leistungsphasen 3 und 6 beauftragt worden; die Berechnung der Massen sei nur sinnvoll möglich, wenn eine Entwurfsplanung gefertigt werde. Der Planer macht, nachdem ursprünglich zwischen den Parteien ein Honorar in Höhe von rund Euro 4.000,00 netto vereinbart worden und durch den Auftraggeber auch gezahlt worden war, nunmehr die ihm nach seiner Ansicht zustehende Mindestsatzforderung in Höhe von rund Euro 150.000,00 geltend.
 
Das Landgericht Paderborn weist die Klage vollständig ab. Der Architekt habe den behaupteten Auftragsumfang nicht nachweisen können. Werde im Rahmen der Erbringung von Architektenleistungen ein virtuelles Gebäudemodell nach der BIM-Methode erstellt und dadurch bereits in einer sehr frühen Phase eine umfangreichere Werkleistung erbracht, als vom Bauherrn beauftragt, so könne hierfür angefallene Kosten nicht unter Berechnung der Mindestsätze der HOAI vergütet verlangt werden.
Hinweis
Die Erbringung von Architektenleistungen nicht mehr alleine mit zweidimensionalen Plänen oder zweidimensional darstellenden Programmen, sondern mit drei(und mehr-)dimensional darstellenden Programmen, insbesondere BIM, hat nunmehr auch in Deutschland Fuß gefasst; von einer zukünftigen Verbreitung dürfte auszugehen sein. Soweit erkennbar, handelt es sich bei dem besprochenen Urteil um eines der ersten, die sich mit Fragen rund um das dreidimensionale Planen beschäftigen.

Im Hinblick auf BIM wurde zunächst diskutiert, ob auf BIM-Leistungen überhaupt die HOAI anwendbar sei; die wohl herrschende Ansicht hat sich – nach diesseitiger Ansicht richtig – ohne weiteres für die Anwendbarkeit der HOAI ausgesprochen; denn die Nutzung eines Programms zur dreidimensionalen Darstellung stellt ein Werkzeug, eine Methode der Erbringung der Architektenleistungen dar und die HOAI ist methodenneutral. Danach ist es zumindestens nicht ausgeschlossen, dass für Leistungen, die mit der BIM-Methode erbracht wurden, soweit es Grundleistungen nach HOAI sind, auch der Mindestsatz verlangt wird.

Wohl nur eine Notlösung stellt auch die Qualifizierung der drei- und mehrdimensionalen Planungsmethode als besondere Leistung gemäß HOAI 2013, Anlage 10.1 (rechte Spalte, Leistungsphase 2) dar. Hier sollte möglicherweise nur zum Ausdruck gebracht werden, dass die Parteien für einen etwaigen Mehraufwand, den die Nutzung des dreidimensionalen Planens mit sich brächte, eine zusätzliche Vergütung  vereinbaren könnten.
 
Bis heute nicht eindeutig festgestellt werden kann allerdings, ob die Planung mit BIM überhaupt einen Mehraufwand, oder nicht am Ende sogar einen Minderaufwand begründet. Möglicherweise kann es zur Verschiebung von Leistungen aus späteren Leistungsphasen in frühere gekommen, dass dies in jedem Fall zwingend so sein müsste, ist aber auch offenbar noch nicht festgestellt (vgl. ausführlich Eschenbruch/Leupertz/Löschner in „BIM und Recht", Kap. 7).
 
Die Begründung des LG Paderborn in vorstehendem Urteil dürfte mindestens wackelig sein. Richtig ist natürlich, dass der Planer nur vergütet erhalten kann, was auch beauftragt wurde. Was beauftragt wurde ist gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln. Wenn und soweit hier der Auftraggeber eine Bearbeitung mit der BIM-Methode wünschte, wäre entsprechend auszulegen, was der Planer aufgrund eines entsprechenden Auftrages als Inhalt des Auftrages verstehen dürfte; bei dieser Auslegung könnte auch eine Rolle spielen, ob und inwieweit die Bearbeitung mit der BIM-Methode bestimmte Leistungen, die gegebenenfalls auch Grundleistungen sein könnten, voraussetzt. Wäre es so, dass die Erreichung des auftraggaberseitig vorgegebenen Leistungsziels mit der vorgegebenen BIM-Methode das Erfordernis der Erbringung bestimmter Grundleistungen bedingt und dies beiden Parteien auch klar war, so wären solche Leistungen nach Ansicht des Verfassers natürlich von dem Auftrag umfasst, auch wenn das Leistungsziel bei herkömmlicher Bearbeitung auch ohne diese bestimmten Grundleistungen hätte erreicht werden können.
 
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es wird voraussichtlich eine Entscheidung des zuständigen Oberlandesgerichts abzuwarten bleiben.
 

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