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Automatische Einbeziehung der VOB/B, wenn Auftraggeber von einem Architekten beraten wird?

Allein der Umstand, dass der unerfahrene Bauherr durch einen Architekten beraten wird, führt nicht zwangsläufig dazu, dass durch den Hinweis im Vertrag des Bauunternehmers auf die Regelungen der VOB/B eine wirksame Vereinbarung der VOB/B getroffen ist.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 6 und 7 schuldet der Architekt eine ordnungsgemäße Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe.

Nach der Einholung und Prüfung von (mehreren) Angeboten ist insbesondere die Vorbereitung der Vertragsbedingungen haftungsträchtig.

Beispiel
(nach OLG Brandenburg , Urt. v. 06.03.2008 - 12 U 45/06)
Ein Architekt wird von dem in Bauangelegenheiten unerfahrenen Bauherrn hinzugezogen und u. a. auch mit Leistungen aus den Leistungsphasen 6 und 7 des § 15 HOAI beauftragt. Ein Bauunternehmer legt dem Bauherrn einen Bauvertrag vor, in dem auf die Regelungen der VOB/B verwiesen wird. Die VOB/B wird nicht in Textform übergeben. Bauherr und Bauunternehmer geraten in Streit. Der Bauunternehmer beruft sich auf die Regelungen der VOB/B. Der Bauherr meint, dass diese Regelungen ihm unbekannt seien und sie nicht wirksam vereinbart worden seien.
 
Mit dieser Ansicht setzt sich der Bauherr durch. Zwar war der Bauherr durch einen Architekten beraten, dieser hat allerdings tatsächlich beim Abschluss des Vertrages mit dem Bauunternehmer nicht mitgewirkt gehabt und den Bauherrn nicht in Fragen der Vertragsgestaltung unterstützt gehabt. Der Architekt hatte tatsächlich beim Bauunternehmen nur wegen der Bauleistungen angefragt und ihn zur Abgabe eines Angebotes an den Bauherrn veranlasst. Das Gericht ließ dies nicht ausreichen, um dem Bauherrn das dem Architekten als Baufachmann unterstellte Wissen über die Regelungen der VOB/B zuzurechnen. Die Vorlage und die Übergabe des gesamten Textes der VOB/B ist bei bauunerfahrenen Parteien grundsätzlich erforderlich. Diese Einbeziehungsvoraussetzung soll nach der Rechtssprechung dann entbehrlich sein, wenn für den Bauherrn ein "Baufachmann" beim Vertragsabschluss mitwirkt. Architekten gelten als Baufachmann in dem Sinne, unabhängig davon, ob der mitwirkende Architekt tatsächlich Kenntnis vom Inhalt der VOB/B hat. 
 

Hinweis
Die Frage der Einbeziehung der VOB/B basiert auf den Regeln zu allgemeinen Geschäftsbedingungen, §§ 305 ff. BGB. Die VOB/B stellt allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Das BGB nimmt in den Regeln der § 308 Nr. 5 und § 309 Nr. 8 b) ff) ausdrücklich auf "Teil B der Verdingungsordnung für Bauleistungen" Bezug. Umstritten ist in dem Zusammenhang, ob die VOB/B noch insgesamt geschützt ist. Jüngst hat der BGH entschieden, dass bei Verträgen mit Verbrauchern die VOB/B nicht mehr insgesamt geschützt ist. Das bedeutet für Architekten und Ingenieure, dass sie ein gesteigertes Beratungsaufkommen gegenüber ihren (Laien-)Auftraggebern trifft. Die Grenzen dieser Beratung sind nicht abschließend geklärt (OLG Brandenburg, Urteil vom 27.04.2005, 4 U 64/02 ).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck