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Ausschluss des Versicherungsschutzes wegen bewusster Pflichtwidrigkeit wegen Verstoß gegen sog. elementares Grundwissen?

Versicherungsschutz besteht im Rahmen der Berufshaftpflicht des Architekten grundsätzlich nicht bei bewusst pflichtwidrigen Verhalten des Architekten. Den Nachweis für diesen Ausschluss hat grundsätzlich der Versicherer zu erbringen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungsverträge (AHB; BBR/Arch) sind Fälle bestimmt, in denen ein Versicherungsschutz ausgeschlossen ist.
Beispiel
(nach OLG Karlsruhe , Urt. v. 15.12.2005 - 12 U 150/05)
Der Architekt hat bei der Planung einer Reihe von Wohnhäusern für einen Bauträger sämtlichst die örtlichen Grundwasserstände nicht erfragt. Die Vorgaben der DIN 18195 hat er im Ergebnis nicht berücksichtigt. Der Versicherer meint, dass der Architekt im Sinne der Versicherungsbedingungen bewusst gegen eine Vorschrift verstoßen habe und lehnt die Regulierung des entstandenen Feuchtigkeitsschadens ein. Nach den übereinstimmenden Vorträgen der Parteien handelt es sich bei der Erkundung der Grundwasserstände um eine grundlegend erforderliche Leistung des Architekten im Rahmen der Planung der Abdichtung des Bauvorhabens. Die DIN 18195 stelle eine grundlegende Vorschrift, die jedem Architekten geläufig sei, dar.
Das OLG gibt dem Versicherer gleichwohl im entschiedenen Fall kein Recht. Grundsätzlich hat der Versicherer anhand objektiver Tatsachen darzulegen und zu beweisen, dass der Architekt wissentlich gegen eine Vorschrift verstoßen habe. Die Darlegungslast des Versicherers ist aber eingeschränkt, wenn es sich um einen Verstoß gegen elementares Grundwissen, grundsätzliche Berufspflichten handelt. Dann ist der Versicherungsnehmer, der Architekt, gehalten, plausibel und nachvollziehbar darzulegen, wie die Verletzung einer solchen Pflicht unwissentlich erfolgen konnte. Der Versicherer müsste dann erst den gegenteiligen Sachverhalt darlegen und beweisen. Dem Architekten war es in dem Sinne gelungen, glaubwürdig darzustellen, aus welchen für das Gericht glaubhaften und plausiblen Gründen er seine Pflicht schlicht vergessen hatte.
Hinweis
Gut gegangen – ein Einzelfall! Die Erklärung des Architekten blieb offenbar unwidersprochen, so dass das Oberlandesgericht ihr „besser“ folgen konnte. Der Architekt hatte vorgetragen, sich schon Jahre vor dem Auftrag mit der Planung beschäftigt zu haben. Die Realisierung des Projektes kam erst später zustande. Zwischenzeitlich war ein Gutachten wegen Kontaminierung erstellt worden, das sich auf niedrige Grundwasserstände bezog. Mit dem intensiven Befassen mit der Altlastenthematik sei das Erfragen der Grundwasserstände schlicht vergessen worden.
Die DIN- Vorschriften sollen Vorschriften im Sinne der Ausschlussklausel der bewussten Pflichtwidrigkeit sein. Das ist nicht unproblematisch. Versicherer bieten beim Bauen im Bestand zusätzlichen Versicherungsschutz für die Fälle an, dass der Bestand schon nicht (mehr) DIN-konform ist und die Sanierung dies auch nicht sein kann. Wesentliches Merkmal wird der Bekanntheitsgrad der Vorschrift sein und ob sie den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Höchst problematisch ist in dem Zusammenhang der Fall des bewussten Abweichens von einer DIN, die anerkannte Regel der Technik ist, in der Meinung gleichwohl nach anerkannten Regeln der Technik oder noch besser zu planen. Ebenfalls können leise Zweifel daran aufkommen, dass nach dem Wortlaut der Versicherungsbedingung der Ausschluss auch zum Nachteil des Versicherungsnehmers greifen soll, wenn sein mitversicherter Mitarbeiter sich bewusst pflichtwidrig verhält. Sonst nämlich gilt die sog. Repräsentantenrechtsprechung. Das Verhalten seiner Repräsentanten wird dem Versicherungsnehmer danach zugerechnet. Der Mitarbeiter, der allein eine Detailplanung zeichnet oder die Bauleitung ausübt, ist grundsätzlich nicht schon Repräsentant.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck