https://www.baunetz.de/recht/Ausfuehrungsplanung_einer_Stehfalzfassade_muss_deren_Be-_und_Entlueftung_enthalten_7770621.html


Ausführungsplanung einer Stehfalzfassade muss deren Be- und Entlüftung enthalten


Wichtige Details der Ausführung erfordern eine entsprechende Detailplanung, wie z. B. die Hinterlüftung von Fassadenelementen. Insbesondere bei einem Zusammenspiel verschiedener Leistungsbereiche muss detailgenau geklärt werden, wie z.B. Materialübergänge und -anschlüsse zu lösen sind und in welchem Verantwortungsbereich welche Detailbereich liegt.



Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 1 - 5 führen Planungsfehler zu einer Haftung des Architekten.

Im Rahmen der Lph 5 ist zur Vermeidung einer Haftung vor allem auf eine vollständige Ausführungsplanung zu achten.
Beispiel
(nach OLG Hamm Urteil vom 28.01.2021 , - 21 U 68/14)
Ein Bauträger hat eine Architektin mit Architektenleistungen Leistungsphasen 1 - 5 für zwei Doppelhaushälften beauftragt. Nach der Herstellung und der Veräußerung der Doppelhaushälfte machen die Erwerber Mängel und Schadensersatz gegen den Bauträger geltend. Der Bauträger rechnet  einen an die Erwerber gezahlten Schadensersatz wegen fehlender Be- und Entlüftungsöffnungen an einer Stehfalzfassade gegenüber einem Resthonoraranspruch der Architektin auf. Die Architektin argumentiert, nicht für jedes Regeldetail, das im Rahmen einer handwerklichen Fachausbildung erlernt werde, müssten besondere zusätzliche Detailpläne vom Planer erstellt werden. Dieser Auffassung ist auch ein vom Gericht bestellter Gutachter.

Ungeachtet dessen bejaht das OLG Hamm hier einen Schadensersatzanspruch gegen die Architektin wegen unzureichender Ausführungsplanung. Hinsichtlich der an eine Ausführungsplanung zu stellende Anforderung gelte Folgendes:

Im Rahmen der Leistungsphase 5 sei der Architekt verpflichtet, die Ausführungsdetails umfassend zeichnerisch darzustellen. Das werde im Regelfall bedeuten, dass für alle Gewerke Ausführungspläne erstellt werden müssen. Wichtige Details der Ausführung erforderten eine entsprechende Detailplanung, wie z.B. die Hinterlüftung von Fassadenelementen. Gegebenenfalls müsse eine Ausführungsplanung bis ins kleinste Detail, notfalls bis zum Maßstab 1 zu 1 gehen. Insbesondere bei einem Zusammenspiel von verschiedenen Leistungsbereichen müsse detailgenau geklärt werden, wie z.B. Materialübergänge und -anschlüsse zu lösen seien und in welchem Verantwortungsbereich welcher Detailbereich liege.

Andererseits müssten handwerkliche Selbstverständlichkeiten, insbesondere auch technische Regeln, die zum handwerklichen Grundwissen gehören, in der Ausführungsplanung nicht ausführlich beschrieben werden. Eine verbindliche Angabe, was zu handwerklichen Selbstverständlichkeiten gehöre, sei aber nicht möglich. Welche Anforderungen erfüllt werden müssen, ergebe sich aus der Baumaßnahme selbst. Misslinge die Ausführung, sei dies ein Indiz dafür, dass eine entsprechende Ausarbeitung erforderlich gewesen wäre.

Schwierig sei die Grenzziehung zur Überwachungstätigkeit. Manche Einzelheiten könnten in zuverlässiger Weise erst im Rahmen der Überwachung an Ort und Stelle angegeben werden und bedürften nicht der Einzeldarstellung im Rahmen der Ausführungsplanung. Dabei kann es sich aber nur um solche Leistungen handeln, die von weniger großer Bedeutung sind.

Unter Bezugnahme auf einen weiteren Sachverständigen entscheidet das OLG für den vorliegenden Fall: Die Fläche der Stehfalzfassade habe nicht geplant werden müssen, der Bereich der Anschlüsse der Stehfalzfassade an umliegende Bauteile hingegen wohl. Die Planung der Architektin sei unzureichend, weil es unter anderem einer Planung der Be- und Entlüftung der Stehfalzfassade bedurft hätte. Richtig sei, dass es zum handwerklichen Grundwissen gehöre, dass dererlei Fassaden hinterlüftet werden müssen. Damit sei aber noch nicht Ausreichendes darüber gesagt, wie die Ausführung der Be- und Entlüftung konkret zu erfolgen habe. Es wären hier unterschiedliche Arten der Ausführung in Betracht gekommen. In einem solchen Fall müsse der Planer die gewünschte Art der Ausführung vorgeben.

Im vorliegenden Fall sei aus technischer Sicht weiter zu berücksichtigen, dass die Stehfalzfassade auf einer Fensterbank aufstehe. Werde die Öffnung für die Be- und Entlüftung am Fußpunkt der Stehfalzfassade angebracht, müsse schon aufgrund Schlagregens mit Wassereintritt in den Bereich hinter der Stehfalzfassade gerechnet werden. Wassereintritt in die Dämmung und das dahinterliegende Mauerwerk müsse natürlich vermieden werden, insofern bedürfe es einer Abdichtung. Das heißt, hier griffen mehrere Gewerke ineinander. Die Details müssten aufeinander abgestimmt werden, hierzu bedürfe es einer entsprechenden Planung.

Hinweis
Das Gericht setzt sich intensiv mit der Frage der Intensität der Ausführungsplanung auseinander. Es versucht Bereiche erforderlicher Ausführungsdetails und nicht erforderlicher Ausführungsdetails gegeneinander abzugrenzen. Unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in dem vorliegenden Fall erscheint die sachverständigenseits unterstützte Argumentation des Gerichtes nachvollziehbar, dass hier eine Ausführungsplanung erforderlich gewesen wäre.



Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck