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Aus bis zum 31.12.2020 abgeschlossenen Planerverträgen können Mindestsatzklagen erhoben werden

Die Mindestsätze der Vorgängerfassungen zur HOAI 2021 sind zwischen Privaten verbindlich; entsprechend können aus bis zum 31.12.2021 geschlossenen Planerverträgen Mindestsatzklagen erhoben werden.


Hintergrund
Bereits seit vielen Jahren war darüber diskutiert worden, ob die in der HOAI verankerten Mindestsätze europakonform seien oder nicht. Schließlich gab es ein vor dem Europäischen Gerichtshof anhängiges Verfahren, bei welchem der Generalanwalt die Ansicht vertrat, dass die Mindestsätze gegen Europarecht verstoßen (vergl. Kippt die HOAI?)  Mit Urteil vom 04.07.2019 entschied dann der EuGH, dass die Mindest- und Höchstsätze der HOAI (§ 7 Abs. 1 HOAI 2013) unionsrechtswidrig seien.

Im Anschluss an das Urteil war klar, dass der Gesetzgeber den Auftrag für eine entsprechende Korrektur erhalten hatte; diesen Auftrag setzte er mit der HOAI 2021 zum 01.01.2021 um (vgl. HOAI 2021: Zeit der Unverbindlichkeit beginnt). Gleichzeitig war allerdings unklar, was für den Zeitraum vor dem Urteil des EuGH und für den Zeitraum zwischen dem Urteil und der Gesetzesnovelle zum 01.01.2021 gelten würde. Manche Gerichte stellten sich auf den Standpunkt, dass Mindestklagen scheitern müssten (vgl. beispielhaft OLG Celle, Urteil vom 17.07.2019). Andere Gerichte hielten Mindestsatzklage trotz des EuGH-Urteils für nicht ausgeschlossen (beispielhaft OLG Hamm, Urteil vom 23.07.2019).
Hinweis
Die Frage ist nunmehr weitgehend umfassend geklärt.

Auf ein entsprechendes Vorlageverfahren durch den BGH entschied der EuGH unter Datum vom 18.01.2021, dass das Unionsrecht den Mindestsatzklagen nach alter HOAI nicht entgegenstehe (Urteil vom 18.01.2021). In Umsetzung dieses EuGH-Urteils stellte der BGH in zwei Entscheidungen, Urteil vom 02.06.2022 (VII ZR 229/19) sowie vom 03.11.2022 (VII ZR 724/21) klar, dass die Mindestsätze der alten HOAI-Fassungen jedenfalls zwischen Privaten verbindlich seien, entsprechende Mindestsatzklagen aus bis zum 31.12.2020 abgeschlossenen Verträgen also grundsätzlich nicht durch das Unionsrecht ausgeschlossen.

Obwohl noch nicht ausdrücklich entschieden, gilt Gleiches nach wohl mehrheitlich in der Literatur geäußerten Ansichten auch für bis zum 31.12.2020 geschlossene Verträge mit öffentlichen Auftraggebern (bestätigt durch BGH, Beschluss vom 14.02.2024 - VII ZR 221/22).


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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck