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Auftraggeber wehrt sich gegen Mindestsatzhonoraranspruch: Beauftragung eines niederländischen Architektenbüros als taugliches Argument?

Unter der Geltung der HOAI 1996 (2002) kann sich ein Auftraggeber zur Abwehr einer Mindestsatzforderung eines Architekten nicht darauf berufen, er hätte in Kenntnis der Mindestsatzunterschreitung ein niederländisches Architektenbüro beauftragt; denn die Mindestsatzbindung der HOAI galt zur Zeit der HOAI 1996 (2002) auch für eine Beauftragung eines Architekten mit Sitz im Ausland.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze; in Einzelfällen kann allerdings auch eine Bindung des Architekten an eine unwirksame mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung in Betracht kommen.
Beispiel
(nach OLG Köln , Urt. v. 29.12.2016 - 16 U 49/12)
Ein Auftraggeber beauftragt einen Architekten mit Leistungen der Leistungsphasen 1 - 9 für die Sanierung einer Schule. Später verlangt der Architekt unter Berufung auf die Mindestsätze ein erheblich über dem vereinbarten Honorar liegende Vergütung. Der Auftraggeber argumentiert, der Architekt sei nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 22.05.1997) an die mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung gebunden. Ihm sei nach Treu und Glauben die Zahlung des Differenzbetrages (zwischen Honorarvereinbarung und Mindestsatz) nicht zumutbar. Bei Kenntnis der Mindestsatzunterschreitung hätte er ein niederländisches Architektenbüro beauftragt.
 
Das OLG Köln folgt dieser Argumentation nicht. Nach der bei Beauftragung der Leistung (2004) geltenden Rechtslage war die Geltung der HOAI nicht auf Architekten mit Sitz im Inland beschränkt. Die zwingende Mindestsatzbindung galt vielmehr auch bei Beauftragung eines Architekten mit Sitz im Ausland, wenn die vertragliche Architektenleistung – wie hier – für ein im Inland gelegenes Bauwerk erbracht werden sollte. Der Auftraggeber habe auch auf Hinweis des Senates kein Angebot eines niederländischen Architekten vorgelegt, so dass dem Senat die Prüfung verwehrt sei, ob mit diesem ein unter den Mindestsätzen liegendes Honorar hätte vereinbart werden können.
Hinweis
Der Verweis auf die alternative Beauftragung eines niederländischen Architektenbüros ist immerhin ein originelles Argument. Der Auftraggeber will damit darlegen, dass er sich berechtigterweise auf die mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung hätte verlassen und darauf einrichten dürfen; die nunmehr vom Architekten eingeklagten Mehrkosten (Differenz Mindestsatz zur Honorarvereinbarung) seien tatsächlich auch vermeidbar gewesen, nämlich eben durch die Beauftragung eines Architektenbüros aus den Niederlanden, welches – so die allerdings falsche Überlegung der des Auftraggebers – nicht an die Mindestsätze der HOAI gebunden sei.
 
Die vorstehende Argumentation ist insbesondere deshalb interessant, weil seit der Novelle 2009 sich die Rechtslage geändert hat: Unter der Geltung der HOAI 2009 und auch 2013 können für inländische Bauvorhaben tatsächlich ausländische Architekten beauftragt werden, die dann nicht an die Mindestsätze der HOAI gebunden sind (Sonderthema: „Was bringt die neue HOAI 2009?“ – dort unter II., erster Spiegelstrich).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck