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Aufklärungspflicht zu den Kosten des BV entfällt nicht durch Aufforderung: Weitermachen!

Nennt der Bauherr ein Budget, widerspricht der Architekt diesen Budgetvorstellungen und fordert der Bauherr daraufhin den Architekten zum Weitermachen auf, so entfällt die Pflicht des Architekten, eines neuen finanziellen Rahmen für das Bauprojekt zu erfragen, nach Ansicht des OLG Celle nicht.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Ein Sonderbereich der Architektenhaftung stellt die Haftung für Bausummenüberschreitungen dar.

Voraussetzung einer Haftung wegen Bausummenüberschreitung ist zunächst eine Pflichtverletzung des Architekten.
Beispiel
(nach OLG Celle , - Urteil vom 26.01.2022 - 14 U 116/21 -)
Ein Bauherr beabsichtigt, ein vorhandenes Gebäude aufzustocken. In einem gemeinsamen Gespräch mit dem Architekten nennt der Bauherr sein Budget von 1,5 Mio. € für das Projekt. Der Architekt teilt mit, dass die Aufstockung mit 1,5 Mio. € nicht umzusetzen sei. Gleichwohl bedeutet der Bauer dem Architekten, weiter zu planen. Nach Erstellung der Entwurfsplanung legt der Architekt eine Kostenermittlung vor, die Kosten von 3,2 Mio. € ausweist. Daraufhin stoppt der Bauherr das Bauvorhaben. Gegenüber dem Honoraranspruch des Architekten wehrt sich der Bauherr mit dem Argument, dass er dessen Planung nicht verwerten könne.
 
Das Oberlandesgericht Celle spricht dem Architekten Honorar für die Leistungsphasen 1 und 2, nicht aber für die Leistungsphase 3 zu. Ein Architekt habe im Rahmen der von ihm übernommenen vertraglichen Verpflichtungen grundsätzlich die wirtschaftlichen Belange des Auftraggebers zu ermitteln ebenso wie die Kosten des Bauvorhabens. Dabei muss er nicht nur etwaig genau vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten. Vielmehr ist er auch verpflichtet, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen. Solche Kostenvorstellungen muss er grundsätzlich im Rahmen der Grundlagenermittlung erfragen (BGH , Urt. v. 21.03.2013). Insbesondere bei einem privaten Auftraggeber, dessen wirtschaftliche Verhältnisse nicht offenliegen und der die ihm aufgrund seiner Bauvorstellungen entstehenden Kosten regelmäßig schlecht einschätzen kann, ist eine gründliche Aufklärung notwendig.
 
Zwar sei hier nicht von der Vereinbarung einer festen Kostenobergrenze als „Beschaffenheit“ auszugehen. Denn selbst wenn eine solche Beschaffenheitsvereinbarung bereits dann anzunehmen sei, wenn der Bauherr einseitig Kostenvorstellungen äußere und der Architekt diese widerspruchslos zur Kenntnis nehme, so liege hier ein solches widerspruchsloses zur Kenntnis nehmen nicht vor; den Kostenvorstellungen des Bauherrn mit 1,5 Mio. € für das angedachte Projekt habe der Architekt widersprochen. Allerdings habe es der Architekt versäumt, den wirtschaftlichen Rahmen des Beklagten im Anschluss an den Widerspruch zu klären, was dazu geführt habe, dass der Bauherr die Entwurfsplanung aus finanziellen Gründen nicht verwerten könne.

Allerdings entfalle das Honorar für die Leistungsphasen 1 und 2 nicht. Denn ein Architekt könne überhaupt nur dann feststellen, ob eine Baukostengrenze eingehalten werden könne, wenn er zunächst eine Grundlagenermittlung und eine Vorplanung erbringen.
Hinweis
Ob ein Architekt wirklich verpflichtet ist, "erneut" beim Bauherrn dessen Budget abzufragen, wenn dieser bereits ein Budget genannt hatte, welchem der Architekt widersprochen hatte, ist vielleicht doch in Zweifel zu ziehen. Das heißt andersrum aber nicht, dass das Thema Kosten abschließend abgearbeitet ist, wenn der Bauherr im Rahmen der Grundlagenermittlung/Vorplanung ein Budget äußert und der Architekt diesem Budget widerspricht. Denn natürlich muss der Architekt, wenn er vom Bauherrn ein Budget von 1,5 Mio. € genannt erhält, und überzeugt ist, dass dieses nicht ausreicht, dem Bauherrn Mitteilung darüber machen, welches ungefähre Budget aus Sicht des Architekten anzusetzen wäre.

Hieran hat es im vorliegenden Fall offenbar gefehlt (der Architekt hatte allerdings behauptet, er hätte dem Bauherrn ein Budget von 3,2 Mio. € genannt, konnte aber diese Behauptung nicht beweisen). Ungeachtet dessen hätte der Architekt natürlich auch in Leistungsphase 2 eine Kostenschätzung erstellen und mit dem Bauherrn besprechen sollen. Das gilt hier natürlich umso mehr, als dem Architekten offenbar von vornherein klar war, dass das Budget des Bauherrn um mehr als 100 % überschritten wird.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck