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Arglist eines die Bauaufsicht selbst durchführenden Architekten

Führt ein Architekt die Bauaufsicht selbst durch, lässt das Übersehen gravierender oder augenfälliger Mängel zwar auf Fehler bei der Bauaufsicht schließen, nicht aber darauf, dass sich der Architekt arglistig der Wahrnehmung verschlossen hätte; dies gilt jedenfalls dann, wenn der Architekt die Bauaufsicht überhaupt wahrgenommen hat.


Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Haftungsansprüche gegen den Architekten verjähren.

Dauer, Beginn, Hemmungen und Unterbrechungen der Verjährung ist nach altem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht anders geregelt als nach neuem Recht.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 13.02.2007 - 21 U 109/06 BGH Beschluss vom 19.06.2008 – VII ZR 36/07 (NZB zurückgewiesen))
Der Untergrund für ein Bauvorhaben war nach der Planung mit Kies zu füllen. Tatsächlich wurde der Untergrund durch das Bauunternehmen mit einer Schlacke mit quellfähigem Material verfüllt. Das Schlackematerial unterschied sich deutlich von dem vereinbarten kiessandigen Füllboden. Mehr als zehn Jahre später macht der Bauherr gegenüber dem Architekten Schadensersatzansprüche geltend. Der Architekt wendet Verjährung ein.

Das LG verurteilt den Architekten. Eine Verjährung sei nicht anzunehmen. Es liege eine Arglist bzw. ein Organisationsverschulden des Architekten vor. Ein Unternehmer oder Architekt könne sich seiner vertraglichen Offenbarungspflicht bei Ablieferung des fertigen Werkes nicht dadurch entziehen, dass er sich bewusst unwissend halte oder sich keiner Gehilfen bei der Pflicht bediene, Mängel zu offenbaren. Dabei könne die Art des Mangels ein so überzeugendes Indiz für eine fehlende oder nicht richtige Organisation sein, dass es einer weiteren Darlegung hierzu nicht bedürfe. Hier habe es aufgrund der besonderen Wichtigkeit des Gewerkes – Verfüllarbeiten – einer intensiven Überwachung bedurft.

Das OLG hebt das Urteil auf. Richtig sei zwar, dass ein gravierender Mangel an einem besonders wichtigem Gewerk oder ein besonders augenfälliger Mangel an einem weniger wichtigen Bauteil den – widerlegbaren – Schluss auf eine mangelnde Organisation von Überwachungen und Überprüfungen zulassen und damit ein Indiz dafür sein könne, dass ein Unternehmer oder Architekt sich bewusst unwissend gehalten hat. Die vorgenannten Grundsätze zum Organisationsverschulden würden teilweise auch als anwendbar erachtet, wenn der Architekt ohne arbeitsteilige Organisation die Bauaufsicht selber wahrnehme. In diesem Fall könne – wie beim Organisationsverschulden – ein arglistiges Handeln bzw. Verschweigen darin liegen, dass er sich bewusst unwissend halte. Ein Übersehen gravierender oder augenfälliger Mängel lasse aber - wenn der Architekt die Überwachung selber vorgenommen habe - nicht ohne weiteres darauf schließen, dass der Architekt sich arglistig der Wahrnehmung verschlossen habe; dies gelte jedenfalls dann, wenn der Architekt die Bauaufsicht überhaupt wahrgenommen hat.
Hinweis
Die Anforderungen an die Darlegung der Arglist eines Architekten im Rahmen der Bauüberwachung werden nicht völlig einheitlich beurteilt (vgl. KG Berlin, Urteil vom 08.12.2005 ). Einigkeit scheint aber jedenfalls insoweit zu bestehen, als dass eine Arglist dann anzunehmen wäre, wenn die Bauaufsicht durch den Architekten (ggf. auch betreffend bestimmter Bauteile) sozusagen überhaupt nicht durchgeführt wurde.

Beachte: der BGH hat mit Urt. v. 27.11.2008 entschieden, dass ein Organisationsverschulden auf einen allein tätigen Architekten nicht anwendbar sei.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck