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Architektenauftrag ohne HOAI-Bezugnahme: Honorarminderung wegen nicht erbrachter Grundleistungen nicht ohne weiteres möglich!

Die in § 15 HOAI a. F. genannten Grundleistungen der einzelnen Leistungsphasen sind nicht als Teilerfolg des geschuldeten Gesamterfolges vom Architekten zu erbringen, wenn der Architektenvertrag nicht auf die Leistungsphasen des § 15 HOAI a. F. Bezug nimmt; entsprechend ist dem Bauherrn eine Minderung nicht ohne weiteres möglich, wenn Grundleistungen teilweise nicht erbracht wurden, sofern der Gesamterfolg eingetreten ist.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Honorarminderungen muss der Architekt nach den Vorschriften des Gewährleistungsrechts hinnehmen, wenn er ihm übertragene Teilleistungen nur unvollständig erbracht hat.
Beispiel
(nach OLG Rostock , Urt. v. 03.12.2008 - 2 U 58/05; BGH Beschluss vom 01.10.2009 – VII ZR 5/09 – NZB zurückgewiesen. )
Ein Hotelbetreiber beauftragt einen Architekten mit Fertigung von Unterlagen für eine Hotelerweiterung, die der Hotelbetreiber zur Konzeption des Vorhabens und zur Klärung der Finanzierungsmöglichkeit benötigt. Der Architekt erbringt Leistungen aus den Leistungsphasen 1 bis 3. Im späteren Honorarstreit argumentiert der Hotelbetreiber unter anderem, die Honorarforderungen des Architekten seien nicht gerechtfertigt, da dieser nicht sämtliche Grundleistungen gemäß § 15 HOAI aus den Leistungsphasen 1 bis 3 erbracht habe.
 
Das Gericht gesteht dem klagenden Architekten das volle Honorar (10 Prozentpunkte) für Leistungsphasen 1 und 2 gemäß § 15 Abs. 1 und 2 HOAI a. F. zu. Mehr als die Leistungsphasen 1 und 2 seien zur Konzeption des Vorhabens und zur Klärung der Finanzierungsmöglichkeiten nicht erforderlich gewesen. Allerdings müsse sich der Architekt auch keine weiteren Abzüge wegen fehlender Grundleistungen aus den Leistungsphasen 1 und 2 gefallen lassen. Hätten die Parteien wie hier den geschuldeten Leistungsumfang des Architekten nicht an die einzelnen Leistungsphasen des § 15 geknüpft, seien die dort genannten Grundleistungen nicht ohne weiteres als Teilerfolg des geschuldeten Gesamterfolges zu erbringen. Der Gesamterfolg – Erstellung von Unterlagen, die der Hotelbetreiber zur Klärung der Finanzierbarkeit des Vorhabens Hotelerweiterung bei den Banken und Förderinstituten benötigte – sei eingetreten. Der Beklagte habe die Unterlagen bei seinen Verhandlungen mit den Banken und Förderinstituten tatsächlich verwendet. Entsprechend stehe dem Architekten die volle Vergütung für die Leistungsphasen 1 und 2, insgesamt 10 Prozentpunkte, zu.
Hinweis
Nach diesseitiger Ansicht vermeidet das OLG Rostock in dem vorliegenden Urteil einen Fehler, welcher ansonst häufig gemacht wird. Nach dem Urteil des BGH vom 24.06.2004 stürzen sich Gerichte und Sachverständige häufig ohne weiteres Nachdenken auf die Frage, ob der Architekt denn alle Prozentpunkte gemäß HOAI-Leistungsbildern für seine Leistungen ansetzen könne. Dabei hatte der BGH in dem zitierten Urteil seinerzeit deutlich klar gestellt, dass – da die HOAI lediglich Preisrecht sei – für die Frage eines Honorarminderungsrechtes des Bauherrn der Umfang der geschuldeten Leistungen zunächst aus dem geschlossen Vertrag zu ermitteln sei. Nur in dem Falle, in dem der geschlossene Vertrag ohne weiteres auf die HOAI-Leistungsbilder Bezug nimmt, sind deren Grundleistungen (Arbeitsschritte) als Teilerfolge geschuldet, was den Bauherrn im Rahmen der Gewährleistungsansprüche unter Umständen zu einer Honorarminderung berechtigen kann.

Häufig ist es aber so, dass – wie hier zum Beispiel – mündliche Verträge (oder auch mal schriftliche) ohne Bezugnahme auf die HOAI-Leistungsbilder geschlossen werden; in diesem Fall ist der geschuldete Leistungserfolg zu ermitteln, es kommt nicht auf die einzelnen erbrachten Grundleistungen an. Ähnliches dürfte gelten für solche Verträge, die zwar auf die HOAI-Leistungsbilder Bezug nehmen, aber ausdrücklich formulieren, dass geschuldet nur solche Leistungen seien, die zur Verwirklichung des Bauvorhabens "erforderlich" sind (vgl. hierzu Urteil des KG vom 16.03.2010).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck