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Architekt zur Erklärung des Vorbehalts der Vertragsstrafe befugt ?

Ein Architekt ist - ohne ausdrückliche Vollmacht - nicht als bevollmächtigt anzusehen, für den Bauherrn den Vorbehalt der Vertragsstrafe bei Abnahme oder zu einem vereinbarten späteren Zeitpunkt zu erklären.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Die Befugnisse des Architekten, den Bauherrn gegenüber Dritten, beispielsweise Bauunternehmern, zu vertreten, richtet sich nach der ihm erteilten Vollmacht.

Wird ein Architekt nicht ausdrücklich, z.B. im Vertrag, bevollmächtigt, so kann er u.U. gleichwohl im Rahmen einer sog. "originären Vollmacht" zur Vertretung des Bauherrn berechtigt sein.
Beispiel
(nach LG Leipzig , Urt. v. 25.08.1998 - 8 O 1791/98 -; NJW-RR 1999 1183)
In einem Bauwerkvertrag zwischen Bauunternehmer und Bauherr war eine Vertragsstrafe vereinbart. Darüberhinaus war geregelt, dass der Vorbehalt der Vertragsstrafe noch im Zusammenhang mit der Schlusszahlung geltend gemacht werden könne. Der Bauunternehmer überschritt die Fertigstellungsfrist um rund 7 Wochen. Auf Grund dieser Fristüberschreitung zog der vom Bauherrn beauftragte Architekt im Rahmen der Rechnungsprüfung rd. DM 37.000,00 vom Vergütungsanspruch des Bauunternehmers unter Hinweis auf die Vertragsstrafenregelung ab. Nunmehr klagt der Bauunternehmer auf Restwerklohnzahlung.

Das Gericht gibt der Klage des Bauunternehmers statt. Dem Bauherren stände kein Recht zu, einen Abzug unter Berufung auf die Vertragsstrafe vorzunehmen. Die hier auf Grund der verspäteten Fertigstellung verwirkte Vertragsstrafe sei mangels wirksam erklärten Vorbehalts entfallen (vgl. §§ 341 III BGB, 11 Nr. 4 VOB/B). Der Vorbehalt habe zwar auf Grund der Vereinbarung der Parteien (die das Gericht für wirksam hält) noch im Rahmen der Schlusszahlung erklärt werden können. Auch sei der Abzug durch den Architekten unter Hinweis auf die Vertragsstrafe als Vorbehaltserklärung auszulegen. Allerdings habe der Architekt nicht wirksam für den Bauherren eine Vorbehaltserklärung abgeben können. Hierzu sei eine ausdrückliche Vollmacht erforderlich gewesen, die jedoch nicht vorgelegen habe. Die sogenannte originäre Vollmacht des Architekten umfasse die Befugnis zur Abgabe eines Vertragsstrafenvorbehalts nicht.
Hinweis
Wie oben besprochenes Urteil zeigt ist der Architekt - ohne ausdrückliche Bevollmächtigung - nicht befugt, die normalerweise im Rahmen der Abnahme vorzunehmende Vorbehaltserklärung hinsichtlich möglicherweise verwirkter Vertragsstrafen abzugeben. Eine andere Frage, die in einem möglichen Regressprozess des Bauherrn gegen den Architekten wegen entfallener Vertragsstrafe eine Rolle spielen kann, ist, ob der Architekt verpfichtet ist, den Bauherrn darauf aufmerksam zu machen, dass zur Wahrung der Rechte aus einer Vertragsstrafenregelung eine Vorbehaltserklärung erforderlich ist. Hier ist eine eindeutige Klärung bisher nicht erfolgt; das OLG Stuttgart hat in einer älteren Entscheidung eine solche Pflicht grds. abgelehnt (BauR 1975, 433), allerdings wird heute vertreten, dass eine Aufklärungspflicht jdfs. dann anzunehmen sei, wenn der Architekt in die Vertragsgestaltung mit einbezogen worden war.

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