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Architekt von Nachforderungen ausgeschlossen, wenn Bauherr sich auf status quo eingerichtet hat

Kann ein Bauherr im Einzelnen nachweisen, dass er sich auf das Ausbleiben von Nachforderungen des Architekten eingerichtet hat, z.B. weil er unterließ, eigene Gegenforderungen gegen den Architekten vor Verjährung zu bewahren, kann der Architekt mit Nachforderungen ausgeschlossen sein.
 
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Eine Beschränkung des Honoraranspruchs kann sich nach der Rechtsprechung aufgrund der Bindungswirkung einer vom Architekten gestellten Schlußrechnung ergeben.
Beispiel
(nach OLG Zweibrücken; BGH, Beschluss vom 05.06.2018 – VII ZR 228/16 NZB zurückgewiesen , Urt. v. 02.09.2016 - 2 U 29/15)
Anfang 1996 stellt ein Architekt seine Honorarschlussrechnung für beauftragte und geleistete Arbeiten. Der Bauherr bezahlte die Rechnung nicht vollständig, rechnet aber später mit einer eigenen Forderung gegenüber der Resthonorarforderung auf. Nach und im Laufe verschiedener, auch gerichtlich ausgetragener Differenzen zwischen dem Architekten und dem Bauherrn berechnet der Architekt etwa 10 Jahre später seinen Honoraranspruch als Mindestsatz neu und fordert rund € 25.000,00 nach (und damit mehr als seine ursprüngliche Forderung); schließlich erhöht er seine Nachforderung auf rund € 40.000,00.
 
Das OLG Zweibrücken weist die Honorarklage des Architekten ab. Zwar habe ein Architekt Anspruch auf den Mindestsatz nach HOAI, er sei auch an eine erteilte Schlussrechnung, in der er sein Honorar unvollständig berechnet habe, grundsätzlich nicht gebunden. Ausnahmsweise könne allerdings der Architekt gehindert sein, seine in einer Schlussrechnung nicht berechnete (weitere) Forderung durchzusetzen, wenn der Auftraggeber auf eine abschließende Berechnung des Honorars vertrauen durfte und sich im berechtigten Vertrauen auf deren Endgültigkeit in schutzwürdiger Weise so eingerichtet habe, dass ihm eine Nachforderung nicht mehr zugemutet werden könne. Nach Ansicht des Oberlandesgerichtes sei eben dies hier der Fall, insbesondere habe der Bauherr sich derart eingerichtet, dass ihm eine Forderung in der nunmehr geltend gemachten Höhe nicht mehr zumutbar sei.
 
  • Der Bauherr habe hierzu wiederholt vorgetragen, dass die Rentabilität des Objektes für ihn von erheblicher Bedeutung gewesen sei und dass er in Kenntnis der erheblich höheren Baukosten, die in keinem Verhältnis zu den erzielten Mieten stünden, das Bauvorhaben so nicht realisiert, sondern lediglich das undichte Flachdach saniert hätte;
  • Hätte der Bauherr hier mit erheblichen Honorarnachforderungen des Architekten gerechnet, so hätte er gegen den Architekten in der Folgezeit auch Gewährleistungsansprüche (Schadensersatz, Minderung) in Bezug auf die infolge der erheblich höheren Baukosten auch erheblich höhere Honorarforderung geltend gemacht (was dies genau hätte sein können, spezifiziert das Gericht allerdings nicht); inzwischen seien solche Forderungen verjährt, der Architekt habe auch gegenüber den geltend gemachten Mängelrügen die Verjährungseinrede erhoben.
  • Im Übrigen hätten dem Bauherrn Unterlagen über die seinerzeit durchgeführten Umbau- und Aufstockungsarbeiten nicht mehr vollständig zur Verfügung gestanden, nachdem sämtliche Aufbewahrungsfristen längst abgelaufen sein; so könnten sie die nunmehr geltend gemachten Kostenansätze des Architekten nicht mehr überprüfen.

Hinweis
Wann ein „eingerichtet sein“ im obigen Sinne angenommen werden kann, ist noch nicht eindeutig durch obergerichtliche Rechtsprechung entschieden, vielmehr herrschen hier teils unterschiedliche Ansichten. So hat der BGH in seinem Urteil vom 19.11.2015 klargestellt, dass Nachforderungen auf Schlussrechnungen nicht alleine durch längeren Zeitablauf ausgeschlossen seien, vielmehr müsse sich ein Auftraggeber durch vorgenommenen oder unterlassene Maßnahme darauf eingerichtet haben, dass weitere Forderungen nicht erhoben würden. Das OLG Bremen hat in seinem Urteil vom 28.09.2005 klargestellt, dass es unter anderem nicht ausreiche, wenn der Bauherr lediglich vortrage, dass die Honorarvereinbarung in die Finanzierungsplanung einfloss und insofern die Finanzierungsplanung auf der Honorarangabe fuße (ähnlich OLG Hamburg, Urteil vom 10.03.2004).
 
 

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck