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Architekt verweigert Herausgabe von Ausschreibungsunterlagen: Wichtiger Kündigungsgrund ?

Lehnt ein Architekt den Wunsch des Bauherrn, ihm Ausschreibungsunterlagen der Bieter vorübergehend zur Einsicht zu überlassen, ab, ist das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien entscheidend gestört; es liegt ein wichtiger Grund zur Kündigung für den Bauherrn vor.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Eine vorzeitige Vertragsbeendigung hat erhebliche Auswirkungen auf die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.

Der Auftraggeber kann den Architektenvertrag sowohl aus wichtigem Grund als auch ohne einen wichtigen Grund, d.h. jederzeit, kündigen.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 11.07.1968 - VII ZR 159/66 -, Schäfer-Finnern, Z 3.00-Blatt 155)
Ein Architekt fertigte Baupläne an und führte Ausschreibungen durch. Deren Ergebnisse teilte der Architekt in eine Aufstellung dem Bauherren mit. Der Bauherr, der sich eine Entscheidung über die Vergabe der Arbeiten vorbehalten hatte, bat den Architekten, ihm sämtliche Angebote vorübergehend zur Einsicht zu überlassen. Der Architekt lehnte diesen Wunsch des Bauherrn mit der Begründung ab, er sei zu einer Herausgabe nicht verpflichtet. Daraufhin kündigte der Bauherr. Der Architekt stellte seine bisher erbrachten Leistungen in Höhe von rund DM 23.000,00 in Rechnung. Der Bauherr gab das Bauvorhaben auf und verpachtete das Baugrundstück an die ESSO AG.

Der BGH weist den Honoraranspruch des Architekten zurück. Der Architekt sei nicht berechtigt gewesen, die vorübergehende Herausgabe der Ausschreibungsunterlagen gegenüber dem Bauherren zu verweigern. Die Verweigerung der Herausgabe stelle eine Verletzung des Vertrages dar. Die Vertragsverletzung habe den Bauherrn dazu berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Denn das Vertrauensverhältnis der Parteien sei auf Grund der Weigerung des Architekten entscheidend gestört gewesen. In Folge der Kündigung des Vertrages, der Aufgabe des Bauvorhabens und der Verpachtung des Grundstücks hätten die erbrachten Leistungen des Architekten für den Bauherren keinen Wert mehr gehabt.
Hinweis
Im oben besprochenen Fall müsste der Architekt über den Honorarverlust hinaus befürchten, auf Ersatz von etwaig entstandenen Schäden in Anspruch genommen zu werden. Solche etwaigen Schäden könnten beispielsweise sein: bereits entrichtete Gebühren für Bauanträge, Kosten für Bodengutachten, Kosten für Vermessungsarbeiten, etc. (vgl. auch Honoraranspruch / .. / Honorar für erbrachte Leistungen II.).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck