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Architekt vergisst Berechnung der Mehrwertsteuer: Bindungswirkung der Schlussrechnung?

Vergisst der Architekt versehentlich für sein Nettohonorar Mehrwertsteuer zu berechnen und kann der Bauherr dies bei einiger Aufmerksamkeit erkennen, so steht einer Nachforderung der Mehrwertsteuer durch den Architekten nicht die Bindungswirkung der Schlussrechnung entgegen.

Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Eine Beschränkung des Honoraranspruchs kann sich nach der Rechtsprechung aufgrund der Bindungswirkung einer vom Architekten gestellten Schlußrechnung ergeben.

In bestimmten Ausnahmefällen ist der Architekt trotz Schlußrechnung nicht gehindert, Nachforderungen zu stellen.


Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 19.06.1986 - – VII ZR 260/84-, BauR 1986, 593)
Ein Architekt berechnet Honorar für seine Architektenleistungen in einer Honorarschlussrechnung. In dieser Schlussrechnung sind bereits geleistete Abschlagszahlungen in den jeweiligen Nettobeträgen eingesetzt. Versehentlich berechnet der Architekt in der Schlussrechnung die Mehrwertsteuer nur für den sich aus der gesamt Nettoforderung abzüglich der Abschlagsnettozahlungen ergebenden Restnettoanspruch. Später fordert er die Mehrwertsteuer auch für die Nettoabschlagszahlungen nach. Der Bauherr wendet die Bindungswirkung der Schlussrechnung ein.

Das Gericht gesteht dem Architekten die Nachforderung der Mehrwertsteuer zu. Zwar sei der Architekt nach Treu und Glauben grundsätzlich an seine Schlussrechnung, die er in Kenntnis der für die Berechnung seiner Vergütung maßgeblichen Umstände erteilt hat, gebunden. Es widerspreche aber nicht Treu und Glauben, wenn der Architekt seine Schlussrechnung nachträglich korrigiere, weil er sich im Rechnungsaufbau in Verbindung mit der Mehrwertsteuer offenkundig vertan habe und der Rechnungsempfänger dies bei einiger Aufmerksamkeit hätte erkennen können. Hier sei der Bauherr ein größeres kaufmännisches Unternehmen gewesen, die geschulten Buchhaltungskräfte dieses Unternehmens hätten ohne weiteres erkennen können, dass die Mehrwertsteuer hier nicht richtig berechnet war. Dafür dass die Architekten auf einen Teil der Mehrwertsteuer hätten verzichten wollen, sei nicht ersichtlich gewesen.
Hinweis
Mit der Novellierung der HOAI zum 01.01.1985 hat der Architekt / Sonderfachmann auch ohne ausdrückliche Vereinbarung einen Anspruch auf zusätzliche Erstattung der jeweils gültigen Umsatzsteuer. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Umsatzsteuer im Einzelfall auch von ihm erhoben wird.

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck