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Anscheinsvollmacht des Architekten für Zusatzaufträge: wann kommt sie nicht in Betracht ?

Eine Anscheinsvollmacht des Architekten zur Vergabe von Zusatzaufträgen scheidet aus, wenn in den AGB des Bauherrn gegenüber dem Bauunternehmer die Vollmacht des Architekten auf technische Fragen beschränkt ist.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Die Befugnisse des Architekten, den Bauherrn gegenüber Dritten, beispielsweise Bauunternehmern, zu vertreten, richtet sich nach der ihm erteilten Vollmacht.

Liegen die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht vor, so ist eine Erklärung des Architekten dem Bauherren wie bei einer Bevollmächtigung zuzurechnen.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 08.09.2000 - 22 U 47/00 -, NJW-RR 2001, 14)
Ein Bauunternehmer wurde u.a. mit Kanalarbeiten und der Herstellung von Außenanlagen beauftragt. Kleinere Zusatzaufträge waren dem Bauunternehmer durch den Architekten der Bauherren erteilt worden. Der Unternehmer macht nunmehr aus diesen Zusatzaufträgen Werklohnansprüche gegen die Bauherren geltend. Diese wenden mangelnde Bevollmächtigung des Architekten ein. Der Bauunternehmer beruft sich demgegenüber auf das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht.

Das Gericht weist die Ansprüche des Unternehmers weitgehend ab. Ein Anspruch des Unternehmers gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B sei nicht gegeben, da eine Leistung im Sinne dieser Vorschrift durch die Bauherren nicht gefordert worden sei. Nicht die Bauherren, sondern der Architekt habe den Auftrag für diese zusätzlichen, im Vertrag nicht vorgesehenen Leistungen erteilt. Der Auftrag durch den Architekten könne den Bauherrn nicht zugerechnet werden, da der Architekt für Zusatzaufträge keine Vollmacht gehabt habe. Der Architektenvertrag selber beinhalte eine solche Vollmacht nicht. Es bestehe auch keine Haftung der Bauherren nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht. Diese setze jedenfalls voraus, dass der Bauherr gegenüber dem Bauunternehmer den Rechtsschein setze, der Architekt sei tatsächlich bevollmächtigt. Dies sei hier bereits nicht dargetan. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bauherren, die zum Inhalt des Bauvertrages zwischen dem Bauunternehmer und den Bauherren gemacht worden seien, bestimmten zudem unter Nr. 19 Punkt 5 ausdrücklich, dass der "bauführende Architekt in technischer Hinsicht bevollmächtigt sei, rechtliche und/oder finanzielle Verpflichtungen dagegen ausschließlich Sache des Auftraggebers" seien. Angesichts dieser eindeutigen Regelung komme eine Anscheinsvollmacht nicht in Betracht. Der Bauunternehmer könne sich auch nicht darauf berufen, er habe immer nur mit dem Architekten zu tun gehabt. Dies möge in technischer Hinsicht gelten. Den Bauvertrag habe jedoch nicht der Architekt, sondern die Bauherren unterschrieben. Wegen weiterer Aufträge hätte der Bauunternehmer an die Bauherren herantreten müssen.
Hinweis
Nachdem der Bauunternehmer mit seinen Ansprüchen gegen die Bauherren gescheitert war, könnte er auf die Idee gekommen sein, den Architekten gemäß § 179 BGB in Haftung zu nehmen. Mangels Vollmacht bzw. Anscheinsvollmacht käme grundsätzlich eine Haftung des Architekten gemäß § 179 in Betracht. Allerdings bestimmt § 179 Abs. 3, dass der Vertreter (hier also der Architekt) nicht haftet, wenn der andere Teil (hier der Bauunternehmer) den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste. Auf Grund der oben besprochenen Klausel im Bauunternehmervertrag

"Der bauführende Architekt ist in technischer Hinsicht bevollmächtigt, rechtsgeschäftliche und/oder finanzielle Verpflichtungen sind dagegen ausschließlich Sache des Auftraggebers"

musste der Bauunternehmer die mangelnde Vollmacht des Architekten kennen, ein entsprechender Rechtsschein konnte nicht gesetzt werden; somit scheidet eine Haftung des Architekten aus. Architekten ist mithin grds. zu empfehlen, den Umfang ihrer Vollmacht gegenüber den Bauunternehmern nachweisbar - ggfs. im Bauunternehmervertrag - offenzulegen.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck