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Anrechenbare Kosten über € 25.564.594,00: Honorar nach billigem Ermessen des Architekten?

Überschreiten die anrechenbaren Kosten die Höchstgrenzen der Honorartafel der HOAI, dann unterliegt nach Ansicht des LG Mainz in Ermangelung einer Honorarvereinbarung die Bestimmung des Honorars dem billigem Ermessen des Architekten, wenn eine übliche Vergütung nicht festgestellt werden kann (vgl. aber auch unter WEITERES).
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Besonderheiten ergeben sich, wenn die anrechenbaren Kosten die Tabellenwerte der Honorartafel überschreiten, § 16 III HOAI.
Beispiel
(nach LG Mainz , Urt. v. 14.01.1998 - 9 O 60/97)
Der Architekt hat von dem öffentlichen Bauherrn einen Auftrag zur Erbringung von Architektenleistungen erteilt bekommen. Die anrechenbaren Kosten liegen über den Tabellenwerten der Honorartafel des § 16 I HOAI. Eine Honorarvereinbarung wurde nicht getroffen.

Das Gericht meint, dass dem Architekten ein von ihm bestimmtes angemessenes Honorar zustehe (§ 315 BGB). Eine übliche Vergütung (§ 632 II BGB) sei nicht feststellbar, weil die HOAI nicht Anwendung finde (§ 16 III HOAI). Die Honorarvereinbarung sei frei über und unter den Mindestsätzen und Höchstsätzen der Honorartafel der HOAI vereinbar, da die anrechenbaren Kosten über den Tabellenwerten liegen. Der Gesetzgeber habe die Gelegenheiten zur Änderung der Vorschrift nicht genutzt. Das spreche dafür, dass er der Freiheit insbesondere nicht nach unten durch die Mindestsätze der Honorartabelle Schranken setzen wollte. Die Freiheit führe auch dazu, dass eine übliche Vergütung nicht festzustellen sei mit der Folge, dass der Architekt eine angemessene Vergütung nach billigen Ermessen bestimmen könne, wenn eine Vereinbarung über das Honorar nicht getroffen wurde.

Das Landgericht hatte mit dem Urteil die Klage eines Architekten, der in der Unterschreitung der Tabellenwerte, einen Wettbewerbsverstoß des beauftragten Architekten und des öffentlichen Auftraggebers gesehen hatte, abgewiesen.
Hinweis
Die Entscheidung befasst sich mit den in der Literatur kontrovers diskutierten Fragen, ob die Freiheit der Honorarvereinbarung nach § 16 III HOAI tatsächlich soweit geht, dass ein Honorar unterhalb der zwingenden Honorare nach der Honorartafel liegen darf und ob in den Fällen, in denen keine freie Honorarvereinbarung nach § 16 III HOAI getroffen wurde, eine übliche Vergütung im Sinne des § 632 II BGB ermittelt werden kann (z.B. die Sätze aus den RiFT-Tabellen der staatlichen Bauverwaltung). Wird der Ansicht des LG Mainz gefolgt, dann kann der Auftraggeber die Angemessenheit gerichtlich überprüfen lassen.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck