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Akquise – haftpflichtversicherungspflichtig?

Bei der Durchführung von Gesprächen, die der Gewinnung zukünftiger Kunden für Architektenverträge dienen, handelt es sich um die Ausübung der selbstständigen Berufstätigkeit des Architekten; bei dieser Tätigkeit ist eine Haftpflichtversicherung zu unterhalten.
Hintergrund
Das Berufs- und Standesrecht befasst sich mit Vorschriften und Bedingungen, die den Rahmen für die Berufsausübung des Architekten bilden.

In den Landesarchitektengesetzen sind verschiedene standesrechtliche Pflichten der Architekten geregelt.
Beispiel
(nach Berufsgericht Düsseldorf , Urt. v. 10.11.2016)
Ein Architekt, der (offenbar) seine Architektentätigkeit für eine Zeit lang hatte ruhen lassen, teilt der Architektenkammer mit, dass er beabsichtige, wieder freischaffend tätig zu werden. "Kommende Woche habe er diesbezüglich zwei Kundengesprächen in Stadt X und Stadt Y." Die Architektenkammer bat um Mitteilung des genauen Beginns seiner selbstständigen Tätigkeit. In einem weiteren Schreiben weist die Architektenkammer darauf hin, dass der Architekt als freiberuflich tätiges Mitglied nach § 22 Abs. 2 Z. 5 Baukammergesetz NRW verpflichtet sei, sich ausreichend gegen Haftpflichtansprüche zu versichern; der Architekt wurde gebeten, seine Versicherungsgesellschaft zu benennen und sich zum Umfang der Versicherung zu erklären. Nach Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens erwidert der Architekt, er bestreite, berufswidrig gehandelt zu haben; die Aufnahme seiner freischaffenden Tätigkeit sei abhängig von Kundengesprächen, die später negativ verlaufen seien.
 
Das Berufungsgericht erteilte dem Architekten wegen Verletzung beruflicher Pflichten einen Verweis und legt ihm eine Geldbuße von Euro 50,00 auf. Zum Zeitpunkt der Durchführung der Kundengespräche in den Städten X und Y, die der Architekt selbst vorgetragen habe, habe eine Pflicht zur Unterhaltung einer Haftpflichtversicherung gemäß 22 Abs. 2 Z. 5 Baukammergesetz NRW bestanden. Bei der Durchführung dieser Gespräche, die der Gewinnung zukünftiger Kunden für Architektenverträge gedient hätten, handele es sich um die Ausübung der selbständigen Berufstätigkeit des Architekten. Der Architekt habe auch schuldhaft gehandelt; für den Fall seiner Unwissenheit hätte es sich ihm bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt aufdrängen müssen, bei einer geeigneten Auskunftsquelle, insbesondere der Architektenkammer, nachzufragen, ob durch die Vertragsanbahnungsgespräche die Pflicht zur Unterhaltung einer Haftpflichtversicherung begründet wird.
 
Hinweis
Wie im Sachverhalt geschildert, antwortete der beklagte Architekt auch auf eine Anfrage der Architektenkammer in dieser berufsrechtlichen Angelegenheit nicht. Die Verweigerung einer Antwort zum Bestand und Umfang seiner Haftpflichtversicherung stellte einen selbstständigen Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Baukammergesetz i.V.m. § 2 Abs. 4 der Hauptsatzung der Architektenkammer NRW dar. Der Architekt ist also nicht nur gegenüber dem Bauherrn zur Auskunft über seine Haftpflichtversicherung verpflichtet (vergleiche Urteil des OVG NRW vom 19.06.2013), sondern natürlich auch gegenüber seiner Architektenkammer.
 
Bei dem Ansatz der nur geringen Geldbuße in Höhe von Euro 50,00 berücksichtigt das Berufsgericht nach eigenen Angaben, dass der Architekt berufsrechtlich nicht vorbelastet sei, er nach eigenen Angaben derzeit mittellos sei und dass sich der eingeräumte Verstoß auf einen überschaubaren Sachverhalt beschränkt, aus dem ein Schaden nicht erwachsen konnte (vgl. hierzu auch OVG NRW, Urt. v. 04.11.2009).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck