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Abwasserleitung zur öffentlichen Entsorgungsanlage: Keine handwerkliche Selbstverständlichkeit!

Die Ausführung einer Abwasserleitung zur öffentlichen Entsorgungsanlage stellt keine handwerkliche Selbstverständlichkeit dar und muss auch deshalb überwacht werden, weil die Leitungen nach Ausführung verdeckt sind.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In der Leistungsphase 8 begründet die Verletzung u.a. von Überwachungspflichten oft eine Haftung des Architekten.

Der Umfang der Überwachungspflicht richtet sich nach dem Einzelfall; Besonderheiten ergeben sich z.B. bei wichtigen und kritischen Arbeiten.
Beispiel
(nach OLG Brandenburg , Urt. v. 23.01.2019 - 4 U 59/15)
Bauherren eines Einfamilienhauses nehmen ihren unter anderem bauleitenden Architekten wegen einer nicht funktionsfähigen Abwasserführung auf Schadensersatz in Anspruch. Ein Sachverständiger stellt fest, dass eine fehlerhafte Bauausführung vorliegt, weil das erforderliche Gefälle von 5 mm auf 1 m nicht eingehalten wurde, weil der Rohrdurchmesser zu gering war und weil bei den Knotenpunkten die Rohre in zu großen Winkel aufeinander stießen. Der Architekt meint, es handele sich um eine handwerkliche Selbstverständlichkeit.

Das Oberlandesgericht Brandenburg folgt dieser Ansicht nicht und verurteilt den Architekten zu Schadensersatz. Die Ausführung der Abwasserleitung zur öffentlichen Entsorgungsanlage stelle unzweifelhaft keine handwerkliche Selbstverständlichkeit dar. Jedenfalls bevor die Leitungen nach Ausführung verdeckt würden, sei der Architekt zu einer Kontrolle verpflichtet. Dies Kontrolle könne als Sichtprüfung durchgeführt werden, ein etwaig unrichtiger Rohrdurchmesser (DN 150) sei hierbei erkennbar, gegebenenfalls sei mit einem Zollstock nachzumessen, das erforderliche Gefälle mittels Wasserwaage nachzumessen, der Winkel der zusammen laufenden Rohre sei ebenfalls erkennbar, ggf. nachzumessen.


Hinweis
Der Architekt hatte sich zusätzlich darauf berufen, der Bauherr müsse hier zunächst den Bauunternehmer in Haftung nehmen. Insoweit wies das Gericht – richtigerweise – daraufhin, dass erst nach dem zum 01.01.2018 in Kraft getretenen Recht eine solche Pflicht des Auftraggebers bei Ausführungsfehlern des Bauunternehmers und Objektüberwachungsverschulden des Architekten nach § 650t BGB anzunehmen sei, nicht aber nach davor geltendem Recht; anderes sei nach dem davor geltenden Recht nur anzunehmen, wenn die Inanspruchnahme sich als rechtsmissbräuchlich darstelle (vgl. hierzu beispielhaft OLG Dresden, Urteil vom 19.10.2016).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck