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Ab wann sind Architekt und Bauherr nicht mehr an die zwingende Vorschrift des § 4 HOAI gebunden?

Nach der Rechtssprechung können nach Beendigung der Architektentätigkeit Vergütungsvereinbarungen ohne Berücksichtigung der sonst zwingenden Vorschriften des § 4 HOAI getroffen werden. Nach BGH ist die Tätigkeit des Architekten oder Ingenieurs in diesem Sinne beendet, wenn das Werk abgenommen und zwischen den Vertragsparteien zum Zeitpunkt der Vergütungsvereinbarung kein Streit darüber besteht, ob das Werk mangelfrei ist.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Nach Vertragsbeendigung brauchen die Wirksamkeitsvoraussetzung für Honorarvereinbarungen nicht mehr eingehalten zu werden.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 27.02.2003 - VII ZR 169/02 - ; Baurecht 2003, 748)
Ein Ingenieurbüro hatte aufgrund eines mündlichen Vertragsschlusses mit der Erbringung von Leistungen begonnen. Lange nach Auftragserteilung wurde dann zwischen Ingenieurbüro und Bauherren eine Vereinbarung über ein über dem Mindestsatz liegendes Honorar getroffen. Später beruft sich der Bauherr auf die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung.
Der BGH hält die Honorarvereinbarung für unwirksam. Für eine wirksame Honorarvereinbarung fehle es an dem Merkmal „bei Auftragserteilung“ gem. § 4 Abs. 1 HOAI. Entsprechend werde der Mindestsatz als Honorar für die Leistungen des Ingenieurbüros fingiert, § 4 Abs. 4 HOAI. Die nachträgliche vertragliche Änderung eines nach § 4 Abs. 4 HOAI fingierten Mindestsatz sei aber nur wirksam, wenn sie nach Beendigung der Architekten oder Ingenieursleistung getroffen werde. Die Tätigkeit des Architekten oder Ingenieurs sei - wenn der Vertrag durchgeführt werde - erst beendet, wenn das Werk abgenommen und zwischen den Vertragsparteien zum Zeitpunkt der Vergütungsvereinbarung kein Streit darüber bestehe, ob das Werk mangelfrei sei.
Hinweis
Der BGH hat die Voraussetzung, dass eine nachträgliche vertragliche Änderung erst nach Beendigung der Architektenleistung möglich sei, hier nur für den Fall entschieden,
- dass aufgrund einer unwirksamen Honorarvereinbarung der Mindestsatz gem. § 4 Abs. 4 fungiert wird,

nicht aber für den Fall,

- dass eine wirksame Honorarvereinbarung abgeändert wird.

Soweit ersichtlich, wird der letztgenannte Fall von der herrschenden Ansicht ebenso wie der erstgenannte Fall behandelt; hierzu gibt es aber auch abweichende Stimmen. Diese wollen im Falle einer bereits vorhanden wirksamen Honorarvereinbarung eine nachträgliche Änderung der Honorarvereinbarung zulassen, da der Schutzzweck des Merkmals „bei Auftragserteilung“ insoweit nicht mehr greife.
 
Bitte Entscheidung des BGH beachten (Urteil vom 27.11.2008 )

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck