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1-jährige Tätigkeit: Kein Raum für Akquise
 

Über ein Jahr andauernde, intensive Planungsleistungen durch diverse Mitarbeiter eines Büros können ein Indiz dafür sein, dass keine Akquiseleistung vorliegt.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Fraglich ist zunächst, ob ein Vertrag tatsächlich zwischen Architekt und Bauherr zustande gekommen ist.

Von dem Zustandekommen eines Vertrages ist nicht auszugehen, wenn der Architekt seine Leistungen lediglich akquisitorisch erbracht hat.
Beispiel
(nach OLG Celle , - 14 U 116/21 26.01.2022)
Der Eigentümer eines Gebäudes mit Gewerbeeinheit beabsichtigt u.a. die Aufstockung des Gebäudes mit 2 Wohnungen und den Verkauf der Wohnungen. Er wendet sich an ein Architektenbüro, in der Folge wurde die Planung in den Leistungsphasen 1 - 3 durch diverse Mitarbeiter des Architektenbüros in Abstimmung mit dem Bauherrn über etwa ein Jahr vorangetrieben. Schließlich unterzeichnete der Bauherr einen Bauantrag, der beim Bauaufsichtsamt eingereicht wird. Später nimmt der Bauherr den Bauantrag zurück und verweigert eine Zahlung der seitens des Architektenbüros dem Bauherrn gestellten Rechnung. Der Bauherr meint, es habe sich um honorarfreie Akquise gehandelt.
 
Das sieht das Oberlandesgericht Celle anders: Zwar sei die Abgrenzung zwischen unentgeltlicher Akquisition und vertraglich zu vergütender Tätigkeit im Einzelfall fließend und schwierig. Hier jedoch sei das Gericht davon überzeugt, dass es sich nicht mehr um eine nur unentgeltliche Akquiseleistung des Architekten gehandelt habe. Die Leistungen des Architekten gingen deutlich über den Umfang von etwaigen Akquise- oder Gefälligkeitsleistungen hinaus. Bereits die zeitliche Dauer der Tätigkeit von ca. einem Jahr ließe bei verständiger Würdigung keinen Raum für die Annahme, die Klägerin könne sich akquisehalber mit diversen Mitarbeitern für einen so langen Zeitraum vergütungsfrei bereitgefunden haben, die Planung eines gewerblichen Bauvorhabens voranzutreiben.
 
Hinweis
Ob der Umfang der erbrachten Leistungen ein Indiz für das Zustandekommen eines entgeltlichen Vertrages sein kann, wird unterschiedlich beurteilt. Das OLG Celle hatte noch in einer älteren Entscheidung (Urteil vom 17.02.2010) geurteilt, dass der Umfang der erbrachten Leistungen – Leistungsphasen 1 - 4, für sich alleine noch nichts darüber besage, ob eine unentgeltliche Akquisition oder ein entgeltlicher Vertragsschluss vorliegen. Im Gegensatz dazu hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 28.10.2005 darauf hingewiesen, dass umfangreiche Architektenleistungen regelmäßig nur gegen Entgelt erbracht würden; in solchen Fällen obliege die Beweislast für die Unentgeltlichkeit der Leistung beim Auftraggeber.
 
Am Ende des Tages wird jeder Architekt gut beraten sein, es auf die Entscheidung solcher Fragen vor Gericht möglichst erst gar nicht ankommen zu lassen; dem Bauherrn sollte gegebenenfalls zu Beginn die schriftliche Beauftragung (wenigstens) einer Vorplanung (Leistungsphasen 1 - 2) o. ä. vorgeschlagen werden (z.B durch Vorlage eines entsprechenden Angebotes durch den Architekten und Unterzeichnung durch den Bauherrn). Ist der Bauherr nicht einmal zur schriftlichen Beauftragung einer Vorplanung bereit, weiß der Architekt jedenfalls woran er ist.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck