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28.01.2008

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Blumen für Despoten

Zaha Hadids Projekt in Aserbaidschan


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„Das Protokoll verlangte, dass Blumen niedergelegt werden,“ sagte ein Sprecher des britischen Büros Zaha Hadid Architects auf die Frage von Journalisten, warum Zaha Hadid am Grab des ehemaligen KGB-Chefs und kommunistischen Alleinherrschers von Aserbaidschan, Hejdar Alijew, erschienen sei.

Der heutige aserbaidschanische Staatschef, Ilcham Alijew, hat 2003 das Amt seines Vaters in der „Erbfolge“ übernommen. Er beabsichtigt, die Olympiade 2016 in die Ölmetropole und Hauptstadt Baku zu holen. Um die Hauptstadt attraktiver zu gestalten, benötigt er spektakuläre Architektur. Und wie es sich für gute Despoten gehört, beauftragte auch Ilcham direkt den Hofarchitekten seiner Wahl, der für das nötige Prestige und natürlich auch für eine gewisse internationale Legitimation sorgen soll.

Ilcham Alijews Hofarchitektin heißt Zaha Hadid. Wie erst vor wenigen Tagen bekannt wurde, entwarf deren Büro das „Heydar Aliyev Cultural Centre“ auf neun Hektar Fläche, inklusive einer 21.000 Quadratmeter großen Konferenzhalle, einem Museum, einer Bibliothek und einer Parklandschaft – in Erinnerung an den verstorbenen Despoten, den Amnesty International während der letzten Jahre seiner Amtszeit beschuldigte, für Menschenrechtsverletzungen, Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen und die Verfolgung der politischen Opposition durch die Polizei verantwortlich zu sein.

Im September 2007 legte Hadid Blumen an seinem Grab nieder, bevor sie sich zum Bauplatz aufmachte, um der offiziellen Startzeremonie für ihr Projekt beizuwohnen. Britische Kommentatoren kritisieren, dass Hadid ein Projekt bearbeitet, das den Personenkult um einen Despoten fördert.
Dass sie aber überhaupt Großprojekte für Despoten übernimmt, daran scheint sich niemand zu stören. Bauen für Despoten liegt nämlich voll im Trend.

So kann man heute ohne Skrupel für den libyschen Staatschef Gaddafi bauen (BauNetz-Meldung vom 29. Juni 2007). Norman Foster etwa baut (BauNetz-Meldung vom 5. September 2006 und BauNetz-Meldung vom 12. Dezember 2006), wenn er nicht gerade über die Notwendigkeit nachhaltigen Städtebaus in den Emiraten referiert, ebenso wie Hadid (BauNetz-Meldung vom 30. April 2007) für den kasachischen Autokraten Nursultan Nasarbajew. Die Liste ließe sich mit anderen Namen weiter fortsetzen.

Signifikant bleibt am Ende die offizielle Position der britischen „Architektenkammer“ RIBA zu Hadids „Heydar Aliyev Cultural Centre“: „Wir haben keine klare Vorstellung über die politische Situation in Aserbaidschan. Daher sehen wir uns außerstande, Stellung zu nehmen.“

Till Wöhler


Kommentare

24

Z.Guliyev | 16.02.2008 17:18 Uhr

Gönnt Allen die Gute Architektur, oder sollen wir warten?

Ich bin aus Baku, und habe Wettbewerb Beiträge zum Thema sehen können und mit Jurymitglieder gesprochen. Wenn ich sagen würde dass zu so einem großen Projekt nur 4 Entwürfe (3 lokale + angeblich Hadids Büro) teilgenommen haben,bin ich gottfroh das dieser Entwurf gebaut werden darf. Das Projekt wird mit Ölgeldern finanziert und Öl gehört dem Volk. Klingt wie sentimentale Beruhigung, egal! Dem Auftraggeber bin ich dankbar dass da kein Scheiß gebaut wird sondern was schönes (Architektonisch diskutierbares).
1- Der Alijew wird sterben, die Werke bleiben dem Land, umbenennen kann man ja das Kulturzentrum immer.
2- Auch in gestrigen Europa gebaute "Prachtstücke" heute mit stolz "Kultur Erbe" genannt, können im Bezug zur Auftraggeberspersönlichkeit,
Menschenrechte, Misstände der Arbeiter usw. kritisiert werden, wozu?
3- Aserbaidschan erlebt heute die Zeiten die nicht
zu überspringen sind, Heute ist A in der Regierung, morgen ist ein B. Das Land mit einer schlechte, vergammelte und orientierungslose neusowetische Architektur zu bestrafen ist keine effektive Lektion.
Was Hadid angeht.: Wo ich fragte,konnte dieJury Ihr Name nicht richtig aussprechen und glauben Sie mir, wäre da ein anderer demonstrativerer Entwurf, würde er weiter kommen. Inwiefern der Entwurf überhaupt von Studio Hadid stammt ist ein anderes Thema.
Freut euch auf gute Architektur, egal wo sie ist. Auf
den Wechsel braucht man nicht warten, er kam nie durch die Architekten.

23

RLI | 30.01.2008 16:31 Uhr

Wortwahl

saubere und andere ? nein danke !

22

Chokanataka | 30.01.2008 10:41 Uhr

sauber bleiben

o.K., "saubere" Aufträge gibt es nicht so viele. Aber auch bei anderen Aufträgen kann man versuchen, sauber zu bleiben. Gute Arbeit und gute Architektur abliefern reicht für die Auftragserfüllung völlig aus. Was sollen die Blumen auf dem Grab? Dazu kann Frau Hadid keiner zwingen und es verdient kein Verständnis. Das geht zu weit!

21

jabba | 30.01.2008 08:47 Uhr

meaningless

why bother to discuss this...
the zaha hadid commercial architecture horse has been flogged to death anyway...
only potentate's left to be interested in fashionable design with a wow factor
its just one of these media phenomena...
practices that have better pr departments than architects...

20

"wenns mir" | 30.01.2008 00:39 Uhr

net

"wenns mir net mache macht en annerer" sagen schwaben und badner und haben recht....

19

wer | 30.01.2008 00:36 Uhr

ist denn

blumentopf ???

18

sporadischleser | 29.01.2008 18:15 Uhr

"gute" schurken

dass sich die architekturstars heute keine mühe mehr geben, sich hinter moralischen feigenblättern zu verbergen, ist sicher auch ein zeichen der zeit.
es ist einerseits gut, weil man die realität deutlich sehen kann. aber vielleicht möchte mancher die realität gar nicht sehen, und dann empfindet man es als schlecht, darauf hinzuweisen.

tatsache ist, dass in der welt immer noch mit zweierlei maß gemessen wird: so gibt es "schlechte" schurken und "gute" schurken: "gut" sind die schurken, die aus nationalen eigeninteressen hoffähig gemacht werden.

ein beispiel: für den iran bauen wäre heute "böse", für gaddafi bauen ist wieder "gut". vor dreißig jahren war es im iran aber genau umgekehrt – trotz eines anderen despoten. und gaddafi? hat sich da etwas geändert?
ein beispiel, das die heuchelei doppelter standards zeigt.

klar ist: wer zu berühmt ist, wird leicht zum opfer seines ruhms. aber es ist nicht auch so, dass jene, die einen menschen zu einer ikone machen, diesen am ende zerstören, wenn er ihren erwartungen nicht mehr entspricht?

17

Greetings! | 29.01.2008 17:57 Uhr

sssss..

glauben hier wirklich leute dass architektur etwas mit moral zu tun hat oder je aus moralischen gruenden entstanden ist?

man kann vielleicht ein demokratisches gebaeude bauen und einen gesellschaftlichen standpunkt beziehen. moral hat mit bauen bzw. mit architektur meiner meinung nicht zu tun da moral etwas flexibles, veraenderbares ist, ein gebaeude ist statisch und nur der zeit unterworfen.

zeigen sie mir mal ein moralisches gebaeude oder den moralisch vertretbaren auftrag/ auftraggeber. vielleicht gibt es derzeit moralisch vertretbare materialien aber diese aendern sich auch wieder, garantiert!

und, glauben sie denn dass zaha hadid muslimin ist?, da sie doch sicher weiss dass sie im irak nie architektur haette studieren koennen ggf.... rueckblichend war das hochkapitalistische london doch eine gute wahl.

bitte werte architekten, kommt davon runter dass architektur den menschen aendert, bzw. moral transportieren kann. vielleicht kann man was verstaerken, hier in baku hoffentlich baku selber.!!!

16

RLI | 29.01.2008 16:12 Uhr

kritik an der kritik

langeweile kann man durch intensives studium der deutschen geschichte
und aktuellen gegenwartskultur in konstruktive kritik ,toleranz und achtsamkeit "wandeln".

15

jea | 29.01.2008 14:32 Uhr

kritik

Hallo? Das hier sollte eigentlich eine architektonisch politische Diskussion sein und bleiben. Aber es war ja klar, dass sich Teile der muslimischen Fraktion gleich auf den Schlips getreten fühlt und sich in ihrer Ehre verletzt fühlt... Bitte nicht persönlich nehmen, aber sowas langweilt!

14

Ozer Bostanoglu | 29.01.2008 12:43 Uhr

Ozer

Wenn es um Islam, um muslimische Kunst, um muslimische Künstler und nicht zuletzt um weltberühmte muslimische Architekten und Bauherren gilt, dann herschen auf einmal so intelligente und demokratische und humanistishe Einwaende gegen Bauunternehmen und Bauplaene, die zu verwirklichen sind?! Um glaubenswert zu sein, sollten die Europaeisch-Deutsch-Christlich-staemmigen Kritiker und Kollegen auf dem Feld der Architektur und Staedtebau mehr Kraft für die historische und gegenwaertige Selbstkritik ausüben als vorher...

13

HJ Liebau | 29.01.2008 09:38 Uhr

Architektur als Spiegel der Moral?

Albert Speer (der Ältere, wohlgemerkt) war nicht der erste Stiefellecker der Architektenzunft und Zaha Hadid wird nicht die letzte sein. Warum nur hält sich dieses hehre Bild vom stets der Demokratie und Moral verpflichteten Architekten in unseren Köpfen?
Architekten sind Menschen mit ganz normalen Schwächen und Stärken, Hoffnungen und Ängsten, die immer wieder der Versuchung erliegen, wenn es um einem bedeutenden (d.h. auch lukrativen) Auftrag geht.
Fragen Sie einmal Frau Hadid, wen sie für einen Despoten oder Menschenschinder hält! Sie werden vielleicht überrascht sein.

12

kde | 28.01.2008 19:24 Uhr

Blumentopf

das die Topfpflanze gleichberechtigt ist, versöhnt mit Bild und Meldung. Weiter so, Blumentopf!

11

www.plattformnachwuchsarchitekten.de | 28.01.2008 18:43 Uhr

Architektur und Politik

„Der Architekt, unabhängiger Geist oder willfähriger Helfer der Politik?” fragten wir bei unserer Podiumsdiskussion am 29. November 2005 und empfahlen die immer noch lesenswerte Lektüre “The Edifice Complex – How the Rich and Powerful (and their Architects) Shape the World”. Darin bringt der smart-ironische Intellektuelle Deyan Sudjic bereits das Problem auf den Punkt und erwähnt hellsichtig einige prominente Namen.

10

astana | 28.01.2008 18:34 Uhr

...die gute zaha

...läuft immer in fantasievollen kitteln herum. schon vor 16 jahren, als ich sie mal interviewt habe. und ja es stimmt, sie ist äusserst temperamentvoll und wenn sie schlechte laune hat sollte man sich im büro lieber ducken...aber darüber sollte man an anderer stelle diskutieren, die meisten "star"-architekten neigen mit zunehmenden alter einfach zu neurosen. warum sie sich aber den despoten so demütig gibt verstehe ich auch nicht. unsereins ist einfach enttäuscht, wenn die vermeintlich weltweit etablierten architekten sich nicht die frechheit leisten auch mal nein zu sagen. wir erwarten das, aber es wird nicht passieren.

9

jan | 28.01.2008 18:11 Uhr

leggins und ranzen

@ howard roark:
das gleiche habe ich auch gedacht und nicht gewagt auszusprechen :) :) tu ich hiermit...

8

LOG | 28.01.2008 18:00 Uhr

@Kritiker - Moral

Da der Chef meines Büros selber Despot, Menschenrechtsverachter und Diktator ist, fällt die moralische Entscheidung für wen auch immer zu bauen für mich verhältnismäßig leicht.

Hadid soll ja im übrigen auch nicht gerade die menschenfreundlichsten Arbeitsplätze bieten...

7

howard roark | 28.01.2008 17:51 Uhr

zaha und die despoten

frau hadid hat ihr missachtung der aserbaidschanischen politik eben nur mit subtiler ironie gezeigt, damit man sie wieder ausreisen lässt. oder glaubt jemand, dass die sich in leggins und zerknittertem kittel irgendwo sonst blicken lassen würde. und der blumentopf ist auch aus dem baumarkt an der alijew-alleee. wobei mir die drei studentischen hilfskräfte zum modellaufbau und plänetragen wiederum als zugeständnis an das patriarchiat vorkommen...

6

zoriac | 28.01.2008 17:08 Uhr

moral?

seien wir doch einmal ehrlich, lieben kollegen: wenn der richtige, d.h. lukrative und rennomierträchtige auftrag lockt, sind doch wieder alle mit dabei. moral hin oder her. gerade diejenigen, welche sich jetzt in den höchsten tönen echauffieren, marschiern dann ganz vorne weg. und das gilt für sämltliche branchen. es ist immer leicht, als zuspätgekommener (sei es bei wettbewerben oder in der geschichte) seinen stab zu brechen. klar, es wäre wünschenswert, wenn alle sich an einen "moralischen kodex" hielten. aber da das niemals der fall sein wird, muss man damit leben, dass despoten unterstützung finden. auch von seiten, von denen man es vielleicht bis jetzt nicht unbedingt erwartet hätte...

5

lollo | 28.01.2008 16:37 Uhr

Despoten, Menschenrechtsverachter & Co., kritisch

...und was ist beispielsweise mit den USA, rsp. Bush?
Unbestritten demokratisch gewählt - wenn auch nur mit ein paar Hundert Stimmen Vorsprung...

4

peter | 28.01.2008 16:23 Uhr

architektur macht moral

was für herrn koolhaas (siehe diesen essay : http://www.xn--o-zfa.net/pics/gam03_birkholz.pdf ) schon länger gilt, gilt nun auch für frau hadid...

3

timoru | 28.01.2008 16:14 Uhr

ich schlisse mich an!

Vielen Dank für den Artikel. Auch ich begrüsse Hintergrundinformation zu genau solchen Themen. Wenn ein Büro so erfolgreich ist, dann müßten auch ethische Überlegungen eine Rolle spielen wer der Bauherr ist....

2

Kritiker | 28.01.2008 15:55 Uhr

Moral

Bitte mehr kritische Kommentare zu diesem großen Thema!
Alle freuen sich, dass deutsche Architekten im Ausland erfogreich sind. Und doch ist zu hinterfragen, ob es mit unserem moralischen Anspruch zu vereinbaren ist, wenn wir für Despoten, Menschenrechtsverachter und Diktatoren in aller Welt arbeiten.
BauNetz sollte nicht nur bunte Jubel-Bildchen zeigen, wenn mal wieder ein Riesenkomplex in China von deutschen Architekten gebaut wird, sondern auch über die Bedingungen der Architektur, z.B. über die Arbeitsbedingungen der Arbeiter und die Zerstörung historischer chinesicher Architektur, berichten. Sonst bleibt das alles nur oberflächlicher Architektur-Boulevard.

1

Waldundwiesenarchitekt | 28.01.2008 15:45 Uhr

Auch deutsche

Büros sind für den Despoten Alijew, dem Präsidenten der Erbdemokratie, tätig, so z. B. das Büro Albert Speer aus Frankfurt, zu entnehmen dessen Homepage.

 
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In Baku: Hadid (2. von links), Alijew (2. von rechts), Blumentopf (rechts)

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