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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Wettbewerb_fuer_Gazprom-Stadt_in_St._Petersburg_entschieden_-_mit_Kommentar_25824.html

05.12.2006

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Corporate Ego nach dem Amoklauf

Wettbewerb für Gazprom-Stadt in St. Petersburg entschieden - mit Kommentar


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Der kontrovers diskutierte Wettbewerb für die „Gazprom-City“ in St. Petersburg (siehe BauNetz-Meldung vom 10. November 2006) wurde zugunsten von RMJM aus London entschieden. Das wurde am 1. Dezember 2006 bekannt.

An dem Wettbewerb hatten auch Jean Nouvel, Herzog & de Meuron, OMA, Daniel Libeskind und Massimiliano Fuksas teilgenommen. Der Entwurf von RMJM hatte bei einer Online-Abstimmung 24,6 Prozent der Stimmen bekommen.

Der 77-stöckige Turm bietet 200.000 Quadratmeter Bürofläche an der Newa mit Blick auf die barocke Smolny-Kathedrale. In zwei weiteren Bauabschnitten soll der Hauptsitz des russischen Energiekonglomerats noch in der Größe verdreifacht werden.
RMJM schlagen pentagonförmige Grundrisse vor, die rotieren und in einer schlanken Spitze kulminieren. Der Turm soll auf einer gewöhnlichen Lobby stehen mit einem Dachgarten, der auf beiden Seiten auf Straßenniveau heruntergezogen wird. Die sekundäre Fassade soll „wie ein Pelzmantel wirken, der das Gebäude vom harschen Winter schützt“ (Architekten).

Kommentar der Redaktion

Russlands größter Konzern will partout das höchste Hochhaus der Stadt bauen. Als „banal reduzierter Ausdruck der Globalisierung, die Stalin alle Ehre machen würde“, haben Kritiker die Entwürfe für Gazprom in St. Petersburg betitelt. „Die Architekten sind wie Hundebesitzer, die stolz ihre Pudel vor einem frivolen Publikum paradieren lassen“, kommentiert Nicolai Ouroussoff, der Architekturkritiker der New York Times, den Wettbewerb. Für den „Maiskolben” genannten Entwurf von RMJM hat er diese Formulierung parat: „Ein erschütternder Ausdruck von Corporate Ego nach dem Amoklauf”.

Während die Bauherren sich berieten, fuhr ein Schiff mit Demonstranten am Konfernzesaal der Gazprom-Manager vorbei: Als Clowns oder Geisteskranke verkleidet, diffamierten sie das Projekt als „Lunatic City”. Unterstützung kam ausgerechnet aus Japan: Kisho Kurokawa, einst Jurymitglied, hat ein Manifest verfasst, das die Erhaltung der Silhouette der Stadt und die Ablehung aller sechs Entwürfe fordert. Danach trat er von der Jury zurück.
Die örtliche Architektenkammer, die Eremitage und örtliche Denkmalpfleger haben ebenfalls Protest eingelegt.
RMJM könnte einen potentiellen Auftragsentzug wohl verschmerzen: Es ist eines der 15 größten Büros der Welt.

Ulf Meyer


Zum Thema:

www.gazprom-city.info


Kommentare

4

Mars | 19.12.2006 12:04 Uhr

Gasprom-Projekt

Warum unterstützen westliche, demoktratisch erzogene Architekten-Kollegen undemokratische Systeme?? Hier wird ein Konzern bedient, der politisch gesteuert ist, in Kastachstan baut Foster für den Potentaten Stadtteile ( s. auch Baunetz-Meldung vom 12.12.06) etc..
Ist hier nichts aus der Vergangenheit gelernt worden, auch Architektur kann Diktaturen unterstützen!

3

archi69 | 07.12.2006 15:07 Uhr

Corporate Ego

Hätte nicht zuallererst der Architekt sich sträuben müssen? Hätte nicht der sich mit dem Ort gründlich auseinandersetzende Architekt angesichts der sicher genau formulierten Aufgabenstellung (Höher als ein Hochhaus!!! Aber dalli!) gar ablehnen müssen?
Aber nein, dazu ist man zu pr-geil, zu süchtig nach den Überschriften ... Und zu fixiert auf diverse (kranke) Architekten-Rankings...

2

Sören Hörig | 06.12.2006 10:29 Uhr

Corporate Ego

Nein, die Entwürfe von Nouvel oder OMA hätten eine noch schlimmere Wirkung gehabt auf die Silhouette.
Aber natürlich hätte es soweit nie kommen dürfen. Wie bereits im Kommentar zur Meldung vom 10.11. angeführt: es ist ein dreidimensionales Architektur gewordenes Abbild der gesellschaftlichen Machtverhältnisse in Rußland. Insofern ist das Ergebnis des Wettbewerbs wiederum logisch und es wäre auch logisch, wenn die "Stichflamme" entgegen allen Widerständen, notfalls auch mit Gewalt, realisiert wird.
Aber: Den Architekten ist der respektlose Umgang mit der Situation des Ortes ebenfalls vorzuwerfen. Ihnen hätte sich angesichts der Hochhäuser der Stift respektive die Maus sträuben müssen!

1

Christian Meyer | 05.12.2006 19:28 Uhr

Corporate Ego

Das Ergebnis dieses Wettbewerbs ist einmal mehr erschütternd. Nicht weil ausgerechnet dieser Entwurf gewählt wurde ! Sondern weil jeder der Entwürfe hätte das selbe Ergebnis gezeitigt hätte. Architektur als projizierte Erektionsstörung ! Traurig !!

 
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