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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Graz_Architecture_Magazine_02_Design_Science_in_Architecture__21836.html

07.11.2005

Buchrezension im BauNetz

Graz Architecture Magazine 02 „Design Science in Architecture“


Viele Architekturafficionados sind über den Verlust des anspruchsvollen und bibliophilen Architekturmagazins „Daidalos“ nie richtig hinweggekommen und wünschen sich seit langem ein vergleichbares Format. Nun hat sich die Fakultät für Architektur der Technischen Universität Graz in diese Lücke geworfen und das „Graz Architecture Magazine GAM“ herausgegeben, das bereits in seiner zweiten Nummer erschienen ist. Dieses buchähnliche Magazin wurde „als eine Plattform für einen internationalen Architekturdiskurs konzipiert, auf der relevante Inhalte aufgegriffen und zur Diskussion gestellt werden“ (Editorial). Es erscheint in zwei Sprachen und bisher jährlich, wobei die Herausgeber eine höhere Frequenz in Aussicht stellen.

Sieht man von dem Anhang mit den Fakultätsnachrichten ab, wurde ein stattlicher Band von 200 Seiten vorgelegt, der dem hehren Anspruch durchaus gerecht wird. Susanne Hauser führt mit dem Aufsatz „Wissen der Architektur“ in gewohnter Eloquenz in das Thema ein und beschreibt die gegenwärtigen Tendenzen zur Verwissenschaftlichung von Architektur. Die entwurfliche und bauliche Praxis berührt verschiedene Wissenschaftsdisziplinen, denen mit verschiedenen Themenbereichen, in die sich die folgenden Beiträge gliedern lassen, Rechnung getragen wird.
Die Beiträge von Brian Cody („Form follows Energy“) und John An und Nico Kienzl („Intelligente Materialien und Technologien“) untersuchen die Frage nach Energieeffizienz und Nachhaltigkeit und stellen durch diese physikalischen, technischen und mathematischen Aspekte den Bezug zu den Naturwissenschaften her.

Wie sich im Gegensatz dazu die gestalterische Praxis mit selbst aufgestellten Entwurfsprinzipien verhält, untersuchen beispielsweise Christian Holl und Luc Merx („Naturnähe und Naturdistanz“) und Ulrich Königs („Adaptive und selbstorganisierende Systeme in der Architektur“). Das Feld der Sozialwissenschaften wird mit dem Aufsatz „Aspekte der Überbevölkerung“ von Bert de Muynck gestreift. Und ein weiterer thematischer Block beschäftigt sich mit der Architekturtheorie als geisteswissenschaftlicher Disziplin. Hier beleuchten zum Beispiel Gernot Weckherlin („Die Architekturmaschine oder: Architekturtheorie, eine angewandte Wissenschaft“) und Christian Gänshirt („Eine Theorie des Entwerfens?“) die Suche nach Entwurfsmethoden und verbindlichen Gestaltungsparametern.
Mit diesen insgesamt elf Aufsätzen kann das Thema natürlich nicht erschöpfend behandelt werden, aber sie helfen den komplexen Gegenstand zu differenzieren und zu fokussieren. Verschiedene Vertiefungsrichtungen werden aufgezeigt und Diskurse angerissen. Insofern ist neben der Qualität der Texte die vorgenommene Auswahl der Herausgeber hervorzuheben, die ob der über 40 Einsendungen bestimmt nicht leicht gefallen sein dürfte.

Die Aufsätze werden durch drei Fotostrecken unterbrochen: Hendrik Schomburg zeigt dabei überlang belichtete Nachtaufnahmen von einsamen, peripheren Stadtlandschaften, Hans-Jürgen Burkard dokumentierte sehr eindrücklich die handwerkliche Massenproduktion für IKEA in Vietnam und Bas Princen zeigt Baustellen von Wohnsiedlungen in Tirana. Diese sehr schönen Fotostrecken versöhnen mit den etwas unglücklichen Bildagglomerationen, die die Aufsätze illustrieren. Hierbei wird den Abbildungen, um nochmals den Vergleich mit Daidalos zu bemühen, nicht genügend Raum gegeben. Sie stehen, nur durch dünne weiße Linien getrennt, zu dicht beieinander und berauben sich damit gegenseitig ihrer Wirkung. Ansonsten wurden die Bleiwüsten der Texte mit einer lebhaften und akzentreichen Typographie sehr appetitlich und zeitgemäß gestaltet.

Den Liebhabern der früheren Daidalos, allen Theorieinteressierten und solchen, die es noch werden wollen, sei dieses Periodikum empfohlen.

Arne Winkelmann

  • Graz Architecture Magazine 02 „Design Science in Architecture“
    Technische Universität Graz (Hrsg.)
    Springer, Wien/New York 2005
    236 Seiten, zahlreiche, großteils farbige Abbildungen, Text: deutsch/englisch, broschiert
    Format: 22,6 x 27,4 cm
    Preis: 26,00 EUR


Zum Thema:

Diese und zahlreiche andere Rezensionen finden Sie in der Buchrubrik im BauNetz


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