Die kleinsten Museen der Welt werden häufig in Gesäßtaschen herumgetragen. Es muß ja nicht gleich die „Blaue Mauritius“ sein, die Liebhaberblicke höher schlagen läßt: Briefmarken sind heutzutage nicht nur noch schlicht notwendig, sondern oft genug auch schön. Philatelisten nennt man in Deutschland die Gattung der Jäger und Briefmarken-Sammler. Für sie gibt es Alben, Börsen, Dauerserien, Tauschmärkte. Ein Heer von Künstlern ist Ihnen zu Diensten, der Bundesminister für Post und Telekommunikation entscheidet persönlich über Ausgabeanlässe und Gestaltung. In illustrer Nachbarschaft von Scheck und Banknote erblickt das Präzisionskunstwerk dann in der Bundesdruckerei das Licht. Um von dort aus durch viele Hände auf der ganzen Welt zu gehen, von dem 50. Geburtstag der Ruhrfestspiele Recklinghausen ebenso kündend wie vom Berliner Zoo. Jedes Jahr neu wird auf diesem Weg günstig Publicity gemacht: Geplant sind diesjährig Marken zum 100. Todestag des heiligen Adalbert und Sebastian Kneipp. Auch der deutsche Kartoffelanbau in Deutschland ­ 350 Jahre ist er alt ­ wird millimetergenau geadelt, ebenso wie die 175jährige Geschichte des Kölner Karneval. Ab 6. März kommt sogar die Architektur unter den Stempel: Deutsche Architektur nach 1945 heißt die Blockausgabe. Vier Motive künden vom Aufbruch: Hans Scharouns Philharmonie wird ebenso wie Mies van der Rohes Nationalgalerie für Berlin fein gezeichnet. Die Stadt Straubing mußte 1100 Jahre auf ihre Kleinstwürdigung warten, die Wallfahrtskirche Neviges von Gottfried Böhm und der Deutsche Pavillon in Montreal von Frei Otto nur 50 Jahre. Architektur in aller Munde ­ was will der Kritiker mehr? Wenn auch von der gummierten Seite...