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02.11.2015

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Auf der Suche nach Freiheit

Über Living Levels in Berlin


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Ein Kommentar von Daniel Felgendreher

Wo es um die Mauer geht, da ist ein David Hasselhoff zugegen. 1989 sang er und brachte sie zu Fall – zumindest ist er sich retrospektiv seines Beitrages dazu sicher. 2013 sang er erneut, um ein Loch im größten im Zusammenhang erhaltenen Mauerstück, der East Side Gallery in Berlin Friedrichshain zu verhindern – doch er scheiterte. Um eine Zufahrt zur Baustelle seines Luxus- Wohnhausprojekts „Living Levels“ zu gewährleisten, ließ der Investor Maik Uwe Hinkel unter starkem Protest sechs Meter der an sein Grundstück grenzenden East Side Gallery entfernen und korrumpierte damit ihre Funktion als Mahnmal.
 
Krieg und zähe Friedensverhandlungen zwischen Senat, Bezirk, Bevölkerung und Investoren – was sicher auch dem Fehlen eines konsensfähigen Gesamtkonzepts für den Umgang mit der East Side Gallery geschuldet ist – beherrschten daraufhin die mediale Berichterstattung des Projekts. Living Levels sei „das meistgehasste Projekt im Bezirk“, sagte Franz Schulz, der ehemalige Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg.

Im Frühjahr 2013 mühte Wowereit selbst sich um eine Vereinbarung: Neben Hinkel hatte auch der israelische Inverstor Alon Mekel hier ein Grundstück erworben, um ein 120 Meter langes Luxushotel zu bauen. Es sollte nun laut Vertrag für diese beiden Grundstücke nur eine Zufahrt (statt der ursprünglich geplanten zwei) geben. Und zwar auf Mekels Grundstück. Das Problem: Hinkels provisorischer Baustellendurchbruch wird erst geschlossen, wenn Mekels Hotel fertig ist – was nach ursprünglichem Zeithorizont in zwei Jahren soweit sein sollte. Inzwischen ist Hinkels Haus fertig, während der Mekel-Bau noch nicht einmal begonnen wurde.

Diese Kritik versucht eine Versöhnung. Hasselhoffs pathosgeladene Suche („I’ve been looking for freedom. I’ve been looking so long. I’ve been looking for freedom, still the search goes on.“) soll hier die Suche des Autors nach Qualitäten von Hinkels „Living Levels“ inspirieren. Mit der Kraft Hasselhoffs soll das scheinbar Unmögliche gelingen: der Versuch einer positiven Besprechung dieses Gebäudes.
 
Eine anspruchsvolle Architektur als Ergebnis relativiert jede Kontroverse um ein Projekt, oder? Man könnte den 14-geschossigen Turm mit einer Fläche von 8.700 Quadratmetern von nps tchoban voss (Hamburg, Berlin, Dresden) beispielsweise auf gestalterische Innovation und sensible Kontextarbeit hin untersuchen. Besser nicht. „Die Suche geht weiter.“
 
Vielleicht ist die Grundidee ja nicht schlecht. Man könnte nach einer Perspektive suchen, aus der das Bild „Ex-Stasi-Informant Hinkel baut auf dem ehemaligen Todesstreifen ein Luxuswohnhaus mit Eigentumswohnungen“ kein Unbehagen hervorruft. „Ich suchte so lang.“
 
Es scheint unmöglich, das Gebäude außerhalb des Kontexts der Berliner Stadtentwicklungspolitik zu sehen. Die „Erweiterung der Nutzungsbandbreite am Spreeufer“ (nps tchoban voss) ist doch potenziell ein Indiz für ein gutes Projekt. Man könnte den Umgang der Stadt mit ihrem historischen Erbe beleuchten und fragen, welche Interessen hier zählen. Die Antwort liefert allerdings Zündstoff für all jene, die meinen, das Projekt sei ein „Sinnbild für den Ausverkauf Berlins“, und nimmt die letzten Hoffnungen auf ein gutes Ende.
 
Der Autor scheitert. Er hofft nun insgeheim, dass David Hasselhoff zur Eröffnung des Gebäudes kommt und sein Gesang auf das Gebaute ähnlich wie 1989 wirkt.

Fotos: Roland Halbe


Zum Thema:

livingbauhaus-berlin.de


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Kommentare

13

auch ein | 03.11.2015 19:16 Uhr

architekt

ist doch ein nettes haus.
wen interessieren die mauerrestchen?
man kann das ja in die lustigen trabbitouren weiter einbauen.

an sich doch ein schönes gebäude!

12

Hr. Vo | 03.11.2015 16:57 Uhr

Po

Ich finde den neuen Grenzturm deutlich komfortabler als die früheren Versionen.

11

ach ja, | 03.11.2015 11:51 Uhr

suche nach frieden...

sollte david jetzt besser "...looking for peace" singen? oder ließe sich im verbliebenen mauerrest abseits des stasi-beladenen investorenprojekts auf dem ehemaligen todesstreifen noch die gefundene freiheit der nachwendezeit sowohl touristisch als auch nachbarschaftlich wertvoll thematisieren und aufbereiten?

10

Berlina | 03.11.2015 10:35 Uhr

Living bauhaus

In meiner Erinnerung hatte der Inverstor das Projekt auch unter dem Motto: " Living Bauhaus" beworben und so den historischen Kontext noch um ein "Level" erweitert .

Damit wären die suggestiven Chiffren dann komplett:
Living - Todesstreifen - Stasi - Mauer - East Side - Bauhaus - Mediaspreeversenken ...

9

fabrik3 | 03.11.2015 10:16 Uhr

der berlin tourist

hat sich einen bärendienst geleistet.

das weiße schrecklich steht nämlich direkt vor der sicht auf den alexturm, wenn mann mitten auf der oberbaumbrücke steht. tschüss mit dem bild, dass fast jeden film über oder mit berlin anfangen oder enden lässt.

wenn man länger auf der brücke steht und sich das gebäude anschaut fällt einem auf, dass die verschiebungen der geschosse und die proportionen einfach nur schlecht sind.

und wenn ich mir vorstelle, dass zu den ganzen touristen die sowieso in xberg und fhain umherschwirren nooch die ausgesuchten bewohner aus dem ll und den nachbargebäuden kommen dann bin ich mir sicher, dass dies nicht ein beitrag zu einem zukunftsfähigen stadtleben ist. denn die bewohner des ll sitzen im 12.og am flügel ergötzen sich an der aussicht, während unten die schlechtbezahlte security auf den suv aufpasst und darauf, dass "gestalten", die "verdächtig" erscheinen. sich nicht zu sehr dem suv und der aussicht nähern..

8

matthias | 03.11.2015 09:41 Uhr

"Ich finde das Gebäude fügt sich sehr schön ein und harmoniert hervorragend mit dem Todesstreifen"

großartig. und dabei hatte meine tochter beim frühstück schon einen brillanten lacher gelandet.

7

Arne | 03.11.2015 07:05 Uhr

Bloss nicht

diesen verherrlichenden Umgang mit Denkmälern. Wenn die Mauer heute einer Zufahrt im Wege steht, dann macht man ein Loch rein.
Das ist jetzt möglich und hat viel mehr Bedeutungswert als das Denkmal Mauerrest.

6

maestrow | 02.11.2015 20:07 Uhr

Erweiterung der Nutzungsbandbreite am Spreeufer

freilich ist es fast unmöglich, eine sachliche Kritik über dieses aus allen Planungsrudern gelaufene Projekt zu verfassen. Dennoch wäre es vielleicht doch eine Überlegung wert, anstatt dem Gerede der Architekten von der "Erweiterung der Nutzungsbandbreite am Spreeufer" Raum zu geben, etwas genauer auf das Totalversagen der Stadtplanung hinzuweisen. Jetzt bleibt nur ein neuer Grand Prix um das hässlichste Gebäude Berlins: Here come the results from Friedrichshain: LL: douze points.

5

Kreuzberger | 02.11.2015 19:11 Uhr

Wo ist die Stadtplanung?

Es ist schlimm, wenn Politiker in Amt und Würden ein Projekt als "meistgehasst" bezeichnen, vollkommen unabhängig davon, ob es ein gutes Projekt ist oder nicht. Damit verhindern sie jede sachliche Auseinandersetzung. Herr Schulz impliziert sogar eine Rechtfertigung dieses Hasses, der sich ja auch in Gewalttaten äußert (Farbbeutel etc.), und bewegt sich damit außerhalb des demokratisch akzeptablen Rahmens. Herr Schulz hatte als Baustadtrat und Bezirksbürgermeister über viele Jahre hinweg Möglichkeiten, solche Projekte über eine gute Bauleitplanung zu verhindern und hat dies versäumt. Nun solche Reden zu schwingen - er war meines Wissens auch auf der Demo - ist nicht nur opportunistisch sondern auch heuchlerisch und sagt einiges über die Rolle der Politik bei Planungen in Berlin. Dieser Aspekt kommt in dem Beitrag viel zu kurz.
Die Kritik an dem Gebäude teile ich weitgehend. Halt ein durchschnittliches Investorenprojekt. Davon werden wir noch viele bekommen, denn mit städtebaulicher Weitsicht der Politik (siehe oben) ist es nicht weit her. Wird zur Zeit auch nicht besser.

4

Jens Andreae | 02.11.2015 18:05 Uhr

bitte fundierte Kritik anstelle der Parolen

Einem Satz stimme ich zu: Der Autor scheitert. Dabei wäre ein wirklich fachlicher Kommentar in diesem Fall ohne Schwierigkeiten möglich gewesen, ganz ohne die ermüdende Schwarzmalerei der Mediaspreeversenker wiederzukäuen. Auch ich sehe hier keinen großen Beitrag zur Baugeschichte Berlins, eine Katastrophe aber ebenso wenig.

3

eon | 02.11.2015 17:21 Uhr

...

Friede den Hütten, Krieg den Palästen!

2

Friedrich Hain | 02.11.2015 16:07 Uhr

nett

Ich finde das Gebäude fügt sich sehr schön ein und harmoniert hervorragend mit dem Todesstreifen. Die Fassade kommt subtil kreativ angehaucht daher und die blinkende LED-Dönerladen Reklame auf dem Dach sorgt für entsprechende Ausleuchtung der 2 Mio. Penthouse Wohnung. Die outgesourcte Garage (bei Mercedes im EG) finde ich super gelöst und zeugt von einer guten Nachbarschaft (wo hat man das heutzutage noch).

Spästens, wenn die nächste größte bessere Mall of Berlin auf dem Nachbargrundstück, das geplante Hotel auf der unnötigen Freifläche an der Spree, die lang ersehnte Spreeverkleinerung und endlich ein Zaun um die restlichen 4,50m East Side Gallery (mit Eintritt natürlich) gezogen werden, versteht man das (Berlin verkauft sich selbst) Gefüge.
Ich hoffe, dass the Hoff das noch erleben darf. Tschakka!

1

Pekingmensch | 02.11.2015 16:05 Uhr

Hoch

Städtebaulich sehr fragwürdig! Das Schöne an Hochhäusern ist ja, dass man das Wasser (in diesem Fall der Spree) auch dann sehen kann, wenn es ein bisschen weiter weg ist. Es ist also keineswegs notwendig, den Wohnturm direkt an den Fluss and damit direkt neben die Mauer zu bauen, um den Immobilienwert zu maximieren. Man hätte neben der East Side Galllery niedrig(er) bauen koennen, und in der zweiten Reihe dann höher - wenn's denn unbedingt sein muss. Der Vorwurf ist insofern nicht dem Architekten und dem Investor zu machen, sondern dem Verfasser der städtebaulichen Planung und der Behörde, die das Ganze eilfertig abgesegnet hat.

 
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