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22.03.2012

Warschau, Kiew, Fußball-EM

Zwei Stadien von gmp fertig


Die Hamburger Zentrale von gmp Architekten von Gerkan Marg und Partner meldet die Fertigstellung von zwei Stadien für die Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine. Das Nationalstadion Warschau ist Ende Januar 2012 in Betrieb gegangen, das Olympiastadion Kiew ist bereits im November 2011 fertig geworden. Für beide Stadien liegen jetzt neue Fotos vor.

Für den Neubau des Polnischen Nationalstadions in Warschau wurde 2007 ein internationaler Architekturwettbewerb ausgeschrieben, den gmp als Entwurfsverfasser zusammen mit J.S.K. Architekci, Warschau, und Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart, für sich entscheiden konnten.
 
Der Neubau befindet sich auf dem Erdwall des Dziesiciolecia–Nationalstadions, der aus Bauschutt des 2. Weltkriegs 1955 errichtet wurde. Die Revitalisierung dieses Gebiets als Sportpark mit dem ‚neuen‘ Nationalstadion stellt nicht nur für Warschau, sondern für ganz Polen einen Meilenstein seiner nationalen Identität dar.
 
Etwa zwei Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, liegt das Stadion an der Weichsel in einem von Grünflächen, Sportplätzen und Bäumen geprägten Park. Die Anbindung des Stadions an die Stadt erfolgt über eine axial ausgeprägte, mehrspurige Ausfallstraße.

Durch die Auflage der Stadt, den bestehenden Schuttwall mit möglichst geringen Eingriffen zu überbauen, wurde der Neubau mit seinen beiden Untergeschossen in die Walltopografie eingefügt, ohne das Niveau der Wallkrone oder das des bisherigen Spielfelds zu verändern. Hierdurch konnten die Zuwegungen, die Geometrie des Walls und die beiden Erschließungstunnel in das Stadion erhalten und in den Neubau integriert werden.
 
Die Dualität von massivem historischem Sockel aus Naturstein und dem Neubau aus Stahl, Glas und PTFE-Membran, der von außen sichtbar erst an der Wallkrone beginnt, verleiht dem Fußballstadion für 55.000 Zuschauer seine Identität.
 
Das Dachtragwerk erweitert das bekannte Speichenradprinzip um wesentliche Aspekte. Durch die Anordnung nur eines Druckrings am äußeren Dachrand und die Umlenkung der Seilkräfte am oberen Ende der Schrägstützen über die Fassadenelemente in den Baugrund wird eine optimale Verteilung der Kräfte erreicht: Das Kragmoment des Dachs wird durch ein horizontales Kräftepaar aufgenommen. Die beiden Kräfte wirken auf den Druckring, aber auch auf die Pfahlgründung. Während sich der äußere Dachrand im Grundriss als harmonisch fließende Kurve darstellt, orientiert sich der Rand des festen Dachs an der Spielfeldgeometrie; möglich wird das durch die Einbindung der Tragstruktur des wandelbaren Innendachs. Dazu werden achsweise nach oben führende Seile angeordnet, die die Lasten aus der leichten, faltbaren Membran aufnehmen. Die von vier Seilen getragene Mittelstütze dient neben dem Lastabtrag auch zur Aufhängung der zentralen Videowände und als „Parkgarage“ des Innendachs.
 
Ein weiteres Erkennungsmerkmal ist die aus Streckmetallpaneelen gewobene Fassade in den polnischen Nationalfarben Rot und Weiß. Diese transluzente Schicht vereinheitlicht die unterschiedlichsten Bereiche innerhalb des Stadions zu einer Großform. Die gegeneinander verwobenen Fassadenelemente ergeben auch bei schwachem Lichteinfall ein reiches Spiel an Licht und Schatten. Nachts wird diese Fassade durch die integrierte Beleuchtung in ihrer Farbigkeit und Erkennbarkeit betont.

Das Olympiastadion Kiew wurde von gmp nach einem Gutachterverfahren im Jahre 2008 in Arbeitsgemeinschaft mit dem Architekturbüro Y. Serjogin gebaut. Tragwerksentwurf und -planung des Daches stammen wiederum von Schlaich Bergermann und Partner.

Das Stadion blickt auf eine bewegte Umbaugeschichte zurück: Anlässlich der zweiten gesamtukrainischen Olympischen Spiele war am 12. August 1923 das sogenannte „Rote Stadion“ auf dem Gelände des Alkseevsky-Parks in Kiew eröffnet worden. In den folgenden Jahrzehnten sollte dieses Stadion mehrfach seinen Namen wechseln. 1936 wurde mit der Neuplanung eines 50.000 Zuschauer fassenden Stadions durch den Architekten M. I. Grychyna begonnen. Die Eröffnungsfeierlichkeiten waren für den 22. Juni 1941 vorgesehen, fielen aber wegen der Invasion der deutschen Truppen in die Sowjetunion aus. Die Eintrittskarten behielten ihre Gültigkeit und ermöglichten die Teilnahme an der Eröffnungsfeier für das „Stalin Republikanskiy Stadion“ im Jahr 1948.

Die große Eröffnungsveranstaltung der Olympischen Spiele 1980 fand in dem bereits 1968 auf eine Besucherkapazität von 100.000 Zuschauern erweiterten „Republik-Stadion“ statt. Auf dieses Ereignis und den nach der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1991 erlangten Nationalstatus bezieht sich der heutige Name des Stadions „National Sports Complex Olympiysky“.

Auch der Umbau des Olympiysky-Stadions zum Endspielstadion der Fußballeuropameisterschaft 2012 steht im Fokus des öffentlichen Interesses. Der neue Entwurf zur Rekonstruktion des Stadions respektiert die historische Bausubstanz mit ihrer signifikanten filigranen Spannbeton-Oberrangtribüne aus dem Jahr 1968, indem das Tragwerk der neuen Dachkonstruktion losgelöst mit Abstand vor der bestehenden Tribünenschüssel angeordnet wird. Dieser markanteste Teil des „Kiewer Central-Stadions“ aus dem Jahr 1968 wird daher von einer neuen filigranen Glasfassade umhüllt und – wie in einer Glasvitrine ausgestellt – durch die Illumination ins rechte Licht gesetzt.

Auch der sich aus der Hanglage des Stadions im Westen ergebende Sockelbaukörper des „Stalin Republikanskiy Stadions“ aus dem Jahr 1948 wurde bei der Rekonstruktion in abgewandelter Form wiederhergestellt. Die über Freitreppen erschlossenen Besucherterrassen bieten Raum für Gastronomie und Einzelhandel.

Die Unterrangtribüne wurde in ihrer Geometrie den Sichterfordernissen angepasst und vollständig neu konzipiert. Insbesondere im Westen des Stadions, unterhalb der Haupttribüne, wurden umfangreiche Räumlichkeiten für VIP-Gäste, Pressevertreter und Sportler geschaffen. Durch den Einbau einer Leichtathletiklaufbahn nach Abschluss der Fußball-EM 2012 werden die Nutzungsmöglichkeiten des Stadions erweitert.

Der Hauptzugang für VIP-Gäste erfolgt über den sogenannten „Italienischen Hof“, einer Rekonstruktion des Empfangsgebäudes aus dem Jahr 1948, der – arkadenumsäumt und mit einem Glasdach überdeckt – zum Vestibül für das Endspiel 2012 wird.

Der gläserne, nachts leuchtende Baukörper des Stadions wird zur städtebaulichen Landmarke im Gefüge des Stadtzentrums von Kiew. Auch der Innenraum des Stadions mit Sitzplätzen für 68.000 Menschen erhält durch seine filigrane, mit Luftstützen und Lichtkuppeln ausgestatte Membrandachkonstruktion seine eigene Identität.


Video:



Zum Thema:

Im Video erklärt Volkwin Marg den Entwurf für das Nationalstadion in Warschau. Die Videoreihe ARCHlab ist eine Koproduktion von BauNetz und Prounen Film, mit freundlicher Unterstützung des Goethe Instituts und der Firma GIRA. Alle Videos sind wahlweise in Originalfassung oder mit deutscher und englischer Synchronisation abrufbar. Mehr Filme gibt es hier.


Zu den Baunetz Architekt*innen:

gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner


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