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22.05.2023

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Umbau jetzt!

Zum Deutschen Pavillon in Venedig 2023


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Der Deutsche Pavillon in Venedig 2023 kommt als Materiallager und Werkstatt daher. Unter dem Titel „Open for Maintenance. Wegen Umbau geöffnet“ verweisen die Kurator*innen auf die materielle und soziale Verantwortung aller Planungsbeteiligten. Ihre Botschaft: Wir haben schon mal angefangen.  

Von Friederike Meyer


Es ist voll und laut im Deutschen Pavillon. Holzlatten, Rohre, Aluminiumprofile, Platten und Planen füllen den Boden. Sorgfältig sortiert nach Größe und Farbe. Aus den Werkstätten zu beiden Seiten dringen Hammer- und Sägegeräusche. Schnell wird klar: Der Beitrag „Open for Maintenance. Wegen Umbau geöffnet“ liefert keine daten- und bildbasierte Sicht auf einen Ausschnitt der Welt, wie es viele Pavillons auf der Biennale tun, und auch keine Best-Practice-Sammlung im Sinne einer deutschen Leistungsschau, wie sie das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen lange Zeit wünschte.

Die Botschaft ist eine andere: Wir wissen längst, was zu tun ist, wir müssen nur anfangen. Erhalten, reparieren, neu zusammenfügen – dafür hat das kuratorische Team von ARCH+, Summacumfemmer und Buero Juliane Greb den Deutschen Pavillon zum Materiallager und Arbeitsort erklärt, samt Teeküche, Wickeltisch und der ersten ökologisch korrekten Toilette auf dem gesamten Ausstellungsgelände.

Im November 2022, noch bevor die Künstlerin Maria Eichhorn, deren Beitrag für die Kunstbiennale die Überformung des Pavillons durch die Nazis in den 1930er Jahren sichtbar gemacht hat, ihre Arbeit „rückbauen“ konnte, begann die Arbeit von Anne Femmer, Franziska Gödicke, Juliane Greb, Christian Hiller, Petter Krag, Melissa Makele, Anh-Linh Ngo und Florian Summa. Sie haben gesammelt, was im Schuttcontainer gelandet wäre, und so den Ansatz des früheren Biennale-Kurators Alejandro Aravena aufgegriffen, der 2016 mit einer Installation aus Trockenbauresten im Arsenale an die Materialverschwendung der Biennalen erinnerte.
 
Studierende, Handwerker*innen und Azubis aus ganz Europa werden diesen Sommer im Rahmen des Werkstattprogramms „Maintenance 1:1“ im Pavillon arbeiten und voneinander lernen. Bis zum Ende der Architekturbiennale soll das Material weiterverwertet sein, dort, wo es gebraucht wird, in den Häusern von Venedig zum Beispiel. Denn auch das gehört zum Konzept: maximale Vernetzung. Mit der Initiative Rebiennale zum Beispiel, die schon seit Jahren versucht, den immensen Abfall der Biennalen für die Stadt weiterzuverwerten, oder mit Assemblea Sociale per la Casa, die sich um leer stehende öffentliche Wohnungen kümmert, oder mit Concular, die das gesammelte Material in ihre digitale Datenbank aufgenommen haben, mit dem CRCLR House in Berlin, das ein Brettspiel zur Vermittlung des zirkulären Bauens entwickelt hat, mit Constructlab sowie den Berliner Initiativen Kotti & Co und dem Haus der Materialisierung.
 
Je länger man die Details der Räume auf sich wirken lässt, desto deutlicher werden die vielen Ebenen und Anspielungen, die im Konzept verwoben sind. Mal erinnert die Szenerie an ein Bühnenstück (wenn viele gut gekleidete junge Menschen Stoffreste falten oder an der Werkbank sägen), mal an eine Kunstinstallation (wo die Teppichresterollen nach Farben sortiert an die Wand gelehnt sind oder Texttafeln Hintergründe erklären), mal an eine Baustelle fernab der Zivilisation (wo ein provisorisch eingerichteter Tisch aus Bauresten, ein Waschraum und eine Teeküche als Grundausstattung den Zusammenhalt des Teams stärken sollen).
 
Wer einen Oneliner erwartet, könnte den Eindruck gewinnen, die Kurator*innen haben den Pavillon mit deutscher Gründlichkeit überfrachtet. Man kann aber auch sagen, sie inszenieren ihr Thema mit bemerkenswerter Konsequenz. Denn „Open for Maintenance. Wegen Umbau geöffnet“ greift weit über die Materialfrage hinaus. So liefern die rollstuhlgerechte Rampe vor dem Eingang, der Wickeltisch oder das genderneutrale Urinal Hinweise darauf, was es im Sinne einer inklusiven Gesellschaft vielerorts zu verändern gilt. Schließlich nahm auch die Eröffnungsparty am vergangenen Freitag das Thema ernst: Sie fand als Nachbarschaftsfest auf der Insel Giudecca statt.


Zum Thema:

archplus.net/de/open-for-maintenance


Auf dem Baunetz-Instagram-Kanal erklären Petter Krag und Florian Summa das kuratorische Konzept.


Mehr über das Konzept, das Maintenence 1:1 Programm und Fachliteratur über die Biennale auf baunetz CAMPUS

Alle Meldungen zur aktuellen Architekturbiennale finden sich übersichtlich auf unserer Sonderseite.


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Kommentare

9

Matthias Klose Studio | 28.07.2023 07:08 Uhr

Leider nur "Arch-".

Bitte einmal mit

Pierre Huyghe, „Untilled“, 2012, dOCUMENTA (13), Kassel

vergleichen!

Leider nur "Arch-".

8

Matthias Klose Studio | 27.07.2023 14:06 Uhr

viel Kuratorium hilft nicht viel

Für mich wirkte der Deutsche Pavillon wie eine etwas seltsame nachgeahmte Arbeit von Pierre Huyghe - nur für Architekturinteressierte. Eben dem ganzen Thema etwas Lebendiges einflößen, was dieser Bereich nur selten entwicklen kann. So wie die Arch+ selbst eher wie der Möbelladen minimum aus Berlin anmutet und sich als reine Selbstdarstellung ständig selbstverliebt spiegelt.

7

auch ein | 26.05.2023 14:17 Uhr

lauch

@#6 stimme zu. Ein Beitrag könnte dann bspw. sein - national - wie auch international - eine realitätsnahe Auseinandersetzung der schaumstoffarchitekturen in all ihren konstruktiven, gestalterischen, gesellschaftlichen, kapitalwirtscjaftlichen, ökologischen, baulogistischen usw Themen um aus dem realitätsdilima eine wirkliche Vision einer besseren welt zu summieren, aufmerksamkeitsmachend auf all den massenhaften scheiss der in unserer branche und gebauten umwelt die in täglicher dosis die vermüllung von morgen darstellt. Baut aus dem deutschen Pavillon einen schaumstofftempel, lasst die Besucher den stickigen Raumaufteilung spüren, riechen, erleben, die stumpfen Oberflächen ertasten und sinnlich und visuell in den Köpfen eine neue Welt erschaffen...

6

Lars K | 23.05.2023 17:14 Uhr

...relevanz?...

Ist es denn relevant? Der mühsame Versuch, innerhalb einer Institution wie der Biennale eben diese zu dekonstruieren, na gut, schön schön, aber GELINGEN kann das doch im umzäunten Biennale-Gelände nicht. Oder?

Und: Ist diese endlose Selbstreflexion ein "deutscher Beitrag"?

Vielleicht bin ich altmodisch, aber statt dieser von Anfang an zahmen Rebellionsgestik fand ich die Biennalen interessanter, als wenigstens versucht wurde, das aktuelle Architekturgeschehen im jeweiligen Land abzubilden. Inzwischen schlendere ich durch die Länderpavillons und frage mich, in welchem ich eigetnlich gerade bin. Wenn man also Beiträge wie den deutschen dieses Jahr konsequent zu Ende denkt, sollte man die Nationenpavillons insgesamt schließen. Schluss mit national begrenzter Repräsentation, her mit den Initiativen und Aktionisten, egal woher.

5

arcseyler | 23.05.2023 14:40 Uhr

.......

Diese geordnete Zerlegung im Verhältnis zur letztjährigen Kunstbiennale ist an sich eine perspektivische Raumzeit- de- konstruktion, ein Entwurf eines Gesamtzusammenhangs.

Man entwirft immer den Gesamtzusammenhang, Himmel und Erde.

4

Thomas S. | 23.05.2023 11:33 Uhr

Architekturbienn*alle

Es ist ähnlich zu dem Konzept des japanischen Pavillions von 2021 nur das hier live DIY-Bastelworkshops laufen.

Fein säuberlich geordnetes, inventarisiertes Material (dort) eines Abbruchhauses von 1954 als Ausstellungsobjekte und teilweise Wiederverwendung für Stellwände und Bänke.

Aber noch einen "kleinen" Unterschied gibt es hier - das Hauptausstellungsstück als wirklich gute Repräsentation, das Urin*alle.

3

press | 23.05.2023 07:50 Uhr

Ähnlichkeit zu Japan

Es ist eine Bestätigung der eigenen Wissenheut

2

schlawuki | 22.05.2023 19:45 Uhr

@1..

ist das eine frage oder nur eine bestätigung der eigenen unwissenheit ?

1

press | 22.05.2023 17:11 Uhr

Ähnlichkeit zu Japan

Es ist also fast genau das gleiche Konzept, das man auf der letzten Biennale im Japanischen Pavillon sehen konnte, oder?

 
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Den Deutschen Pavillon auf der Architekturbiennale in Venedig 2023 ...

Den Deutschen Pavillon auf der Architekturbiennale in Venedig 2023 ...

... hat das kuratorische Team Christian Hiller, Melissa Makele, Anne Femmer, Petter Krag, Juliane Greb, Anh-Linh Ngo, Franziska Gödicke und Florian Summa (v.l.n.r., v.o.n.u.) ...

... hat das kuratorische Team Christian Hiller, Melissa Makele, Anne Femmer, Petter Krag, Juliane Greb, Anh-Linh Ngo, Franziska Gödicke und Florian Summa (v.l.n.r., v.o.n.u.) ...

... zum Materiallager ...

... zum Materiallager ...

... und zum Arbeitsort erklärt.

... und zum Arbeitsort erklärt.

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