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23.07.2013

Der High-Tech-Pate

Zum 80. Geburtstag von Richard Rogers


Wenn Richard Rogers auf seinen ehemaligen Partner Renzo Piano trifft, umarmen sich die beiden Männer herzlich und schwatzen munter auf italienisch miteinander. Denn Lord Rogers of Riverside ist ein gebürtiger Italiener – Rogers wurde 1933 in Florenz geboren. 1938, Richard war gerade fünf Jahre alt, zog die Familie wegen antijüdischer Gesetze im faschistischen Italien nach Großbritannien. Sein Onkel zweiten Grades, Ernesto Nathan Rogers, siedelte im selben Jahr in die Schweiz um. Ernesto Rogers war das „R“ im Büro BBPR, das mit der Torre Velasca schon 1959 die Prä-Postmoderne nach Mailand holte.

Zurück zu Richard, der heute seinen achtzigsten Geburtstag feiert: Als Junge hatte er zunächst Schwierigkeiten mit der Schule in England, zumal er an einer Lese-Rechtschreibschwäche litt. Nach erfolgreichem Schulabschluss 1951 und zweijährigem Militärdienst in Triest entschied er sich, nicht Arzt zu werden wie der Vater, sondern Architekt wie sein berühmter Onkel. Richard studierte 1954-59 an der AA in London, dann 1961 bis zum Master an der Yale School of Art and Architecture.

In seinem ersten Büro Team 4 in London arbeiteten er, Norman Foster und die Ehefrauen beider Architekten 1963-69 in einer Partnerschaft zu viert. 1969 tat sich Rogers mit Renzo Piano zusammen. Mit dem Wettbewerbsgewinn und dem Bau des Centre Pompidou in Paris (1971-77) wurden die beiden Architekten weltberühmt – zu Recht.

Im Centre Pompidou ist all das schon zu sehen, was man später als „High-Tech-Architektur“ bezeichnet hat – eine Richtung, die daraufhin maßgeblich von Rogers und seinem ehemaligen Partner Foster weltweit verbreitet wurde. Tragende Bauteile und die gesamte Haustechnik bis hin zu den berühmten Rolltreppen sind beim Centre Pompidou nach außen gekehrt. Das war nicht nur „Markenzeichen“, sondern folgte einer simplen Nutzungsanforderung: Die Etagen sollten komplett stützenfrei zu bespielen sein. Daher sind die Geschossdecken an gewaltigen, außen sichtbaren Fachwerkbindern abgehängt.

Auch ein „demokratischer“ Ansatz wohnte dem „Centre“ inne: Der Besuch der Kunst- und Kulturmaschine sollte niedrigschwellig sein; daher waren die Rolltreppen bis aufs Dachgeschoss ursprünglich für jedermann ohne Kontrolle und Ticket zugänglich.

Die bedeutendste Errungenschaft des „Beaubourg“ ist jedoch eine städtebauliche: Als riesiger, farbig funkelnder Fremdkörper in dem historischen Gassengewirr des alten Paris, mit einer großen, öffentlichen Freifläche davor, ist das Centre Pompidou Magnet und Motor mit Ausstrahlung auf die ganze Stadt. Wenn sich in Paris Jugendliche aus aller Welt mit Gitarre und Weinflasche zwanglos treffen, geschieht dies vor dem Centre Pompidou. Mit seiner aufreizenden Andersartigkeit kann man das Bauwerk als den Eiffelturm des 20. Jahrhunderts bezeichnen – der in heutigen Retro-Zeiten übrigens keinerlei Chance hätte.

Den High-Tech-Ansatz perfektionierte Rogers, der ab 1977 sein Büro allein führte, weiter – so beim bekannten Lloyd's Building in London (1978-86). In jüngerer Zeit sorgten der Millennium Dome in London (1999), das Terminal 4 des Flughafens Madrid-Barajas (2006) und das Terminal 5 des Flughafens Heathrow (2008) für Aufsehen. Das Büro firmiert seit 2007 als Rogers Stirk Harbour & Partners. 2007 wurde schließlich das Lebenswerk des Architekten mit dem Pritzker-Preis geehrt. (-tze)


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Centre Pompidou (Foto 2013)

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Centre Pompidou (Foto 2007)

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Lloyd's Building


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