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23.01.2018

Buchtipp: München

Wohnungsbauten von Otho Orlando Kurz (1881-1933)


Seit einigen Jahren beschäftigen sich die beiden Münchner Architekten Sebastian Multerer und Julian Wagner mit dem Werk von Otho Orlando Kurz (1881-1933). Dieser realisierte in der angespannten Wohnsituation im München der Zwanzigerjahre fast 50 Wohnbauten. Bis heute prägen sie das Stadtbild entscheidend mit. Im Vergleich zu anderen Architekten seiner Zeit ist Kurz heute wenig bekannt. Multerer und Wagner wollen das ändern. Im Rahmen ihrer Assistententätigkeit an der TU München halten sie Vorträge zu seinem Werk, organisieren Stadtspaziergänge und lassen die Studierenden Zeichnungen der Wohnhäuser von Kurz anfertigen. Nun haben sie ein Buch zum Werk des Architekten herausgebracht. 

Auch wenn sich die Diskussion der „Wohnungsfrage“ momentan in München zu überschlagen scheint, so ist Wohnungsnot doch ein altbekanntes Problem. Blickt man zurück in die Zehner- und Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts, so litt die Stadt bereits damals unter einem enormen Zuzug an Bewohnern. „Hier schreit am lautesten die Wohnungsnot“, schreibt 1921 der Schriftsteller und Kabarettist Joachim Ringelnatz in der Weltbühne. Die daraus resultierende Spekulation um Grundstücke und Gebäude verhält sich mehr oder minder äquivalent zur aktuellen Situation. Die Stadt München, die in ihrer Entwicklung immer schon eine gewisse Trägheit besitzt, legt hier eine bemerkenswerte Kontinuität an den Tag.

Im Jahr 1908 beginnt Otho Orlando Kurz seine Arbeit als Architekt. 1881 in Florenz als Sohn eines deutschen Bildhauers geboren, lebt er ab 1893 in München. Zusammen mit seinem Partner Eduard Herbert, dem die Rolle des ausführenden Architekten zufällt, entwirft und erstellt er in 25 Jahren zahlreiche Bauten unterschiedlichster Nutzung in und um München. Dabei reicht das Spektrum vom Kirchen- bis zum Kraftwerksbau. Die fast 50 Wohnbauten bilden den Schwerpunkt im Werk von Kurz.

Über die Jahre verändert sich vor allem der Umfang der Projekte, vom städtischen Wohnhaus als Teil des Blockrands über Wohnhausgruppen bis hin zu Großwohnbauten, die versuchen, dem eingangs erwähnten Wohnungsmangel Rechnung zu tragen. Ein entscheidender Punkt unterscheidet jedoch das München von damals und heute, trotz der vergleichbar angespannten Ausgangssituation. In München ist es ab 1904 anhand des stadtplanerischen Werkzeugs des Staffelbauplans von Theodor Fischer möglich, einen stadträumlichen Mehrwert zu gewährleisten. Die heutigen Quartiersentwicklungen schaffen es oftmals nicht, an die Qualität der Stadtraumbildung von damals anzuknüpfen.

Obwohl Kurz wie viele seiner Zeitgenossen eine Entwicklung im Ausdruck seiner Bauten vom Historismus hin zur Reduktion der Moderne vollzieht, gelingt es ihm, ein relativ selbstständiges Vokabular zu entwickeln. Die feinen architektonischen und stadträumlichen Justierungen zeichnen vor allem die späteren Bauten aus und verankern diese in der kollektiven Wahrnehmung des Stadtbildes. Ganz selbstverständlich prägen sie den städtischen Raum, ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Die meisten Wohnbauten sind erhalten und rücken sowohl in der stadträumlichen Debatte als auch in Bezug auf ihre Wohnqualität heute wieder in den Fokus. Die Arbeit von Otho Orlando Kurz besitzt somit immer noch Relevanz im Hinblick auf die aktuellen Fragen des zeitgenössischen Wohnungsbaus.

Text: Sebastian Multerer und Julian Wagner

Fotos: Sebastian Schels / PK-Odessa


Otho Orlando Kurz


Sebastian Multerer, Julian Wagner
Mit Fotografien von Sebastian Schels / PK-Odessa
Grafik: 2xGoldstein
Park Books, Zürich 2017
160 Seiten, 38 Euro
ISBN 978-3-03860-073-2


Zum Thema:

www.othoorlandokurz.de


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Mietshausblock Schleißheimer Straße / Karl-Theodor-Straße, München-Milbertshofen, 1930

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