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21.01.2025

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Nürnberger Mischung

Wohnquartier von Behles & Jochimsen


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Um dringend benötigten Wohnraum zu schaffen, weichen viele Städte auch auf Flächen aus, deren Nutzung einmal anders geplant war. So etwa bei diesem Projekt in Nürnberg, für das der Bebauungsplan aus den 1970er Jahren angepasst wurde. Ursprünglich war für das südwestlich der Innenstadt gelegene Grundstück eine offene Bebauung mit geringer Dichte vorgesehen. Genutzt werden sollte diese für die öffentliche Verwaltung. Knapp 45 Jahre später beauftragte die Stadt stattdessen die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Siedlungswerk Nürnberg mit der Realisierung eines neuen Wohnviertels.

Entstanden ist ein dichter bunter Block mit Wohnungen, Büros, einer Kindertagesstätte, einem Parkhaus und einem Blockheizkraftwerk. Entworfen wurde das Regensburger Viertel von Behles & Jochimsen (Berlin), die 2016 einen begrenzt offenen städtebaulichen Wettbewerb zusammen mit TOPOS (Berlin) gewannen und anschließend einen städtebaulichen Masterplan für das 3,9 Hektar große Areal entwickelten. Im weiteren Verlauf planten TOPOS die Außenanlagen, GAPP aus München verantworteten die Ausschreibung und Oberbauleitung. Nach der Vergabe übernahmen Behles & Jochimsen außerdem die Ausführungsplanung im Auftrag des Generalunternehmers Max Bögl. Insgesamt wird ein Gesamtinvestitionsvolumen von rund 141 Millionen Euro angegeben.

Vor allem auf den Luftbildern hebt sich die neu bebaute Fläche kontrastreich ab. Die fremdartige Wirkung des dichten bunten Blocks ergibt sich nicht zuletzt durch die Lage des Grundstücks, das zwar infrastrukturell gut angeschlossen ist, aber städtebaulich isoliert zwischen Wald, Gewerbegebiet und Bahntrasse liegt.

Südlich der Gleise befindet sich außerdem das Reichsparteitagsgelände, das von Albert Speer entworfen wurde. Letzterer verantwortete auch die Planung der östlich an das Regensburger Viertel angrenzenden Bebauung. Dabei handelt es sich um 1939 errichtete Unterkünfte der Deutschen Arbeitsfront (DAF) für die auf dem Reichsparteitagsgelände tätigen Arbeiter. Da zwei der langgestreckten Giebelbauten auf dem neu bebauten Grundstück liegen, wurden diese in den Block integriert. Die denkmalgeschützten Häuser sollen später ebenfalls in Wohnungen umgewandelt werden.

Insgesamt umfasst das neue Viertel eine Bruttogrundfläche von 62.700 Quadratmetern. Es besteht aus vier Blöcken mit 35 Häusern, die in der Mitte einen kleinen Platz ausbilden. Die Häuser, eines davon ein Elfgeschosser, wurden typenweise ausgebildet – zum größten Teil als Dreispänner mit vorgelagerten Balkonen. Diese verfügen in den Regelgeschossen über zwei Dreizimmer- und eine Zweizimmerwohnung sowie im Erdgeschoss über zwei Vierzimmerwohnungen. 170 der 381 Einheiten wurden als sozialer Wohnungsbau umgesetzt.

Durch unterschiedliche Höhen und Farben, Knicke in den Baufluchten, Gassen, Höfe und Tore soll der Eindruck einer gewachsenen Stadt entstehen. In jedem Block gibt es einen begrünten Hof, der durch Lücken und Passagen mit den anderen Freiflächen verbunden ist. An dem kleinen Platz befinden sich Geschäfte sowie die Kita mit Familienzentrum, die eine Fläche von rund 1.100 Quadratmetern einnimmt.

Das Viertel wurde verkehrsberuhigt und weitgehend autofrei angelegt. Eine Ringstraße, die die gesamte Bebauung von außen einfasst, dient der Erschließung. Stellplätze befinden sich im Parkhaus und in einer Tiefgarage unter dem Hochhaus sowie an der Ringstraße. Entlang der Bahntrasse dienen ein Bürogebäude, das Blockheizkraftwerk sowie das sechsgeschossiges Parkhaus als Lärmpuffer.

Eine besondere Herausforderung sei gewesen, trotz steigender Baupreise qualitätvolle und bezahlbare Mietwohnungen zu realisieren, so Behles & Jochimsen. Einfache Baukörper und Konstruktionen, die Modularisierung der Grundrisse und die Standardisierung vieler Bauteile seien hilfreich gewesen, um Kosten zu reduzieren. Der Rohbau besteht aus einem Kalksandstein-Mauerwerk und Fertigteildecken. Im Gegenzug sei dadurch ein im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus hoher Standard bei Fassaden und Ausbau möglich gewesen.

Zum größten Teil kam ein Wärmedämmverbundsystem mit mineralischem Dickputz zum Einsatz. Die Wandflächen erhielten einen grobkörnigen, durchgefärbten Edelkratzputz, die breiten Fensterfaschen eine feine, gefilzte Struktur. Die Fassaden der Torhäuser sowie sämtliche Hauseingänge und die erdgeschossigen Passagen wurden mit Klinkerriemchen verkleidet. Im Inneren prägen Türen aus Holz und Böden aus lokalem Naturstein die Treppenhäuser. (dsm)

Fotos: Marcus Bredt


Zum Thema:

Mehr zu Kalksandstein-Mauerwerk gibt es im Themenportal „Mauerwerk“ bei BauNetz Wissen.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

15

mawa | 24.01.2025 13:46 Uhr

Leerstände

Sogar wenn man mit einem Fingerschnippen den gesamten Büroleerstand in Berlin oder Frankfurt in Wohnungen umwandeln könnte, was natürlich völlig unmöglich und utopisch ist, würde das jeweils etwa zwischen 10.000 und 20.000 Wohnungen schaffen. Die Vorstellung, damit wäre irgendetwas Grundsätzliches am Wohnungsmarkt zu machen, ist eine Illusion.

14

auch ein Kritiker | 23.01.2025 16:02 Uhr

Antworten?

Brauchen wir wirklich solche Quartiere in der Peripherie? Oder sollten wir nicht viel stärker auf Nachverdichtung setzen? Und damit meine ich nicht bloß das Draufsetzen eines zusätzlichen Geschosses auf den Blockrand. Vielmehr sollte die Umnutzung bestehender Büroflächen ernsthaft in den Fokus rücken - Flächen, die z. B. in Städten wie Berlin oder Frankfurt am Main seit Jahren leer stehen. Sollten wir nicht gleichzeitig dafür sorgen, dass es für Investoren unattraktiver wird, weiterhin Büroflächen im Übermaß in bester Lage zu bauen?

13

a.i. | 23.01.2025 13:08 Uhr

Nürnberg baut und baut und baut...

...neue Wohnungen. Mit dem Regensburger Viertel wurde ein mutiger Schritt gemacht. Mit einem stimmigen Farbkonzept, öffentlichen und privaten Freiräumen, einem Parkhaus statt Tiefgarage. und Bus und Bahnanbindung.

#5
Ein Stadtquartier lebt nicht nur von der Architektur, sondern auch von den Bewohnern. Eine Tapete kann ich da wirklich nicht erkennen. Die Baukörper unterscheiden sich in der Höhe, wie auch durch Rücksprünge.

#10
Wo sollen denn bitte solch große Quartiere entstehen? In der Stadt kämpft man mit knappem Baugrund, der zudem teuer ist. Auch innerstädtisch werden neue Quartiere gebaut (Scharrerstraße / Hainstraße).

Was wäre unsere Gesellschaft ohne Murren und Meckern? Wird nichts gebaut, wird sich beschwert das nichts gebaut wird. Wenn was gebaut wird, wird sich beschwert, dass es nicht gut, am falschen Platz, zu einheitlich, zu bunt, usw. ist. Jeder möchte hinsichtlich Architektur mitreden, aber die wenigsten können dies qualifiziert und fachlich.

In diesem Sinne, werte Kollegen: Danke!

12

gratulation | 23.01.2025 09:44 Uhr

Hervorragend!

Ein tolles Beispiel wie man mit einfachen gestalterischen Mitteln und geringem Budget ein lebenswertes und abwechslungsreiches Quartier schaffen kann! Gratulation an das Team von Behles & Joachimsen und die mutige Auftraggeberin für diese gelungene Projekt!!

11

auch ein Kritiker | 23.01.2025 09:24 Uhr

fehler der Vergangenheit

Lasst uns ein Quartier am Rand der Stadt bauen - schließlich hat das in der Vergangenheit ja auch so oft funktioniert. Wir scheinen aus früheren Fehlern nichts gelernt zu haben. In 30 Jahren blicken wir dann auf den neuen Problemstadtteil Nürnberg.

10

reto | 23.01.2025 09:09 Uhr

Super

Eine zuckersüße, disneyeske Simulation von Urbanität im Busch zwischen zwei Autobahnen. Klasse!

9

maestrow | 22.01.2025 15:59 Uhr

Abheben von der Umgebung

es mag einen leicht gruseln, wenn man bedenkt, in welcher "Umgebung" dieser preiswert getünchte Großblock steht. Wie soll dieser bitte in welchem Kontrast zu welcher Umgebung stehen? Die Änderung des B-Plans war hier vielleicht keine wirklich gute Idee. Was bewegte die Stadt dazu, wie sahen das die Architekten? Bitte um Aufklärung über die Motivation und Sichtweisen der Beteiligten! Weniger Architektengeschwurbel, mehr Hintergrund!

8

peter | 22.01.2025 15:42 Uhr

ein wirklich herausragendes projekt

dass typen wie "auch ein architekt" oder "50667" rummosern bestätigt nur die tolle arbeit. mehr davon!

7

auch ein | 22.01.2025 12:05 Uhr

architekt

@4:
"...und die Baukosten auch, da dann ja viele verschiedene Details hätten gebaut werden müssen statt dem immergleichen Fenster in nur anderer Farbe..."

dann hättte man doch besser einen einheitlichen GUTEN baukörper hingestellt...
aber , das hören architekten nicht gerne..., ist geschmackssache

6

auch ein | 22.01.2025 09:54 Uhr

troll

bei so viel hetze die untenstehender kollege bei fast jedem beitrag verbreitet, könnte man fast schon auf die idee kommen, der kreml versucht sogar im baunetz unmut zu schüren

wenn deine kommentare tatsächlich enrst gemeint sein sollten, tut es mir leid dass du so verbittert bist

5

50667 | 22.01.2025 09:43 Uhr

Der städtebauliche Ansatz....


....ist grundsätzlich sehr gut...aber in der zwar sehr sauber geplanten Umsetzung entsteht nur eine farbige Fassadentapete statt wirklich ausformulierter Baukörper...da wäre mit überschaubarem Aufwand weitaus mehr möglich gewesen.... leider mehr Filmkulisse als Stadtquartier...sehr schade ..

4

lieber | 22.01.2025 09:35 Uhr

auch ein architekt

..klar, das Quartier hausweise durch jeweils andere Planer zu bauen wäre noch besser gewesen, aber dann wären auch die Planerkosten durch erhöhte Koordination in die Höhe geschossen, und die Baukosten auch, da dann ja viele verschiedene Details hätten gebaut werden müssen statt dem immergleichen Fenster in nur anderer Farbe. Das Geld war aber eh knapp, insofern ist das hier Träumerei. Wir sollten mit dieser nicht-trostlosen, nicht-anonymen Lösung aus einer Hand daher mehr als zufrieden sein!

3

auch ein | 22.01.2025 08:44 Uhr

architekt

vielleicht hätte man statt die häuer bisschen krumm hinzustellen und verschieden farbig anzumalen WIRKLICH unterschiedliche Planer genommen.

dann wäre eine vielfalt entstanden, nicht nur eine kulisse

2

Arcseyler | 21.01.2025 18:41 Uhr

.de

Mit den Vorbildern von der südlichen Mittelmeerküste kommt Le Corbusiers ursprüngliches Flachdachmuster bei uns an. Eint die Moderne ganz zwanglos mit ihren historischen Vorbildern.

1

Pekingmensch | 21.01.2025 16:56 Uhr

Hervorragend!

Ganz hervorragend, sowohl in staedtebaulicher als auch in architektonischer Hinsicht! Wann hat man in Deutschland zum letzten Mal Wohnungsbau mit farbigen Fassaden gesehen? Wo findet man heutzutage neue Wohnsiedlungen, die nicht ausschliesslich aus weissen Wuerfeln bestehen? Auch die Dichte der Bebauung ist offenbar weit ueberdurchschnittlich (Blockrand mit bis zu acht Geschossen), ohne bedrueckend zu wirken. Sogar fuer ein paar Ladeneinheiten im Erdgeschoss hat es gereicht, das ist heutzutage auch nicht selbstverstaendlich. Alles in allem: Herzlichen Glueckwunsch an die Entwurfsverfasser und den Bauherrn! Gerne mehr davon.

 
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Die dichte Bebauung hebt sich kontrastreich von ihrer Umgebung ab.

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Unterschiedliche Höhen und Farben lassen den Eindruck einer gewachsenen Stadt entstehen.

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Zwei Bestandsbauten des ehemaligen DAF-Lagers aus der NS-Zeit wurden in das Regensburger Viertel integriert.

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