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28.04.2022

Genossenschaft mit Gleisblick

Wohn- und Geschäftshaus in Zürich von Enzmann Fischer Partner


Auf dem Grundstück war Wohnen lange undenkbar. Doch nun ist direkt an den Gleisen, wenige hundert Meter vom Zürcher Hauptbahnhof entfernt, ein Haus entstanden, das unter dem Namen Zollhaus lange vor seiner Fertigstellung für Aufsehen gesorgt hatte. Nach der viel gelobten Wohn- und Gewerbeanlage Kalkbreite ist es nämlich das zweite Projekt der 2007 gegründeten Genossenschaft Kalkbreite, die sich innovativen Lösungen für das Wohnen und Arbeiten verschrieben und Enzmann Fischer Partner Architekten (Zürich) nach einem Wettbewerb mit der Planung beauftragt hat.

Die Setzung auf dem schmalen Grundstück ermöglicht überraschende Außenräume. Damit Blickbezüge für das Quartier erhalten blieben, entstanden drei Baukörper auf einem gemeinsamen Sockel. Die leichte Verdrehung des Volumens direkt an der Langstraße hat zwei dreieckige Vorplätze geschaffen, die den unwirtlichen Raum an der Unterführung aufwerten. Von dort führt eine Treppe zur öffentlichen Gleisterrasse. Auf der Straßenseite beleben Läden und Gastronomie die Erdgeschosszone.

Verzinkter Stahl, roher Sichtbeton und raue Welleternitplatten an der Fassade sollen an die industrielle Welt der Bahngleise erinnern, die vielen Pflanzen und sogenannte Aneignungselemente (Pflanztröge, Maschendrahtzaun, Blumenkisten, Stehbalkone) das Erscheinungsbild über die Jahre verändern. Die Gewächse sind so gewählt, dass sie mit wenig Wasser und Nährstoffen auskommen, vor allem auf den Dächern des Zollhauses. Die Landschaftsarchitektur stammt von koepflipartner Landschaftsarchitekten (Luzern).

Mit dem Zollhaus, sagen die Architekt*innen, wird ein inklusives Stück Stadt verwirklicht. So ist neben dem Raumprogramm auch der Entstehungsprozess interessant: Nachdem die Genossenschaft Kalkbreite im Jahr 2013 unter zehn weiteren gemeinnützigen Bauträgern den Zuschlag zum Kauf des knapp 5.000 Quadratmeter großen Grundstücks an der Ecke Langstraße/Zollstraße erhalten hatte, begann eine aufwendige Planungsphase mit vielen Beteiligten. In einem offenen internationalen Wettbewerb hatte sich der Entwurf von Enzmann Fischer Partner Architekten gegen hundert andere durchgesetzt. Arbeitsgruppen beschäftigten sich mit dem Innen- und Außenleben, der Dachbewirtschaftung, einer multifunktionalen Küche für den Gemeinschaftsraum und dem Ausbaustandard der Wohnungen. Immer wieder ging es dabei auch um die Balance zwischen privaten und gemeinschaftlich genutzten Flächen.

Die Diskussion brachte unter anderem zwei Schwerpunkte beim Wohnen hervor: Zum einen Wohnungen für ältere Menschen, zum anderen das noch sehr neue Hallenwohnen. Die unterschiedlich großen, über 1,5 Geschosse reichenden Räume haben sich vier Wohngruppen abgesehen von der Haustechnik inzwischen selbst ausgebaut.

Bemerkenswert sind zudem die Zahlen und Fakten, die das Büro mitteilt: Das Zollhaus erfüllt die Vorgaben für Minergie-P-ECO und für ein 2.000-Watt-Areal. Es wird mit Grundwasser geheizt und leicht gekühlt, auf den Dächern liefert eine PV-Anlage Strom. Recyclingbeton kam zum Einsatz, die Holzrahmen an der Fassade sind stark gedämmt. Autostellplätze gibt es nicht, dafür eine Fahrradgarage mit 200 Plätzen. Auch die Quadratmeter Wohnfläche pro Person weisen vorbildlich in die Zukunft: Während man in Zürich im Durchschnitt auf 45 Quadratmetern pro Person wohnt, sind es im Zollhaus weniger als 30 – inklusive der Gemeinschaftsflächen. Die Gesamtbaukosten werden mit 52,6 Millionen Schweizer Franken angegeben, pro Quadratmeter sind das 535 Schweizer Franken.

Seit Anfang 2021 sind die 56 Wohnungen mit 1,5 bis 9,5 Zimmern und 2.400 Quadratmeter Gewerbefläche im Zollhaus bezogen. Pandemiebedingt wird das erst diesen Sommer gefeiert. Am Samstag, den 25. Juni 2022 laden Bewohner*innen, Gewerbetreibende und Beteiligte das ganze Quartier zum Eröffnungsfest ein. (fm)

Fotos: Annett Landsmann


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Der Neubau liegt direkt an den Gleisen.

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Haus A ist leicht verdreht, sodass zwei dreieckige Plätze entstehen.

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Das Forum geht über drei Geschosse und erschließt unter anderem ein Theater, das Restaurant und die Fahrradgarage mit 200 Stellplätzen.

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Die Hallenbewohner*innen von zurwollke HallenWohnKultur sind für den Ausbau verantwortlich.

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