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27.08.2020

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Acht Kirchen in Aspern

Wettbewerb für den Campus der Religionen in Wien entschieden


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Über 20.000 Menschen sollen dereinst in der Seestadt Aspen im Osten Wiens leben. Seit über zehn Jahren wird an der Trabantenstadt gearbeitet, die immer wieder durch ambitionierte Bauvorhaben von sich reden macht. Maßstäbe wollen die Wiener Planer*innen auch in sakraler Hinsicht setzen. An Stelle individueller Häuser soll ein Campus der Religionen entstehen, an dem acht Religionsgemeinschaften mit ihren Gotteshäusern beteiligt sind. Zusammen mit der Kirchlich Pädagogischen Hochschule KPH, die hier ein großes Gebäude erhält, wird also ein geistliches Zentrum entstehen, das weit über die Seestadt hinaus ausstrahlen dürfte.

Katholische und evangelische Kirche, Sikhismus, Judentum, Islam, neuapostolische Kirche, Buddhismus und orthodoxe Christen werden hier für sich, aber auch gemeinsam feiern, lernen und alltägliche Interreligiösität leben. Auch ein nicht religiös gebundener Raum der Stille ist geplant. Zudem soll der Campus Platz für eine kritische Auseinandersetzung mit Religion bieten. Das ist jedenfalls der Wunsch des Vereins Campus der Religionen, der bei der Erzdiözese Wien angesiedelt ist. Damit geht das Projekt am Rand der österreichischen Hauptstadt nochmals ein gutes Stück weiter als David Adjayes abrahamitisches Zentrum in Abu Dhabi oder das House of One in Berlin, an dem Kuehn Malvezzi (Berlin) bereits seit 2012 arbeiten und für das Anfang nächsten Jahres endlich der Grundstein gelegt werden soll.

Um einen angemessenen Entwurf für das Vorhaben in Aspern zu finden, wurde im April ein „EU-weiter, offener, einstufiger Realisierungswettbewerb mit Ideenteil im Oberschwellenbereich mit anschließendem Verhandlungsverfahren für die Vergabe von Generalplanerleistungen“ ausgelobt. Der Ideenteil umfasst die Häuser der acht Religionsgemeinschaften, die aber hinsichtlich der Realisierung letztlich freie Hand haben. Der Neubau für die Kirchlich Pädagogische Hochschule, der zentrale Platz samt grüner Freiräume sowie die „gemeinsame bauliche Klammer“ sollen aber durch den Gewinner des Wettbewerbs umgesetzt werden. Aus 42 Entwürfen (von denen über die Hälfte von ortsansässigen Büros stammten) wählte die Jury unter Vorsitz von Boris Podrecca bereits Mitte Juli drei Preise und drei Anerkennungen aus:

  • 1. Preis: Burtscher-Durig (Wien)

  • 2. Preis: Tp3 Architekten – Henter/Rabengruber (Linz)

  • 3. Preis: Architekt Martin Kohlbauer (Wien)

  • Anerkennung: Heimspiel Architektur (Wien)

  • Anerkennung: ARGE Architekten Kronaus/Mitterer + Klammer*Zeleny (Wien)

  • Anerkennung: Architekt Mina Yaney (Wien)

Am ersten Preis von Burtscher-Durig gefiel dem Preisgericht vor allem die städtebauliche Anordnung der Baukörper und die Wegeführung innerhalb des Campus. Den zentralen Platz konzipierten die Architekt*innen als von Süden nach Norden ansteigende Fläche. In der nördlichen Hälfte liegt die pädagogische Hochschule KPH, in der südlichen die acht Bauten der Religionsgemeinschaften, die wiederum über eine geknickte Pergola locker miteinander verbunden werden. Das Ansteigen des Platzes bis auf Höhe des ersten Obergeschosses der KPH lobte die Jury in zweierlei Hinsicht. Erstens entstehe dadurch eine „Dramaturgie, die der Nutzung der zentralen Campusfläche“ entgegen komme; zweitens reduziere sich die optische Dominanz der KPH gegenüber den Bauten der Religionsgemeinschaften.

Der zweitplatzierte Entwurf von Tp3 Architekten – Henter/Rabengruber teilt die KPH in zwei Bereiche im Norden und  Süden des Grundstücks. In die Mitte setzten die Architekt*innen einen rechteckigen Hof mit Arkadenumgang, an den die acht Bauten der Religionsgemeinschaften anschließen. Die Baukörper dieser acht Häuser entwickelten die Architekt*innen wiederum aus der Abstraktion typischer Architekturen der jeweiligen Glaubensgemeinschaft. Der Jury missfiel an diesem Ansatz die Introvertiertheit des Hofraums, die „kulissenhaft wirkende Formulierung der Arkaden“ und die Notwendigkeit, vier Sakralbauten als Eckbauten an den Hof stellen zu müssen. Dies würde zu einer nicht erwünschten Hierarchisierung führen.

Architekt Martin Kohlbauer differenzierte die KPH in drei prismenförmige Baukörper, zwischen die er die acht Sakralbauten setzte. Die Gleichwertigkeit der Anordnung am elliptisch gestalteten Platzraum begrüßte die Jury ausdrücklich. Weniger glücklich war sie mit der Idee, über den Platz ein ebenfalls elliptisches Dach aus transluzenter Folie zu spannen. Dies sei in symbolischer Hinsicht nachvollziehbar, werfe aber konstruktive Fragen auf. Am Entwurf für die KPH missfiel der Jury die Gestaltung der äußeren Fassaden mit Lamellen, während die begrünten Fassaden am inneren Platzraum positiv beurteilt wurden.

Da die acht Religionsgemeinschaften individuell planen, ist momentan noch unklar, wann deren Häuser entstehen. Die KPH wird jedenfalls nicht vor 2025 in den Neubau einziehen. (gh)


Zum Thema:

Alle 42 Einreichungen des Wettbewerbs sind noch bis Montag, 31. August im Foyer des Bundesgymnasiums am Maria-Trapp-Platz 5 in 1220 Wien zu sehen. Die Ausstellung ist werktags von zwischen 11 und 19 Uhr geöffnet.

www.campus-der-religionen.at


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Kommentare

6

michael | 02.09.2020 12:55 Uhr

zu viel einfluss

die Frage war auch nicht ob er Einfluss hat sondern ggf. zu viel Einfluss. Wenn eine Juryentscheidung durch das Machtwort einer einzelnen Person beeinflusst wird kann das durchaus zu viel sein. Man hat schließlich ein Fachgremium zusammengestellt um möglichst neutral die Qualität der Ergebnisse zu bewerten. Das kann bei Ungleichgewicht teilweise seltsame Früchte tragen und Entscheidungen von anderen Jurymitgliedern maßgeblich beeinflussen. Der eigentlich demokratische Prozess wird dann unterbunden. Ist nur ein Erklärungsversuch, vielleicht waren auch zu viele Köche am Werk.

5

auch ein | 31.08.2020 14:14 Uhr

architekt

"Hat der Bauherr zu viel Einfluss?"

grundsätzlich MUSS der bauherr einfluss haben, er zahlt es meist ja auch....

in diesem fall ist es vermutlich eher das "viele köche"-prinzip und aus dem brei musste man irgendeinen kompromiss finden, mit dem jeder zumindest ansatzweise zufrieden ist.....

man muss es vielleicht wie eine baugruppe sehen, da kommt oft ein ähnliches durcheinander heraus.

4

michael | 28.08.2020 11:09 Uhr

offener wettbewerb

zuerst: toll, dass so eine Aufgabe als offener Wettbewerb bearbeitet werden durfte.
Da sollten deutsche Auslober sich ein Beispiel nehmen.

Die Ergebnisse sehen ohne tiefere inhaltliche Prüfung zumindest optisch grausam aus. Die Darstellung erinnert an die ersten studentischen Gehversuche im Bereich Visualisierung.
Habe die Aufgabe auch studiert und für sehr komplex befunden, eine ruhige zusammenfassende Antwort wäre hier aus meiner Sicht richtiger gewesen.

Leider schaffen es Jurys in Österreich und Deutschland es nicht bei offenen Wettbewerben das Qualitätsniveau hoch zu halten wenn man sie mit der Schweiz vergleicht. Woran liegt das? Sind die Jurys nicht gut genug besetzt? Hat der Bauherr zu viel Einfluss?
In Deutschland wurden die offenen Verfahren für "übliche" Aufgaben in diesem Jahr oft mit sehr einfachen, teils banalen Lösungen prämiert. Hier traut man sich vielleicht zu wenig? Oder man möchte dem Bauherrn kein "junges" Büro zumuten, das wenig Erfahrung hat?
Hier scheinen die Preise eher gewagt?

3

d.teil | 28.08.2020 09:10 Uhr

Wettbewerbe vs. Heimspiel

Leider auch mitgemacht. 8 Wochen alles gegeben. 3. Rundgang gerade so raus und dann sehe ich nun erstmalig die vergebenen Preise unter dem fragwürdigen Vorsitz von Alt-Wiener Boris P. ...und bin hier und da fast erschüttert über die Auswahl der Preise wie Anerkennungen. Und nur Wiener bzw. einmal Linz. Ob die wohl ein Kreuz unter dem Modell einritzen (...ich komme aus Österreich.....)?

Zum Wettbewerb: Die Hauptaufgabe, weil Realisierungsteil, lag bei der Hochschule mit ca. 15.000m2. Der ideenteil war unter dem Strich dann aber doch – brisantes Thema – fast noch wichtiger. Man wusste: die 8 Religionen werden individuell ihre kleinen Häuser später entwerfen lassen. Und wie man weiß: jede Religion hat ihre spezielle Ausrichtung (Himmelsrichtung), jedes Haus ein vorgegebenes anderes Volumina, meint: man musste sich sehr wohl mit dem Ideenteil intensiv auseinandersetzen. Da die Hochschule ein gänzlich anderes Bauvolumen besetzten wird als die 8 kleinen Gebetshäuser (so klein waren sie jedoch wiederum nicht), bedurfte es laut Auslober einer baulichen Klammer, die alles zusammen hält. Dann brauchte es einen mind. 2000m2 großen zentralen Platz um die Religionshäuser herum.

Das Ergebnis sieht man hier.
Fast schon Ironie der Name des 1.Anerkennungspreises: Heimspiel.

2

peter | 27.08.2020 22:20 Uhr

gute bauaufgabe

aber grauenhafte umsetzung (1. preis). wie kann man zu so einer 'hochwürdigen' aufgabenstellung ein solch banales haus entwerfen? insbesondere die fassaden versprühen den charme eines büroparks irgendwo im gewerbegebiet am stadtrand. kann ja sein, dass die grundrisse toll funktionieren, aber ein gebäude mit so einer gewichtigen botschaft darf doch nicht aussehen wie ein x-beliebiges investorenprojekt.

1

das | 27.08.2020 19:03 Uhr

ist echt ganz schön

übel...

 
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1. Preis: Burtscher-Durig (Wien)

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2. Preis: Tp3 Architekten – Henter/Rabengruber (Linz)

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3. Preis: Architekt Martin Kohlbauer (Wien)

3. Preis: Architekt Martin Kohlbauer (Wien)

Anerkennung: Heimspiel Architektur (Wien)

Anerkennung: Heimspiel Architektur (Wien)

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