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02.12.2015

Moving Forward im zweiten Anlauf

Volker Staab im Gespräch über seinen Entwurf zur Erweiterung des Bauhaus-Archivs in Berlin


In den kommenden sechs Jahren steht dem Bauhaus-Archiv in Berlin eine spannende Zeit bevor. Zehn Jahre nach dem ersten Versuch die zu klein gewordenen Räumlichkeiten des markanten Gropiusbaus – damals noch als Investorenprojekt geplant – zu erweitern, soll es jetzt mit öffentlichen Geldern klappen. Bei der gestrigen Pressekonferenz stellte Volker Staab seinen Entwurf vor, der im Oktober als einstimmig gewählter Sieger aus dem zweiten Wettbewerbsverfahren hervorgegangen war.

Die Herausforderung bestand für Staab Architekten vor allem darin, den historischen Bau nicht ins Abseits zu drängen, sondern mit der Erweiterung, die künftig alle öffentlichen Nutzungen übernehmen soll, räumlich wie inhaltlich zu verbinden. Die für ihn interessante Entscheidung liegt daher in der Idee einer Verwebung beider Gebäude über ein sogenanntes „Hofgeschoss“ und den umlaufenden „Kreuzgang“. Den Entwurf will er damit nicht allein auf den filigranen Turm, der auf den Plänen als Erstes ins Auge springt, reduziert sehen.


Von Katharina Sommer

Volker Staab, wie verstehen Sie Ihre Entwurfspraxis im Kontext der Ideologie der Bauhausschule?
Wenn ich meine eigene Geschichte ansehe, ist die Reflektion und auch die kritische Auseinandersetzung mit dem Bauhaus natürlich immer ein Teil des Diskurses gewesen, solange ich mich mit Architektur befasse. Gleichzeitig lässt sich das Prägende der Moderne aber auch nicht verneinen. Das Bauhaus war, wenn man genau hinsieht, auch kein homogenes Dogma, sondern hatte natürlich auch verschiedenste programmatische Richtungen verfolgt.

Eine Facette, die Sie in ihr Konzept einbringen wollten, war unter anderen der experimentelle Gedanke der Bauhauslehre. Woran lässt sich das im Entwurf erkennen?
Das Bauhaus hat sich seinerzeit schon mit der Frage befasst, was eine architektonische Formgebung im Zeitalter der Industrialisierung bestimmt. Wenn wir uns fragen, was den Prozess des Planens und Bauens momentan verändert, dann ist es heute zum Beispiel die Digitalisierung. Insofern war es für uns spannend, solch eine aktuelle Fragestellung mit in das Projekt einzubringen. Wenn man genauer hinschaut, ist die Formgebung des Turms tatsächlich nur innerhalb dieses heutigen Prozesses möglich. Dazu entwickeln wir mit den Tragwerksplanern Bollinger Grohmann ein Tragwerkskonzept, dessen Filigranität und leichte Unregelmäßigkeit nur über die digitalen Prozesse ausgereizt werden kann.

2005 fand bereits ein privater, geladener Wettbewerb für die Erweiterung des Bauhausarchives in Kombination mit einem Investorenbau statt, den SANAA gewannen, der aber aus finanziellen Gründen nicht zur Ausführung kam. Was haben Sie aus dem vorangegangenen Verfahren gelernt?
Wir hatten damals auch am Wettbewerb teilgenommen und natürlich Erfahrungen gesammelt. Auch das Bauhausarchiv kannten wir dadurch schon ganz gut. Für den jetzigen Wettbewerb haben wir aber komplett neu begonnen. Da 2005 neben der Erweiterung ein Investorenbau mit Büronutzung auf dem vorderen Teil des Geländes an der Klingelhöferstraße vorgesehen war, war die Auslobung programmatisch und inhaltlich eine ganz andere. SANAA hätten bestimmt ein tolles Bürogebäude geplant, aber ich denke, für die Institution ist es ein Glück, dass dem Museum nun unter den neuen Bedingungen das ganze Gelände zur Verfügung steht.

Museen werden neuerdings gerne mit großen Flächen für Zusatznutzungen ausgestattet, die nicht der Ausstellung selbst dienen. Wie sehen Sie diese Tendenz und welche Rolle spielt sie in Ihrem Entwurf?
Es ist ein Trend, mit öffentlichen Funktionen wie Gastronomie oder Buchladen Besucher in das Museum zu holen, die vielleicht erst mal nur einen Kaffee trinken, um sie dann zu verführen, in die Ausstellung selbst zu gehen. Dass diese Schwelle reduziert wird und das Museum heute nicht mehr das kulturelle Heiligtum, sondern ein öffentlicher Ort ist, ist eine Tendenz, die ich ganz richtig finde. Das Besondere bei diesem Projekt ist aber, dass im Turm die Aktivitäten des Museums im Vordergrund stehen und dort die Auseinandersetzung mit den Themen des Bauhauses stattfinden soll.

Wie stellt man Bauhaus aus oder anders gesagt, wie sieht das kuratorische Konzept für die Erweiterung aus und in welcher Form hat es den Entwurf beeinflusst?
Wir unterscheiden zwischen den klassischen Dauer- und den Wechselausstellungen in den Ausstellungsräumen und den Aktivitäten, die sich im Turm befinden. Diesen stellen wir uns zum einen als eine Art Lounge vor, in der man sich, ohne eine Eintrittskarte zu benötigen, über verschiedene, auch digitale Medien mit dem Thema Bauhaus beschäftigen kann. Zum anderen gibt es dort die Museumspädagogik und Räume für informellere Veranstaltungsformate, beides kann man sich momentan schon in einer Vorstufe im Provisorium „bauhaus re use“ ansehen. Ganz oben ist eine große Terrasse für Veranstaltungen im Sommer geplant. Die Frage, wie Gestaltung vermittelt werden kann, war ja eines der großen Themen des Bauhauses. Diese Vermittlungsebene soll im Turm, den wir als eine Art Aktivitätsturm sehen, sichtbar werden.

Wie sehen Sie Ihren Entwurf im Kontext der Planungen zu den neuen Bauhausmuseen in Weimar und Dessau ?
Der Unterschied ist wahrscheinlich, dass hier in Berlin die Auseinandersetzung mit dem bestehenden Haus sehr prägend war und damit die Fragestellung, wie sich ein heutiger Eingriff zu der Ikone von Gropius verhält. Das unterscheidet das Projekt von denen in Dessau und Weimar, die dort ganz andere städtebauliche und inhaltliche Probleme zu bearbeiten hatten.

Die Sanierung des Bestands wird ab 2017 zwei Jahre in Anspruch nehmen. Von der Bildfläche verschwinden will das Bauhaus-Archiv in dieser Zeit nicht, weshalb gerade eine provisorische Zwischenlösung gesucht wird. Die Erweiterung soll voraussichtlich 2021 fertiggestellt werden.

Alle Preise und Anerkennungen können ab heute bis zum 29. Februar 2016 in der Ausstellung „moving forward“ im Museum für Gestaltung des Bauhaus-Archivs besichtigt werden.


Zum Thema:

www.bauhaus.de

Noch ein Interview mit Volker Staab über das „Albertinum“ in Dresden: Ein Video aus der Interviewreihe „ARCHlab“ – einer Kooperation zwischen BauNetz.de, dem Deutschen Architekturmuseum DAM, dem Goethe Institut und Prounen Film.


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Zu den Baunetz Architekt*innen:

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Volker Staab, Foto: Zuzanna Kaluzna

Volker Staab, Foto: Zuzanna Kaluzna

Siegerentwurf für das Bauhaus-Archiv Berlin von Staab Architekten

Siegerentwurf für das Bauhaus-Archiv Berlin von Staab Architekten






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