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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Vittorio_Gregotti_an_Corona-Infektion_gestorben_7176494.html

16.03.2020

Razionalismo mit Skepsis

Vittorio Gregotti an Corona-Infektion gestorben


Das Coronavirus hat sein erstes prominentes Opfer unter Architekt*innen gefordert: Vittorio Gregotti. Der Italiener starb gestern im Alter von 92 Jahren in Mailand. Damit ist eine der letzten großen Figuren des Razionalismo tot. Noch im Sommer 2017 hatte er sich zu Wort gemeldet und seinen runden 90. Geburtstag zum Anlass genommen, sein Büro zu schließen. Nicht aus Altersgründen, wie er damals betonte, sondern aus Unzufriedenheit. Im großen, reich bebilderten BauNetz-Beitrag zu diesem Anlass konnte man Gregottis Sicht auf den Stand der Dinge im Zitat nachlesen: „Niemand interessiert sich mehr wirklich für Architektur.“

Gregotti schloss sein Studium 1952 ab und begann bei Casabella zu arbeiten, ab 1953 bis 1964 als Chefredakteur. 1974 gründete er zusammen mit Pierluigi Cerri, Augusto Cagnardi und Hiromichi Matsui in Mailand das Büro Gregotti International. Darüber hinaus war er auch kuratorisch aktiv. Unter anderem verantwortete er in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre drei Ausstellungen im Kontext der Kunst-Biennale in Venedig, die als Vorläuferinnen der 1980 offiziell begründeten Architektur-Biennale gelten dürfen.

Zu seinen größten und bekanntesten Projekten zählen das Centro Cultural de Belém in Lissabon (1988), die Renovierung des Luigi-Ferraris-Stadions in Genua (1990) und das Grand Théatre de Provence in Aix-en-Provence (2007). Im Rahmen der Berliner IBA 1987 entstand ein Wohn- und Geschäftshaus in der Lützwostraße. Im Mailänder Viertel Bicocca verantwortete Gregottis Büro seit den 1980er-Jahren die Entwicklung des Areals der ehemaligen Pirelli-Werke zu einem Wissenschafts- und Technologizentrum.

Ähnlich wie der strenge und stark verdichtete Sozialwohnungsbaukomplex ZEN in Palermo, an dem Gregotti seit 1969 arbeitete, blieb Bicocca nicht ohne Kritik. Er hätte diese Projekte genau so wieder gebaut, habe Gregotti selbstbewusst behauptet – so berichtet es das italienische Magazin Abitare im Beitrag zu seinem Tod. Um zu ergänzen: „In Wirklichkeit hatte er eine leichte Tendenz zum Zweifel. Er wusste genau und erläuterte immer wieder, dass die Vernunft, an die er zutiefst glaubte, auch ihre Grenzen hatte. Wahrscheinlich war es diese fein gestimmte Kombination aus Rationalität und Skepsis, die Gregotti so erfolgreich machte.“ (gh)


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Vittorio Gregotti im Jahr 1975

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