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17.04.2018

Kohlemine wird Kulturzentrum

Umbau von Hérault Arnod bei Lille


Einst lärmten hier Maschinen, dann herrschte jahrelang gespenstische Stille, und nun steht das ehemalige Kohlebergwerk im südlich von Lille gelegenen Oignies ganz im Zeichen der Musik. Klang zieht sich wie ein thematischer roter Faden durch die Geschichte des Ortes, der heute unter dem Namen 9–9 bis firmiert und insbesondere der Musikproduktion und -präsentation dient. 1990 wurde die Mine, die seit 2012 zum UNESCO-Welterbe gehört, geschlossen. Ab 2005 erfolgte der Umbau des Areals zum neuen Kultur- und Tourismusstandort nach Plänen von Hérault Arnod Architectures (Paris/Grenoble). Das Büro gewann den damaligen Wettbewerb, Auftraggeber war das Hénin-Carvin Intermunicipal Council, bestehend aus 14 Kommunen mit insgesamt 125.000 Einwohnern.

Das umfangreiche, 9 Millionen Euro teure Transformationsprojekt, dessen Realisation sich über zehn Jahre hinzog, umfasst neben der Konversion des Bestands und der landschaftlichen sowie infrastrukturellen Umgestaltung auch zwei bereits 2010 und 2013 fertiggestellte Neubauten: ein Bürogebäude und das Métaphone, ein experimentelles Bauwerk, das Konzertsaal und Musikinstrument in einem ist. 

Der letzte, 2016 abgeschlossene Bauabschnitt war der Umbau des Gebäudekomplexes, der auch die sogenannte salle des pendus umfasst: den einstigen Umkleide-, Wasch und Aufenthaltsbereich der Minenarbeiter. In einer 70 Meter langen Halle – 1931 gebaut und 1965 erweitert – hing ihre Arbeitskleidung an einem beweglichen Hakensystem von der Decke. An den beiden Kopfenden lagen die Duschräume. Einer wurde im Originalzustand belassen, um Besuchern einen authentischen Eindruck des einstigen Minenalltags zu vermitteln. Nun befinden sich in dem Komplex Produktions- und Fernsehstudios, Büros, ein Tanz- und Probensaal sowie Seminarräume.

Die neuen Strukturen fügen sich zurückhaltend und mit Verständnis für die besondere Atmosphäre des Ortes in den Bestand ein. Die bereits 2005 renovierten Backsteinfassaden wurden nicht verändert. Auch im Inneren der großen Halle blieben viele historische Elemente erhalten, darunter das Rollensystem der Kleiderhaken an der Decke, Teile der Bodenkacheln und die Farbe der Wand in sogenanntem Hygiene-Grün. Mit Hilfe thermodynamischer Modellierung wurde die Gebäudehülle optimiert, wobei ein ausgewogenes Verhältnis von originalen Oberflächen und zusätzlicher Wärmedämmung im Vordergrund stand. Diese konzentriert sich insbesondere auf die komplett erneuerten Dächer und Fenster.

Alle vorgenommenen Inneneinbauten sind reversibel und bieten maximale Flexibilität hinsichtlich möglicher künftiger Nutzungsänderungen. Um die Raumwirkung zu erhalten, wurde in die Halle ein Volumen mit schallisolierten Boxen eingefügt. Es „möbliert“ die weite Fläche eher als sie zu unterteilen. Die dezente Verkleidung mit polierten Aluminiumplatten lässt den asymetrischen Körper, von dessen teilweise begehbarem Dach sich ein eindrucksvoller Blick in den Saal bietet, geheimnisvoll und fast wie eine große abstrakte Maschine wirken: Das Innenleben bleibt im Verborgenen, dafür spiegelt sich die Umgebung in der glänzenden Oberfläche. Ähnlich skulptural gestaltet und in industriellem Grau gehalten sind auch das Musikzentrum in Évreux und die Cité internationale in Rennes, zwei weitere kürzlich realisierte Projekte von Hérault Arnod Architectures. (da)

Fotos: André Morin


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Aus dem früheren Bergwerk in Oignies wurde ein Kulturzentrum.

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Die Backsteinfassaden des Bestands blieben unverändert.

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Auch im Inneren der früheren Umkleidehalle wurden viele Originalelemente erhalten.

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Ein asymmetrisches Raumvolumen nimmt neue Nutzungen auf.

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