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30.03.2021

Dokumentationszentrum Flucht und Vertreibung

Umbau und Erweiterung in Berlin von Marte.Marte


Über die Herausforderungen beim Umbau berichtete Stefan Marte schon 2017 beim BauNetz-Baustellenbesuch, inzwischen ist das Dokumentationszentrum zum Thema Flucht und Vertreibung in Berlin fertiggestellt. Derzeit werden die letzten ausstellungsarchitektonischen Einbauten vorgenommen, um dann im Sommer 2021 planmäßig die Pforten zu öffnen. Seinen Sitz hat das Museum im denkmalgeschützten Deutschlandhaus in Berlin-Kreuzberg gegenüber vom Anhalter Bahnhof und dem zukünftigen Exilmuseum. Den Umbau übernahm Marte.Marte Architekten (Feldkirch).

Bei dem Bestandsbau im Stil der Neuen Sachlichkeit mit modernen Fassaden und Flachdach (Bauzeit 1926–31) handelt es sich um das, was man heute als Mixed-Use bezeichnen würde. Er beherbergte Gastronomiebetriebe wie das Café Stresemann, die Weinstube Traube, ein Kino, Büros, Läden und andere halböffentliche Funktionen. Beim Umbau für die Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung fahren die Architekt*innen zweigleisig. Die historisch wertvolle Originalsubstanz zur Stesemann- und Anhalterstraße – sprich die Südwest- und Südostfassaden mitsamt den angrenzenden Räumen – bleiben erhalten. Der Kernbereich im Norden – im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstört und in den 1960er Jahren vereinfacht wiederaufgebaut – ist von Marte.Marte jedoch komplett neu gestaltet.

Das lässt sich schon von außen ablesen: Gänzlich weiß verputzt, nehmen die beiden Fassaden der Erweiterung ansatzweise die historische Gliederung – Sockelgeschoss und Etagenzonen – auf, glänzen aber vor allem durch große unprofilierte Flächen und zentral platziertem Fensterband. Damit stellen sich Marte.Marte in die Tradition der Neuen Sachlichkeit, reduzieren den ohnehin zurückhaltend gestalteten Bau aber noch weiter und so deutlich, dass Altes und Neues klar zu unterscheiden sind.

Aus denkmalpflegerischer Sicht war die Entscheidung übrigens durchaus kontrovers. Beim nichtoffenen, anonymen Wettbewerb 2011 nach vorgeschaltetem offenen Bewerbungsverfahren erhielten Marte.Marte den 1. Preis – zusammen mit F29 Architekten, die deutliche größere Teile des Bestands erhalten wollten. Laut Philipp Dittrich vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) wäre es jedoch „unheimlich schwierig gewesen, die großen Flächen, die gefordert waren, in dieser kleinteiligen Struktur unterzubringen. Außerdem hat sich beim Bau herausgestellt, dass die Bausubstanz deutlich schlechter war als zuvor aufgrund von Erkundungen angenommen.“ Dies verzögerte das Richtfest um mehrere Jahre.

Überzeugend zeigt sich jetzt insbesondere der Innenraum. Der Bestand ist weiß verputzt, Neubauten in Sichtbeton ausgeführt. Ein schmaler, L-förmiger Zwischenraum trennt als „Lichtfuge“ beide Bereiche. Dank Oberlicht entsteht über dem Sockelgeschoss eine fast atriumartige Situation. Die hier sichtbaren innenliegenden Fenster und Durchgänge des Bestands sind mit demonstrativ übergroßen, geometrischen Rahmen versehen. Im ersten Stock dient eine ganz in Sichtbeton gehaltene Plattform als zentrale Ausstellungsfläche. Mit den vollverglasten Fensterfronten nach Norden ergeben sich direkte Sichtbezüge zum Gropius Bau beziehungsweise zu Mauerresten und der Ausstellung Topographie des Terrors, die die Gräueltaten der Nationalsozialisten thematisiert. Eine eindrückliche Betonwendeltreppe windet sich in die zweite für Ausstellungen vorgesehene Etage, die Haustechnik versteckt sich im obersten Geschoss. Die Gesamtkosten für 12.700 Quadratmeter BGF betrugen 60 Millionen Euro. (stu)

Fotos: Roland Horn


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