Mit der Neugestaltung des historischen Stadtparks
Enghaveparken hat das Architekturbüro
Tredje Natur (Kopenhagen) nicht nur einen wichtigen Erholungsraum revitalisiert, sondern auch ein innerstädtisches Wasserreservoir geschaffen, dass 22.600 Kubikmeter Wasser aufnehmen kann. Denn die Klimakrise hinterlässt auch in Kopenhagen ihre Spuren: Zwischen 2010 und 2015 ist es zu fünf Starkregenereingnissen gekommen, die nach bisherigen Annahmen in dieser Heftigkeit eigentlich nur jeweils alle zehn Jahre eintreffen sollten.
Am stärksten war der Wolkenbruch am 2. Juli 2011: Straßen, U-Bahnen und die Keller ganzer Stadtteile wurden überflutet. Im Zuge dieser Ereignisse beschloss die Stadt bauliche wie technische Maßnahmen, damit die dänische Hauptstadt solchen Ereignissen besser standhalten kann. Der Umbau des historischen Enghaveparken ist eines von 300 Projekten, die die Stadt Kopenhagen und das kommunale Versorgungsunternehmen HOFOR in den nächsten 20 Jahren fertigstellen wollen, um die Metropole vor zukünftigen Überschwemmungen zu schützen.
Enghaveparken befindet sich mitten im Kopenhagener Stadtteil Vesterbrø und ist seit 90 Jahren eine der wichtigsten Grünanlagen des ehemaligen Arbeiterviertels. Spiel- und Sportplatz, Liegewiesen und spiegelnde Wasserbecken sind hier streng neoklassizistisch angelegt. Die klare Struktur der denkmalgeschützten Anlage rahmt, betont und kontrastiert Details in einer einfachen wie verständlichen Geometrie – und entpuppt sich als äußerst robust. Auf ihr bauen die Architekten von Tredje Natur ihr Konzept für den Umbau auf, indem sie die einzelnen Felder mit neuen Funktionen belegen. Zu diesen gehört nun unter anderem ein Rosen- und ein Wassergarten sowie ein multifunktionales Sportfeld. Sie alle wurden abgesenkt, sodass sie im Falle eines Sturzregens als ein provisorisches Überlaufbecken funktionieren.
Des Weiteren gibt es ein unterirdisches Wasserreservoir, in dem das anfallende Regenwasser gesammelt und gespeichert wird. Es dient zur Bewässerung der Pflanzen, aber auch die Reinigungsfahrzeuge der Stadt werden mit diesem Regenwasser befüllt. Die Architekten nutzen das Gefälle des Geländes, um im Osten einen Damm von einem Meter Höhe zu errichtet. Durch diesen können insgesamt 14.500 Kubikmeter Wasser zurückgehalten werden. Und das wäre auch die vorletzte Eskalationsstufe im Oberflächenwassermanagement. Reicht auch diese Kapazität nicht mehr aus, wird der Park, der von einer ein Meter hohen Mauer umgeben ist, geschlossen: Automatische Tore fahren nach oben und verwandeln den gesamten Park in einen einzigen großen Wasserkörper. So kann die maximale Aufnahmekapazität erreicht werden.
Im Rahmen der Revitalisierung haben Tredje Natur den Park um zwei zusätzliche Eingänge ergänzt. Nach dem ursprünglichen Entwurf und den Zeichnungen von 1927 waren die Bühne und die Pavillons von Arne Jacobsen die zentralen Objekte im Enghaveparken. Diese wurden wieder aufgebaut und am Eingang des Parks platziert. Neben zahlreichen Sitzbänken ergänzen die Planer den Park durch informelle Aufenthaltsbereiche auf dem abgesenkten Teil des Spielfeldes und des Rosengartens. Auch die Umfassungsmauer dient als lineares Element zum Spielen und Sitzen.
Die Umgestaltung des Kopenhagener Enghaveparken ist insbesondere in seiner erweiterten Multifunktionalität ein beispielhaftes Projekt: Zahlreiche neue Bäume und robuste Pflanzen unterschiedlicher Beschaffenheit schenken Tieren und Insekten vielfältige Lebensräume. Die neue Anlage hat außerdem einen hohen Erholung- und Freizeitwert für das Wohnviertel und machen die Veränderung des Klimas erfahrbar – während der Park den Stadtteil im gleichen Zuge resilienter gestaltet.
(as)
Fotos: Astrid Maria Busse Rasmussen, Flemming Rafn – Tredje Natur
Zum Thema:
Im Interview mit den Gründern von Tredje Natur, Ole Schrøder und Flemming Rafn Thomsen, erfährt man mehr zur Arbeitsweise des Kopenhagener Büros. Zu lesen in der Baunetzwoche #569.
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Stefan Frischauf | 14.02.2021 18:38 Uhrweise Voraussicht
Kopenhagen zeigt einmal mehr, wie kluge und vorausschauende Stadtplanung aussehen kann. Insofern stimme ich hier @romanesco komplett zu. Ein großartiges Projekt. Aber, Hand aufs Herz: Kopenhagen ist keine arme Stadt. Und die Gefahren des beschleunigten Klimawandels sind in Megacities wie Dhaka, Jakarta und Bangkok mit viel größeren Anteilen höchst vulnerabler Bevölkerungsgruppen weitaus größer. Insofern ist ein Wissens- und Technologietransfer solcher kluger Konzepte sicher wichtiger und "nachhaltiger" als der "Krieg gegen den Terror" und viele außenpolitische Ignoranz, die dem "Clash of Civilizations" immer noch zugrunde liegt.
Aber: auch für deutsche Städte wünscht man sich da mehr solcher kluger und vorausschauender Konzepte, um die Resilienz des Stadtraumes und der Bevölkerung zu stärken. Zumal solche Maßnahmen ja auch wesentlich Strukturwandel und damit Flächenausgleiche, Alternativen zur immer weiter ausgreifender Versiegelung bedeuten.