Kaum ein anderes Land hat eine so hohe Dichte an öffentlich geförderten Theatern wie Deutschland, wo nahezu jede größere Stadt ein eigenes Ensemble unterhält. Doch bundesweit müssen Bühnen für einen zeitgemäßen Spielbetrieb ertüchtigt werden. Die Maßnahmen gehen oft mit schwindelerregenden Kosten einher – und mit hitzigen Diskussionen, da sie die Kommunen vor massive Herausforderungen stellen. Im rheinland-pfälzischen Trier wurden nun mit dem Abschluss eines ungewöhnlichen Vergabeverfahrens die Weichen für eine Sanierung und Erweiterung des städtischen Theaters gestellt, das 1964 nach Plänen von Gerhard Graubner entstand. Das zweigeteilte Verfahren der Stadt suchte nach einem städtebaulich-architektonischen Entwurf sowie einem Team für die Generalplanung. Vergangene Woche wurde es entschieden.
Bereits im November 2024 ging aus dem beschränkten Realisierungswettbewerb für zwei Erweiterungsbauten und die städtebauliche Neuorientierung das Büro Prof. Jörg Friedrich | Studio PFP (Hamburg) als Sieger hervor. Im parallel gestarteten Verhandlungsverfahren zur Generalplanung von Sanierung und Umsetzung der Erweiterungen konnte sich die ARGE MOW Architekten (Frankfurt am Main) und Fabre Speller (Paris) qualifizieren. Letztere sanieren mit dem Stadttheater Krefeld bereits einen Bau von Bonatz-Schüler Graubner. Studio PFP sind derzeit mit der Sanierung des Mainfranken Theaters in Würzburg betraut. Sie erhielten nun den Auftrag für das Trierer Modernisierungsprojekt, das mit Kosten von insgesamt 81,7 Millionen Euro kalkuliert wird.
Die Zukunft des Theaters am Augustinerhof war bereits seit zehn Jahren fraglich. Das Dreispartenhaus ist baulich, technisch und energetisch veraltet. Proberäume und Fundus liegen aufgrund des damals nicht realisierten zweiten Bauabschnitts im Stadtgebiet verteilt und verursachen hohe Miet- und Versicherungskosten. Nach Machbarkeitsstudien für drei Varianten und mehrfachen Reduzierungen der ursprünglich geplanten Maßnahmen fiel 2019 die Entscheidung: Das Gebäude soll saniert werden und zwei Ergänzungsbauten erhalten. Darin sind ein neuer Eingangsbereich auf einem zuvor als Parkplatz genutzten Grundstück und ein eigenständiger Probensaal für das Orchester vorgesehen. Am Standort der Freie-Szene-Bühne TUFA entsteht bereits eine Interimsspielstätte, die nach der Bauzeit an diese übertragen werden soll.
Zum Architekturwettbewerb waren 20 Büros geladen, 19 reichten Entwürfe ein. Die Jury unter Vorsitz von Hans-Peter Achatzi (C4C | competence for competitions, Berlin) wählte drei Preise und eine Anerkennung:
Am Siegerentwurf lobte die Jury die Weiterentwicklung des Theaterbaus zu einem in zwei Richtungen einladenden Stadtbaustein. Geometrisch eng mit dem Bestand verzahnt, strecken sich die beiden Ergänzungen wie Finger in Richtung Viehmarkt und Augustinerhof. Das Preisgericht regte jedoch an, die aktuell schiefwinklig geplanten Stirnseiten im Sinne der Eigenständigkeit in orthogonaler Form zu prüfen. Das neue Volumen an der Gerty-Spies-Straße schaffe einen markanten städtebaulichen Auftakt und ein spannendes Raumkontinuum, das mit einer Frei- und Sitztreppe auch das obere Bestandsfoyer sinnvoll integriere. Die hohe Transparenz der Fassade sah die Jury mit Blick auf Akustik, konzentrierte Probenarbeit und Wärmeeintrag kritisch. Allerdings entstehe ein großzügiger Gesamteindruck, obgleich der Entwurf überdurchschnittlich diszipliniert mit den Flächenvorgaben des Raumprogramms umgehe.
Daran knüpft sich die Erwartung einer wirtschaftlichen Umsetzung, die angesichts einer Baukostensteigerung von nahezu 60 Prozent gegenüber dem Zeitpunkt des Verfahrensstarts dringend angezeigt ist. Die Stadt Trier rechnet mit einer Bezuschussung durch das Land Rheinland-Pfalz, die, bei einer Bauzeit von fünf Jahren, die kommunalen Ausgaben auf fünf bis sechs Millionen jährlich reduzieren könne. Dies könne und müsse sich die Stadt leisten, lässt sich Kulturdezernent Markus Nöhl bei der Pressekonferenz zum abgeschlossenen Vergabeverfahren zitieren. Die Stadt hofft bis Mitte 2026 auf eine Bewilligung des Landes. Der erste Vorhang im sanierten Stadttheater könnte dann ab 2030 fallen. (kms)
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Fassungsloser | 20.03.2025 09:38 Uhr[...]
Arno Lederer ist am 21.Januar 2023 gestorben.
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