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05.05.2020

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Sechs gegen Zumthor

Streit um Museumsneubau und Ideenwettbewerb in Los Angeles


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Seit zehn Jahren plant Peter Zumthor mit seinem Büro in Haldenstein einen fulminanten Neubau für das Los Angeles County Museum of Art LACMA. Und fast genau so lang wird über das – aktuell 750 Millionen Dollar teure – Neubauprojekt für das größte Kunstmuseum an der amerikanischen Westküste gestritten. Vor ziemlich genau einem Monat und trotz Coronakrise begannen die Verantwortlichen nun mit dem Abriss des Bing Theatre. Es ist einer von drei Bauten, die William Pereira in den 1960er-Jahren für das LACMA errichtete. Zusammen mit einer postmodernen Ergänzung von Hardy Holzman Pfeiffer bilden die Häuser einen verschachtelten Komplex, der dem Neubau Zumthors komplett weichen soll. Die späteren Ergänzungen Renzo Pianos bleiben bestehen.

Kurz vor den beginnenden Abrissarbeiten lobte die Initiative The Citizens’ Brigade to save LACMA einen inoffiziellen Ideenwettbewerb aus, dessen Ergebnisse letzte Woche bekannt gegeben wurden. 28 internationale Büros hatten Projekte eingereicht, sechs davon wurden prämiert. Die Jury – der unter anderem Aaron Betsky und Joseph Giovannini angehörten – wählte die Beiträge von Barkow Leibinger (Berlin), Coop Himmelb(l)au (Wien), Paul Murdoch Architects (Los Angeles), Kaya Design (London), TheeAe / The Evolved Architecture Eclectic (Hong Kong, New York) und Reiser + Umemoto (New York) aus, die nun auf der Webseite der Initiative vorgestellt werden. Bis 15. Mai läuft ein Online-Voting, das nicht nur der Suche nach dem Favoriten dient, sondern alle Interessierten einlädt, ihre Gedanken zur Zukunft des LACMA zu äußern.

Dabei geht es der Citizens’ Brigade to save LACMA nicht so sehr um den Erhalt der Bestandsbauten, die bei vielen Besucher*innen des Museums trotz diverser funktionaler Mängel durchaus beliebt sind. Darum arbeiten auch nur drei Finalisten des Ideenwettbewerbs mit dem Bestand (Kategorie: „Integrating Existing Architectural Fabric“), die anderen drei gehen umstandslos von einem Totalabriss aus (Kategorie: „From the Ground Up“). Was die Initiative in erster Linie antreibt, sind eklatante Mängel, die sie in Zumthors Entwurf erkannt haben will – woraus sich auch der Name des Ideenwettbewerbs ableitet: „LACMA not LackMA“. Ziel des Wettbewerbs ist es nicht, dass eines der Projekte tatsächlich gebaut wird, sondern dass sie Ausgangspunkt für eine breit geführte Debatte bilden, über die Bedürfnisse des LACMA und seiner Besucher*innen zu diskutieren und zu einen neuen architektonischen Ansatz für den Neubau zu kommen.

Die zentralen Vorwürfe der Kritiker*innen gegenüber Zumthors Projekt haben sich über die Jahre nicht geändert: Der teure Neubau biete weitaus weniger Ausstellungs- und bespielbare Wandfläche als der Altbau und mache es außerdem notwendig, dass wissenschaftliche Funktionen wie Kurator*innenbüros und Bibliothek sowie Teile der Sammlung auf mehrere Außenstellen aufgeteilt werden müssen. Kritisiert wird auch der intransparente Planungsprozess, denn Zumthor und der ambitionierte Museumsdirektor Michael Govan (der 2006 von der Dia Art Foundation in New York nach Los Angeles kam) arbeiteten die ersten Jahre hinter verschlossenen Türen an dem Projekt, bevor sie es 2013 öffentlich machten. Auch wurden bis heute noch keine detaillierten Grundrisse publiziert – obwohl vor einem Jahr eine endgültige Entwurfsfassung vorgestellt und politisch abgesegnet wurde. Dass das aufgeständerte und flache Ausstellungshaus mit seiner durchgehenden Fensterfront als Brücke über den breiten Wilshire Boulevard führen soll, empfinden viele Kritiker*innen schließlich als überteuerte und oberflächliche Geste.

Doch die Kritik geht tiefer und trifft die Essenz dessen, was ein enzyklopädisches Kunstmuseum mit seinen diversen Abteilungen von der klassischen Antike über die außereuropäische Kunst bis zur Gegenwart ausmacht. Denn Zumthors Versuch einer Synthese von atmosphärischer Dichte und städtebaulicher Präsenz geht eben nicht nur zu Lasten der funktionalen Anforderungen an ein Ausstellungshaus mit wissenschaftlichem Anspruch. Vielmehr manifestiert sich in dem Projekt ein von LACMA-Direktor Govan schon länger forcierter, museumspolitischer Paradigmenwechsel weg von den klassischen Ordnungen eines enzyklopädischen Museums und hin zu einer neuen, sich permanent wandelnden, interdisziplinär und transkulturell kuratierten Dauerausstellung, die mit gewohnten Sehgewohnheiten bricht und gleichzeitig im Verdacht spektakulärer und dekontextualisierter Inszenierungen steht.

Diese komplexe Verknüpfung von museumspolitischem Paradigmenwechsel und spektakulärer Hülle weist letztlich über Los Angeles hinaus und macht den Streit auch außerhalb der amerikanischen Kunst- und Architekturszene interessant. Denn wenn der Eindruck nicht trügt, so sind am Wilshire Boulevard durchaus vergleichbare Dynamiken im Gange wie etwa auch am Berliner Humboldt-Forum. In beiden Fällen wird die innovative Neupräsentation altehrwürdiger Großsammlungen angestrebt, werden überkommene kuratorische Strukturen aufgebrochen und wird viel über eine Museumshülle gestritten, während die Frage der konkreten inneren Organisation des Hauses durch die Verantwortlichen marginalisiert wird. (gh)


Zum Thema:

Neben der Webseite zum Ideenwettbewerb LACMA not LackMA unterhält die Initiative The Citizens’ Brigade to save LACMA auch eine eher kämpferisch gehaltene Webseite, auf der sie ihre Argumente gegen das Neubauprojekt von Zumthor und Govan präsentiert und über die aktuellen Entwicklungen berichtet.


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Kommentare

13

babsi | 07.05.2020 18:55 Uhr

@solong

...okay solong! Wenn DU uns das sagt, dann sollten wir das unbedingt do machen!!

12

solong | 07.05.2020 15:15 Uhr

... ok ...

... die üblichen "schmähkommetare " zeigen nur deutlich, dass die "glanzlose mittelmäßigkeit" ... die große geste des entwurfes vom kollegen zumthor ... nicht versteht ... eine kraftvolle großform mit vielfältig nutzbaren außenräumen ... hohe verweilqualitäten ... und dann noch der "brückenschlag" über den wilshire boulevard ... eine der großen ost-west-achsen ... mit entsprechenden verkehr ... zeugt davon das peter sich die situation sehr genau angeschaut hat ... die gegenentwürfe zeichnen sich da leider nur durch "glanzlosigkeit" ... oder sinnloses "geknödel" aus ... also bitte baut den zumthor ... alles andere wäre ... vergebens

11

Museum Insider | 07.05.2020 11:57 Uhr

Zumthor - simply is beautyfull

Zumthors Entwurf ist einfach und deshalb überzeugend. Museumsbauten funktionieren immer dann sehr gut, wenn der Direktor gleich von Anbeginn sagen kann, was er will, wie er sich alles vorstellt. Man sieht es zuletzt in Berlin M20 - H&DeM Entwurf - einmal komplett angepasst, von den Gedanken der Architekten bleibt nichts übrig.
Museen und Ihre Bauten befinden sich in einem riesen Umbruch - sie sind den Bibliotheken hinterher - versuchen sich neu zu erfinden. Lass die mal machen! Die 6 Wettbewerbsentwürfe sind tatsächlich keine Alternative - und ob die unter 750 Mio. zu bauen sind, ist erst mal zu beweisen.

10

staubmei-er | 06.05.2020 16:48 Uhr

:fferteB

lieber herr prinz, sicher kann zumpthor architektur.

wer mag daran wohl zweifeln? aber eben nicht in den

dimensionen hier. ohne kontext ist er ein nichts. und

gerade das macht ein geböde doch erst zur

architektur. der kontext. versuchen sie sich doch mal

ein flughafengeböde von ihm vorzustellen.

unvorstellbar, da es von nichts als luft umgeben ist.

9

Tine Wittler | 06.05.2020 14:51 Uhr

Wolf Dieters Edelstahlelefanten über die Alpen jagen?

...die Geste Zumthors hat sein Potenzial:
Was ist eigentlich mit der fantastischen Dachfläche / 3. Layer - ungenutzt?

Insgesamt ein seltsamer Wettbewerb. Auch die Wahl der Büros für L.A....aus Österreich, Schweiz, Deutschland, wer hat denn bei der Wahl da die Kappe aufgehabt, Exilcubaner?
Es soll ja Büros in L.A. geben, die L.A. verstanden haben...

8

Dr. Yikes | 06.05.2020 11:22 Uhr

Also

Ich habe weder den Artikel gelesen und habe die Bilderstrecke nach der Hälfte wieder geschlossen.

Was für ein langweiliger Wettbewerb.

7

STPH | 06.05.2020 08:06 Uhr

...

Das US Straßenraster erzeugt das Blockgrundmodul und da werden an den Rand dann die Buden angeklebt wie auf dem Jahrmarkt.
Bleibt die Möglichkeit das Blockmodul als ganzes zum Raum zu fragmentieren.
Oder aber wie Zumtor eben horizontal über die Straße, wobei die großen thematischen Blackboxes, sicherlich irgendwo noch darunter passen, die Amöbe als obere Erschließung dient und das Dachdeck sicher noch einige Aufenthaltsqualität bereithält.

6

ixamotto | 05.05.2020 22:33 Uhr

@latimer

sie ballern in nur einem kommentar so viele stereotypen und verschwörungstheorien auf einmal raus - kein wunder, dass sie an so einen käse wie einen "kulturkampf" glauben...

5

latimer | 05.05.2020 19:57 Uhr

Sechs gegen Zumthor

Tatsächlich findet doch hier ein Kulturkampf statt. Es scheint wieder einmal um die Deutungshoheit in der Kultur zu gehen. Und da sind neue Konzepte immer verdächtig - so geschehen auch in Berlin mit dem Kulturforum, dem Volkstheater oder der Bauakademie (mal ganz abgesehen davon, was ich persönlich darüber denke).

Darüber hinaus ist der nicht ganz einfache Mensch Peter Zumthor, der noch dazu aus dem fernen Europa kommt, das perfekte Feindbild für die US-Amerikaner von heute.

Das es keinen Architektenwettbwerb gab, ist dahingegen unerheblich, da fast alle Museumsbauten in den USA nur nach einem recht persönlichen Auswahlverfahren entschieden werden, wo es mehr um die Personen, als das Design geht.

4

Josef Prinz | 05.05.2020 16:30 Uhr

Zumthor

lieber verfasser/in des kommentar 1.....
zum glück ! spielt da peter zumthor mit, ja, alle anderen Beiträge sehe ich auch als "maßstabsloses Zeugs in einer maßstabslosen Welt" zumindest flüchtig betrachtet

3

Rudi | 05.05.2020 16:21 Uhr

Dit is nicht Berlin

Die Hipster aus der Hauptstadt versuchen ihre nichtsagende Papp-Darstellung auch auf der Internationalen Bühne antanzen.

2

auch ein | 05.05.2020 16:11 Uhr

architekt

zehn jahre wird da schon gekungelt.....

und das zumthor projekt ist wirklich schwach. obs einem gefällt oder nicht:
wenn man in ein NEUES museum weniger reinbekommt als ins alte und dann noch wichtige funktionen in die diaspora schickt (wo genug platz eigentlich auf dem gelände ist) muss man schon zweifeln was das alles soll!

1

staubmeier | 05.05.2020 15:53 Uhr

:fferteB

ich kann solche projekte einfach nicht ernst nehmen.

und was treibt einen zumpthor an, hier mitspielen zu

wollen? mir wäre das peinlich. das ist doch alles

maßstabsloses zeugs in einer maßstabslosen welt.

 
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